München (DK

Seehofer bedauert Pannen in der Asylkrise

Ministerpräsident räumt Fehler der Behörden ein – Misshandlungen in Münchner Bayernkaserne?

15.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:07 Uhr

München (DK) Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat gestern Fehler der Behörden bei der Bewältigung der dramatisch gestiegenen Flüchtlingszahlen eingeräumt. Derweil wurde bekannt, dass in der Münchner Bayernkaserne Wach- dienstmitarbeiter Flüchtlinge misshandelt haben sollen.

„In den letzten drei, vier Tagen ist das, was wir in der Asylpolitik möchten, nicht fehlerfrei umgesetzt worden“, sagte Seehofer im Landtag. „Das bedauere ich.“ In den vergangenen Tagen war es vor allem in München zu chaotischen Zuständen bei der Aufnahme neuer Flüchtlinge gekommen. Auch die zweite große Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf ist überfüllt.

Die Opposition attackierte Seehofer und warf der CSU vor, seit Jahren die Augen vor den steigenden Flüchtlingszahlen verschlossen und trotz jahrelanger Forderungen der Opposition keine neuen Unterkünfte geschaffen zu haben. „Das Kabinett Seehofer ist die teuerste Nichtregierungsorganisation im Freistaat Bayern“, kritisierte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. „Sie blenden die Realitäten aus“, sagte der Münchner SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann.

Seehofer reagierte verärgert und hielt Pfaffmann vor, niemand habe die Situation vorhersehen können. „Es hat nur niemand gemerkt, dass Sie so genial sind, Herr Pfaffmann.“ Seehofer hielt seinerseits der Opposition vor, parteipolitischer Streit beim Thema Asyl nutze nur den Rechtsextremisten. „Ich möchte nicht, dass nur eine Gattung in Bayern daraus Profit zieht, und das sind die braunen Dumpfbacken.“ Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte: „Die Regierung ist schlicht politisch handlungsunfähig.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg seien in einem zerstörten Bayern Millionen Flüchtlinge aufgenommen worden. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause forderte ein Bündnis für Flüchtlinge.

Seehofer rechnet mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen. „Ich glaube, dass wir den Scheitelpunkt der Fluchtbewegung noch nicht erreicht haben“, sagte er bereits vor Beginn der Debatte. „Es ist notwendig, dass wir einen Notfallplan für den Winter vorbereiten.“ Seehofer sprach ebenso wie vor ihm Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) von einer „krisenhaften Situation“. Wesentlicher Bestandteil des Notfallplans soll die Bereitstellung zusätzlicher Unterkünfte sein – auch behelfsmäßiger. In München wird derzeit bereits überlegt, ob nicht ein Oktoberfestzelt oder das Olympiastadion für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden könnten. Seehofer äußerte Verständnis: „Da kann man nicht die Maßstäbe anlegen wie in normalen Zeiten“, sagte der CSU-Chef.

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) sollen Wachdienstmitarbeiter in der überfüllten Münchner Bayernkaserne Flüchtlinge misshandelt haben. Entsprechende Vorwürfe habe ein junger Palästinenser im Gespräch mit dem BR erhoben, teilte der Sender mit. Dem Palästinenser zufolge traten einige Sicherheitsleute auf Flüchtlinge, die draußen auf dem Boden schlafen mussten. Ein junger Syrer werfe dem Sicherheitspersonal außerdem vor, Flüchtlinge rassistisch beleidigt zu haben. Die Regierung von Oberbayern wolle den Hinweisen nachgehen, hieß es. Ende September hatten in Nordrhrein-Westfalen Misshandlungen von Flüchtlingen bundesweit Empörung ausgelöst.

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