99 Seiten starke Masterarbeit

Lukas Hanauska legt seinen Kulturentwicklungsplan für die Stadt Eichstätt vor

16.02.2022 | Stand 23.09.2023, 2:43 Uhr

Die Stadt Eichstätt – hier ein Luftbild mit Burg (links), Dom (unten) und St. Walburg (rechts) arbeitet an einem neuen Kulturprofil. Foto: Hager

Aufgabenverteilung ist„nicht zukunftsfähig“

Erst einmal „sacken lassen“. Das war der Grundtenor im Gremium zur fortgeschrittenen Stunde nach der ausführlichen und pointierten Präsentation des gebürtigen Eichstätters, der mit dem Kulturprofil seinen Master in Kultur- und Medienmanagement gemacht hat. Hanauska bekam einhellig großes Lob für seine Arbeit. Alle waren sich einig darin, dass das 99-seitige Geheft, das Hanauska an Oberbürgermeister Josef Grienberger und Tourismuschef Lars Bender überreicht hat, nicht in einer Schublade verschwinden soll. Was allerdings wie umgesetzt werden kann und soll – das werden die Stadträte nun in den kommenden Monaten zu diskutieren haben. Beim Blick auf die Finanzen hat Hanauska einige Überraschungen zutage gefördert: Eichstätt gibt 81,60 Euro pro Bürger für Kultur im weitesten Sinne aus. Das ist überdurchschnittlich viel, denn Gemeinden zwischen 10000 und 20000 Einwohnern geben hier im Bundesschnitt nur 23,36 Euro aus. Allerdings zeigt ein Blick auf die Kulturausgaben der Stadt im Haushalt, dass hier wenig strukturiert ist: 1,088 Millionen Euro sind im Haushalt 2019 unter dem Stichwort Kultur vermerkt. Der größte Brocken sind das Alte Stadttheater mit 315220 Euro, die allgemeine Musikpflege mit 87650 Euro und die Denkmalpflege mit 60548 Euro. Dann folgen Adventsmarkt mit 58043 Euro, Bücherei 46090 Euro und Altstadtfest 41304 Euro. Der Veranstaltungsfonds, der öffentlich als die klassische Kulturförderung gilt, ist mit 20522 Euro vermerkt. Personalkosten wurden 2019 für Kultur aber nur 27133 Euro ausgewiesen. Effektive und strukturierte Kulturarbeit ist damit kaum möglich, obwohl diese sowohl für die Lebensqualität als auch für die touristische Attraktivität der Stadt als wesentlich angesehen wird. Eichstätt hat mit Abstand im regionalen Vergleich die wenigsten Kulturstellen in der Verwaltung (siehe Grafik). Hanauska machte klar: Ohne einen Profi gehe es nicht. Es müsse einen festen Ansprechpartner für die Kultur in der Stadt geben, betont Hanauska und meint dabei ausdrücklich nicht die ehrenamtlichen Kulturbeauftragten des Stadtrats – die ja eine andere Funktion haben. Also eine eigene Kulturstelle, die entweder in der Stadtverwaltung angesiedelt ist oder die über einen externen Verein organisiert wird. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die Hanauska in der Sitzung skizzierte.

Zahlreiche Aufgaben füreine neue Kulturstelle

Er rechnete auch vor, dass es für die Person auf der Kulturstelle wirklich genug wichtige Arbeit zu erledigen gibt: Neben Kulturförderung, Veranstaltungsorganisation, Verwaltung Johanniskirche und Asthe und dem Veranstaltungskalender – alles Aufgaben, die die Tourist-Information bisher nebenher übernimmt –, zählt Hanauska als weitere Aufgaben auf: Kulturnetzwerk bilden und pflegen, Veranstaltungsformate konzipieren und durchführen – allen voran wieder Kulturtage, deren Streichung ein herber Einschnitt für das städtische Leben gewesen ist. Aber auch die Kommunikation verbessern, Kulturschaffende beraten und letztlich auch Kultursponsoring schaffen. Hanauska setzt für die Zukunft auf einen dritten Slogan: Nach der „barocken Universitätsstadt“ und der touristisch genutzten „Vielschichtigen Altmühlstadt“ sei es nun Zeit für „die blühende Kulturstadt“.

Wiederbelebung der Kulturtageist die zentrale Maßnahme

Welche Kulturangebote mögen die Eichstätterinnen und Eichstätter? Welche vermissen sie? Im Rahmen seiner Masterarbeit hat Lukas Hanauska eine wissenschaftlich fundierte Umfrage unter 125 Personen aus dem lokalen Kulturpublikum durchgeführt. Die Top 3 der Wünsche dabei waren: Auf Platz 1 mehr Theateraufführungen, auf Platz 2 Open Air, Akkufish, Haifischbar und ähnliche Bedarfe für junge Menschen halten beziehungsweise wiederbeleben und auf Platz 3 eine stärkere Kommunikation von Kulturveranstaltungen. Die Top 10 der beliebtesten Kultursparten sind:

1. Feste und Soziokultur

2. Film/Kino

3. Kulturelles Erbe

4. Jazz/Rock/Pop

5. Comedy/Kabarett

6. Kulturelle Bildung

7. Theater

8. Literatur

9. Bildende Kunst

10. Klassik

11. Museum

12. Design

13. Architektur

14. Tanz/Ballett

15. Kirchenmusik

16. Volksmusik.

Hanauska zeigte sich überrascht davon, dass Kirchenmusik und Volksmusik, die in Eichstätt großen Raum einnehmen, im hinteren Teil der Beliebtheitsskala zu finden sind.

Auf die Frage, warum kulturelle Veranstaltungen nicht besucht werden, nannten die meisten (62), sie hätten „keine Kenntnis über das Angebot“. Das bedeute einen deutlichen Auftrag an die Stadt, hier eine bessere Kommunikation – etwa mit einem wöchentlichen Kulturnewsletter – ins Leben zu rufen. Auf Platz 2 folgt „keine Zeit“ (47) und auf Platz 3 „Angebote sprechen mich nicht an“ (40).

Vor allem junge Eichstätterinnen und Eichstätter fühlen sich zu wenig von den vorhandenen Angeboten angesprochen. Was tun? Hanauska nennt verschiedene Handlungsfelder und sagt: „Das Wiederbeleben der Kulturtage ist die zentrale Maßnahme.“ Weiterhin müsse die Lücke bei Theater- und Jazzveranstaltungen mit gezielter Ansprache von Kulturschaffenden geschlossen werden und das „Akkufish“-Festival müsse wieder aufgenommen werden. Das war bekanntlich im Zuge der „Haifischbar“-Diskussionen gestrichen worden. Außerdem müssten Veranstaltungsformate für den Winter entwickelt werden sowie gezielte Angebote für Jugendliche und junge Künstler geschaffen werden. Auch für Kultur im öffentlichen Raum müsse es einen festen Platz geben. Es gelte zudem, neue Spielstätten zu erschließen oder wiederzubeleben (zum Beispiel Willibaldsburg, Kapuzinergarten). Hanauska legte dazu ebenfalls einige Handlungsanregungen vor, die den Stadträten Diskussionsstoff für die nächsten Monate bieten werden. Die komplette Masterarbeit ist im Internet unter www.eichstaett.de/zukunft beim Themenfeld Tourismus- und Stadtentwicklung zu finden.

Der Entwurf zu neuenKulturförderrichtlinien



Die Stadt Eichstätt braucht dringend neue Kulturförderrichtlinien. Das ist allen Mitgliedern des Stadtrats schon länger bekannt. Dass die Richtlinien von 2018 gerade kleineren Veranstaltern aber derart stark geschadet haben, das war vielen im Kulturausschuss bei der Präsentation des Kulturprofils allerdings neu. Lukas Hanauska konnte das in einem sachlichen Vortrag klar verdeutlichen.

Darin zeigte sich, dass das Streichen der Kulturtage nach 2016 ein großer Schaden war, den die Kommunalpolitik in der Kulturlandschaft angerichtet hat. Die Kulturtage hatten bis dahin gerade kleine Kulturschaffende unterstützt, es gab vielfältige Vernetzungen und Kooperationen und ein reges Kulturleben in der Stadt. Dass 2018 zudem die Förderrichtlinien geändert worden sind – damals wurden bekanntlich Sparzwänge als Argument aufgeführt – war offenbar ein weiterer herber Schlag für die Kulturlandschaft. Während große Veranstalter – wie etwas der Verein Alte Musik – auf die maximale Förderhöhe von 5000 Euro zurückgreifen konnten, wurden kleinere Veranstaltungen wegen der Deckelung einer maximalen 10-Prozent-Förderung deutlich erschwert. Dabei sind für kleinere Veranstaltungen auch kleine Beträge existenziell. Hanauska hat einen Vorschlag für eine neue Kulturförderung vorgelegt, die mit einem klaren Punktesystem mehr Transparenz, mehr Gerechtigkeit und mehr Möglichkeiten schaffen soll. Zu den vier Fördervoraussetzungen gehört demnach:

Das Projekt richtet sich an die Eichstätter Öffentlichkeit

Das Projekt ist prägend für die Kulturlandschaft Eichstätts

Eigenleistung für das Projekt liegt vor

Der Antrag wird fristgerecht und vollständig eingereicht.

Dazu kommen dann noch Primärziele wie:

Das Projekt pflegt oder fördert kulturelles Erbe

Das Projekt ist innovativ

Das Projekt spricht künstlerischen/kulturellen Nachwuchs an.

Sekundärziele bei den Bewertungspunkten, die hoch bewertet würden, wären zudem zum Beispiel

Das Projekt findet in Kooperation mit anderen Gruppen aus Eichstätt statt

Das Projekt findet zwischen November und März statt und stärkt damit den Wintertourismus.

Der Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten wird in einer seiner nächsten Sitzungen über die Richtlinien beraten.

chl



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