Eigentlich müsste der Bezirk Südwest zur Mitte Ingolstadts gerechnet werden – wenn da nicht der Fluss wäre.
Die Einwohner von Haunwöhr, Hundszell, Knoglersfreude und dem Herz-Jesu-Viertel haben sich ein eigenes Selbstbewusstsein bewahrt
Eigentlich müsste der Bezirk Südwest zur Mitte Ingolstadts gerechnet werden – wenn da nicht der Fluss wäre. Die Einwohner von Haunwöhr, Hundszell, Knoglersfreude und dem Herz-Jesu-Viertel haben sich ein eigenes Selbstbewusstsein bewahrt
Geografisch liegt der Bezirk Südwest ziemlich nah am Zentrum – und gehört doch irgendwie nicht dazu. Getrennt durch den Fluss hat sich hier, vor allem in Haunwöhr, Hundszell und Knoglersfreude, ein eigenes Bewusstsein entwickelt und über all die Jahre erhalten. Schließlich findet der Ortsname Hundszell bereits in den beiden herzoglichen Urbaren von 1229/37 und 1279/84 Erwähnung. Auch Haunwöhr kommt in dem Dokument von 1229/37 vor, allerdings als „Werde“. Das deutet auf die Insellage durch
den alten Flussverlauf der Donau hin. Erst später wurden die Namen „Hainwird“ oder „Hainwerde“ bekannt, worin sich der Begriff „Hain“ wiederfindet, der in diesem Fall den Auwald meinte.
Die Berührungspunkte zwischen Ingolstadt auf der einen, Haunwöhr, Hundszell und Knoglersfreude auf der anderen Seite gestalteten sich über viele Jahrhunderte locker. Ein Beispiel bildet die Herrenschwaige. Zwar war die „Schwaige der Herren“ seit 1580 in städtischem Besitz. Die Herren, das waren die Ratsherren in Ingolstadt, die hier einen Viehhof, die Schwaige, besaßen. Doch diese bewirtschafteten ihre Schwaige nicht selbst, sondern verpachteten den Besitz bis 1748 auf Erbrechtsbasis an insgesamt acht Pächter oder „Beständer“. 1749 verkaufte die Stadt die Schwaige an Johann Adam Freiherrn von Ickstatt. Danach ging sie noch durch mehrere Hände, doch die Stadt konnte ihr früheres Eigentum nie zurückgewinnen. Eine gewisse Distanziertheit ist heute noch zu spüren.
Ingolstadt, das liegt für viele Alteingesessenen „über der Donau“, die man am besten nur in Ausnahmefällen überschreitet, und die „Stoderer“ dort im Norden, die sollten auch besser bleiben, wo sie sind. Dabei sind die Bewohner des Südwestens - nach der Statistik vom Dezember 2016 sind es 10 617 Menschen – alles andere als Eigenbrötler. Gerade weil alles noch recht kleinräumig ist, wird Hilfsbereitschaft groß geschrieben und Nachbarschaft mit Leben gefüllt. Für Leben sorgt auch die Jugend. Das Schulzentrum Südwest umfasst das Apian-Gymnasium, die Ludwig-Fronhofer-Realschule, die Mittelschule an der Maximilianstraße und eine Grundschule zur individuellen Lernförderung. Auch die Stadtteilbücherei Südwest ist im Schulzentrum untergebracht. Daneben existieren zwei Grundschulen, die in Haunwöhr und die in Hundszell.
Seit einiger Zeit sehen viele Bewohner Gefahr für ihre heile Welt heraufziehen: Die bislang lockere Bebauung wird immer weiter verdichtet.
Wissenswertes aus dem Bezirk Südwest
Älteste Ansiedlung
Von allen Audörfern bei Ingolstadt ist Hundszell das älteste. Der Name „Hundo“, was ursprünglich „der Erbeutete“ heißt, ist bereits im Jahr 828 nachgewiesen.
Bauerngerätemuseum
Das Bauerngerätemuseum in Hundszell zeigt nicht nur Gerätschaften aus früheren Zeiten, sondern ist ein höchst lebendiger Ort: Es gibt gesellige Veranstaltungen wie Sitzweil, Spinnstube, Offenes Chorsingen oder Konzerte.
Hackenschwaige
Im Volksmund hat sich der Name Hackenschwaige bis heute erhalten. Seinen jetzigen Namen verdankt Knoglersfreude dem erfolgreichen Färbermeister Clemens Knogler. Zum 67. Geburtstag durfte er zu seiner Freude als Namensgeber fungieren.
Georg Kübler
Die Küblerstraße ist nach Georg Kübler benannt, der beim Einmarsch der Amerikaner 1945 die weiße Fahne aufzog. Er wurde erschossen, als er eine junge Frau vor Plünderern schützte.
Tierpark beim Wasserwerk
In den 1960er- und 70er-Jahren gab es beim Wasserwerk Buschletten einen Tierpark Haunwöhr. Betreiber war Walter Sensen, bei dem heimische Kleintiere, aber auch ein Bär und ein Löwe zu bewundern waren.
Bahnhof Haunwöhr
Im Zuge des Eisenbahnbaues von Ingolstadt nach Donauwörth im Jahr 1872 bekam auch Haunwöhr einen eigenen Bahnhof mit Bahnübergang. Die Bahnstation wurde Mitte der 1980er- Jahre geschlossen; der letzte Zug fuhr 1995 durch Haunwöhr.
Mitreißende Predigten
Nach der Reformation blieb Hundszell katholisch, während Zuchering, weil zum Fürstentum Pfalz-Neuburg gehörig, evangelisch wurde. Manche Hundszeller besuchten verbotenerweise die sonntäglichen, wohl mitreißenden Predigten in Zuchering.