Neuburg

Ein Pfadfinder durch den Alltag

Mit der App "Integreat" soll Flüchtlingen und Helfern mehr Orientierung gegeben werden

04.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr
Start der Integreat-App im Landratsamt: Unser Bild zeigt (v.l.) Emmy Böhm, die Sachgebietsleiterin der Ausländerbehörde, Landratsstellvertreter Alois Rauscher, Mitarbeiterin Nicole Rohleder und Fritjof Knier, den Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Integreat aus Augsburg, welche die Vorgaben der Verwaltung technisch umgesetzt hat. −Foto: Frank

Neuburg (DK) Orientierungshilfe im Alltag für Migranten und Helfer gleichermaßen soll die App „Integreat“ bringen. Sie wurde Freitagvormittag im Landratsamt offiziell gestartet.

„Wir wollen mit modernen Methoden an der Integration ausländischer Mitbürger mitwirken“, sagte Landratsstellvertreter Alois Rauscher (CSU) zum Auftakt. Nachdem gerade in der Ausländerpolitik viel Bewegung ist und sich gesetzliche Vorgaben rasch ändern können, hat der Landkreis auf eine gedruckte Version des Ratgebers verzichtet und auf Elektronik gesetzt. Die App beinhaltet das Angebot an Beratungsstellen, Anbieter von Sprachkursen und Freizeitaktivitäten. Der Landkreis stellt sich und seine Gemeinden vor. Außerdem gibt es Informationen zu ausländerrechtlichen Fragen, zur Migrations- und Asylsozialberatung, zu Kontoeröffnung, Dokumenten und Zeugnissen. Außerdem kann auf derzeit drei Jobbörsen zugegriffen werden. In den kommenden Wochen will Landratsamtsmitarbeiterin Nicole Rohleder das Thema Wohnen, Schule, Arbeit und Beruf für die App aufbereiten. Sie ist auch offline nutzbar, damit Geflüchtete sie sofort nach ihrer Ankunft und ohne ordentlichen Mobilfunkvertrag nutzen können. Ein Großteil von ihnen verfügt über ein Smartphone. Die Inhalte stehen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Arabisch und dem in Afghanistan gesprochenen Farsi zur Verfügung. Die Palette ist durchaus erweiterbar, sollte Bedarf bestehen. „Wir sind flexibel und können sprachlich nachsteuern“, sagt Emmy Böhm von der Ausländerbehörde. Das deutsche Angebot richtet sich vor allem an die Integrationshelfer, auch ihnen soll die App eine Handreichung sein.

Bislang nutzen 20 Gemeinden und Landkreise die App, weitere 25 erarbeiten derzeit lokale Inhalte. Gestartet ist „Integreat“ im November 2015 in Augsburg und wird, wie Fritjof Knier, der Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH erklärt, kontinuierlich weiterentwickelt. Dabei wolle man „die App so schlank wie möglich halten“, damit sie nicht so viel Speicher brauche, was die Nutzer nicht schätzten.

„Wir sind flexibel undkönnen sprachlichnachsteuern.“

Emmy Böhm, Leiterin der Ausländerbehörde

 

Der Ursprung dieser Handreichung reicht beinahe 20 Jahre zurück. Damals hat der Augsburger Verein „Tür an Tür“ eine Broschüre für Asylsuchende herausgegeben. Die Idee eines mehrsprachigen Alltagsführers kombiniert mit den heutigen technischen Möglichkeiten führte dann zum Konzept „Integreat“. Mit im Boot waren neben „Tür an Tür“ der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der TU München und die Stadt Augsburg. Vorangetrieben wurde die Entwicklung durch Studenten und Berufserfahrene in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit. „In den zwei Jahren des Bestehens haben etwa 60 Personen am Projekt mitgearbeitet“, erzählte Knier. Mittlerweile arbeiten fünf bezahlte Mitarbeiter für die App und koordinieren die Ehrenamtlichen oder treiben die Softwareentwicklung strategisch voran.

Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen läuft „Integreat“ über das Projekt Integratonshelfer. Bereits Ende vergangenen Jahres stand fest, dass eine Hilfestellung in Papierform unpraktikabel ist. So kam es zum Kontakt mit „Integreat“. „Die App hat im Vergleich besser abgeschnitten“, erklärt Emmy Böhm. Natürlich kostet der Service etwas. 250 Euro pro Monat sind zu berappen. Unterstützt wird das Projekt vom Sozialministerium.

AUSLÄNDER IM LANDKREIS

Zum Ende des Jahres 2016 lebten 9400 Ausländer im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, der knapp 98 000 Bürger zählt. Zumindest ein Teil davon könnte von der neuen App profitieren.

Mit 1218 Personen sind die Polen am stärksten vertreten, gefolgt von Rumänen (1136), Türken (955), Ungarn (446), Afghanen (401), Kroaten (370), Italienern (362), Bosniern (350), Syrern (321), Kosovaren (291), Slowaken (285), Bulgaren (275), Österreichern (217), Serben (202), Portugiesen (186), Nigerianern (181), Mazedoniern (180), Irakern (150), Bürgern der Russischen Föderation (133), Pakistanern (122), Griechen (114), Tschechen (106), Thailändern (76), Eritreern (75), Vietnamesen (69) und 1179 Menschen aus anderen Staaten.

Mit Stand 26. Juni 2017 waren 956 Asylsuchende im Landkreis untergebracht. In der Gemeinschaftsunterkunft in Neuburg waren es 340, davon 123 sogenannte Fehlbeleger, die dort eigentlich nicht mehr wohnen dürften, aber auf dem freien Markt nichts finden. Dezentral waren 543 Menschen untergebracht, davon wiederum 250 Fehlbeleger. Hinzu kommen 138 unbegleitete Minderjährige. | kpf

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/ein-pfadfinder-durch-den-alltag-3379626
© 2024 Donaukurier.de