Pfaffenhofen

"Auch über Privatisierung nachdenken"

Ilmtalklinik: Dritter Landrat Josef Finkenzeller will radikalen Schritt nicht ausschließen

30.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr
Führungstrio der FW im Landkreis: Kreisvorsitzender Albert Gürtner (von links), Dritter Landrat Josef Finkenzeller und Kreistags-Fraktionschef Max Hechinger. −Foto: Paul

Pfaffenhofen (PK) Die Freien Wähler schließen eine Privatisierung der Ilmtalklinik nicht mehr aus. Bei ihrer Jahreshauptversammlung am Mittwochabend im Naturfreundehaus gab es zwar auch noch andere Tagesordnungspunkte - doch die Debatte um das Krankenhaus überlagerte am Ende alles.

Den größten Teil des Abends hatte Josef Finkenzeller hinter seinem Tisch gesessen und mürrisch geschwiegen. Und als er dann, ziemlich zum Schluss, endlich zu Wort kommen sollte mit seinem Bericht über seine Arbeit als Dritter Landrat, da schnappte ihm auch noch kurzerhand Kreisrat Ernst Müller aus Vohburg das Rederecht weg, um sich endlich mal so richtig über die mutmaßliche Benachteiligung des Landkreisnordens zu beschweren: "Wir zahlen mit für eine Klinik, die unsere Bürger kaum nutzen. Und wir zahlen für Gymnasien, obwohl insgesamt nur fünf Vohburger Kinder auf Gymnasien des Landkreises gehen", kritisierte Müller.

Aber dann war endlich Finkenzeller dran. Einiges schien ihn schon länger gewurmt zu haben. "Ich bin ja wohl hauptsächlich nur zum Repräsentieren da und vieles erfahre ich auch nur aus der Zeitung. Der Anton Westner als Zweiter Landrat verwaltet, aber informiert werde ich über die Vorgänge im Landratsamt kaum. Vieles sagt er mir vorab nicht mal", lautete sein Vorwurf und die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. Die Kooperation mit der CSU im Kreistag funktioniere zwar "halbwegs - aber doch nur, weil wir pflegeleicht sind", schimpfte der Dritte Landrat. "Dabei brauchen die CSUler uns doch viel nötiger als wir sie."

"Informiert werde ich über die Vorgänge im Landratsamt kaum."

Josef Finkenzeller, Dritter Landrat

 

Zur Ilmtalklinik meinte Finkenzeller: "Man muss auch mal über eine Privatisierung nachdenken dürfen - und das sage ich im Wissen, dass ich für diesen Satz von einigen gesteinigt werde. Aber wir als Kommune haben doch in der Vergangenheit vor allem bewiesen, dass wir es nicht können." Man werde das derzeitige Millionendefizit nicht bis in alle Ewigkeit vor sich herschieben können.

Zuvor hatte sich bereits Kreistags-Fraktionschef Max Hechinger in seinem Bericht mit der Ilmtalklinik auseinandergesetzt. Er plädierte dafür, die Klinik als kommunale Einrichtung zu erhalten. Verantwortlich für das Defizit sei ja auch eher "der Druck des Gesetzgebers, die ständige Knebelwirkung, sparen zu müssen". Hechinger versuchte, Zuversicht über die künftige Entwicklung zu verbreiten: "Beim neuen ärztlichen Direktor haben wir das Gefühl, dass wir medizinisch gut beraten werden. Jetzt müssen wir klären, wie es baulich weiter geht."

Den Plänen der CSU, den aktuellen Aufsichtsrat umzubauen und gewählte Politiker durch externe Fachleute zu ersetzen, steht der FW-Fraktionschef dagegen eher skeptisch gegenüber. "Die derzeitigen Probleme sind ja auch durch Politiker mit verursacht. Deshalb können die jetzt nicht einfach gehen." Nachzudenken gelte es freilich, ob die bestehende Kooperation mit der Klinik in Mainburg noch sinnvoll sei. "Die Synergien sind nicht in dem Maße eingetroffen wie zuvor erwartet", sagte Hechinger.

Den ersten Teil des Abends hatte weitgehend der Kreisvorsitzende Albert Gürtner bestritten. Er beschäftigte sich mit dem Ergebnis der Bundestagswahl. Auch wenn die Freien Wähler bundesweit nur auf 1,1 Prozent der Stimmen gekommen seien, wäre die Teilnahme sinnvoll. Bundestagskandidat Robert Weller habe einen guten Wahlkampf gemacht, aber die eigenen Anhänger müsse man für die Bundespolitik noch stärker sensibilisieren.

Nun stehen aber auch für die FW erst einmal die Landtagswahlen im nächsten Jahr an, 2019 die Europawahlen und 2020 die Kommunalwahlen. Vor allem diese hat die "Kommunalpartei" FW fest im Blick. "Wir wollen den nächsten Landrat des Landkreises Pfaffenhofen stellen", sagte Gürtner. Die Chancen stünden gut, schließlich wolle Amtsinhaber Martin Wolf (CSU) dann nicht mehr antreten und es sei somit ein offenes Rennen. Als möglicher Kandidat genannt wurde durch laute Zurufe aus dem Saal Josef Finkenzeller.

Thematisieren wollen die Freien Wähler in nächster Zeit vor allem die von vielen Bürgern ungeliebten Straßenausbaubeiträge. "Bis zu 20 000 Euro kostet das in Pfaffenhofen einzelne Anlieger", ärgerte sich Gürtner. "Das kann doch nicht Sinn und Zweck sein." Die 150 Millionen Euro, die bayernweit dadurch jährlich an die öffentliche Hand fließen, die müsste der reiche Freistaat doch auch anderweitig aufbringen können.

Dagegen hatte sein Koalitionspartner im Pfaffenhofener Rathaus, Bürgermeister Thomas Herker (SPD), diese Beiträge bei der Einwohnerversammlung am Montag nochmals entschieden verteidigt. Der Bunten Koalition in der Kreisstadt könnte also in den nächsten Monaten eine hitzige Debatte drohen. Glück im Unglück: Die im Rathaus oppositionelle CSU ist in der Frage - wie die gesamte Partei - auch eher gespalten.

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