Auf dem Weg ins politische Mittelalter?

12.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr

Zum Artikel "Es bleibt bei wiederkehrenden Beiträgen" (DK vom 3./4. Dezember) über die Straßenausbaubeiträge in Wettstetten:

In Wettstetten wird seit eineinhalb Jahren intensiv über die Straßenausbaubeiträge diskutiert. Jene "Beiträge", die bei den Betroffenen zu Zahlungen bis zu 20 000 Euro oder mehr innerhalb von vier Wochen führen können und so viele an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit bringen. Für die Grundstückseigentümer bedeutet das als Anhaltswert 10 000 bis 20 000 Euro für ein rund 700 Quadratmeter großes Grundstück alle 40 bis 50 Jahre bei Einmalzahlung.

Trotz dieser Beiträge wurde das Thema sachlich und konstruktiv diskutiert. Seitdem der Gemeinderat Ende Oktober die neue Option (wiederkehrende Beiträge) beschlossen hat, ist die sachliche Diskussion einer polemischen, aggressiven gewichen. Der Bürgermeister macht vor der Entscheidung eine Grundbesitzerbefragung. Nach dem Gemeinderatsbeschluss gibt er ein Infoblatt heraus, in dem er sich gegen den Beschluss ausspricht und die Gemeinderäte nennt, die dafür gestimmt haben. Gleichzeitig werden diese angefeindet. Zudem streut eine Gegenbürgerinitiative Gerüchte über Sudetendeutsche, die die Straßen nicht bezahlen mussten, und deren Straße jetzt von allen bezahlt werden soll. Final lässt der Bürgermeister noch einmal über die Einführung der neuen Satzung abstimmen, ohne dass Formfehler oder neue Erkenntnisse vorgelegen haben.

Sind wir auf dem Weg ins politische Mittelalter? Muss ich morgen Angst bekommen, dass rothaarige Frauen der Hexerei angeklagt werden, während die Grundbesitzer mich und die Gemeinderäte, die für die neue Regelung sind, aus Wettstetten jagen? So eine Diskussionskultur verurteile ich zutiefst. Wo sind die Kreis- und Gemeindevertreter, die schlichtend eingreifen und sich vor allem schützend vor die Gemeinderäte stellen?

An die Bürger appelliere ich, wieder zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren und denjenigen, die mit aggressiven, polemischen Aussagen unterwegs sind, deutlich zu sagen: So bitte nicht! Es ist wünschenswert, dass sich alle Parteien an einen Tisch setzen und die Argumente austauschen. Sollte dann noch ein Dissens bestehen, kann über einen Rats- oder Bürgerentscheid nachgedacht werden.

Andreas Gifhorn, Wettstetten

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