Pfaffenhofen

Wie gemacht für diese Musik

Duo-Abend mit Ingolf Turban und Gabriele Seidel-Hell im Rathaussaal

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

"Du holde Kunst" - Ingolf Turban und Gabriele Seidel-Hell lassen im Publikum mit Schubert und Brahms keine "grauen Stunden" aufkommen. - Foto: Erdle

Pfaffenhofen (edf) Nach einem bejubelten Konzert im Herbst 2011 mit Ingolf Turban und Gabriele Seidel-Hell konnte das Pfaffenhofener Publikum am Sonntag erneut einen Kammermusikabend vom Feinsten mit diesen beiden Künstlern erwarten.

"Ach, war das schön!", schloss 2011 wenig differenziert, aber zutreffend der PK-Bericht; heute kann die Kritik über das zweite Pfaffenhofener Auftreten des Duos Turban/Seidel-Hell ohne Einschränkung genau so beginnen. Ingolf Turban, 1985 noch Wochen vor dem Studienabschluss als 21-Jähriger zum Konzertmeister der Münchner Philharmoniker berufen, und Pianistin Gabriele Seidel-Hell, einst Turbans Kommilitonin an der Hochschule, unter anderem Gewinnerin des Salzburger Mozart-Wettbewerbs, boten einen Abend in kluger Mischung aus Virtuosität, Spielfreude und reiner Musikalität, der den Künstlern erkennbar so viel Freude machte, wie er die Zuhörer im ausverkauften Saal begeisterte.

Weit entfernt von einem bloßen Einspielstück war Mozarts B-Dur Sonate KV 454 von der langsamen, kraftvoll angegangenen Einleitung an ein Musterbeispiel gekonnten musikalischen Dialogs: Der erste Satz verströmte schwungvoll-brillanten Charme; das zentrale Andante erschien als improvisierte innige Unterhaltung der zwei Instrumente; für die fast romantischen Modulationen hielt Turban dabei einen sehnsüchtig-herben Violinton bereit. In solchen langsamen Sätzen die Spannung zu halten, zeigt, wie hier, die Kunst der Interpreten. Im lebhaften Wettstreit des Schlussrondos trumpften Geige und Klavier lebhaft auf, einige herbere Violinakkorde traten fast etwas aus der sonstigen Delikatesse hervor.

Durchweg hielt das Duo ausgezeichnete klangliche Balance bei weit geöffnetem Flügel. Schuberts große C-Dur-Fantasie von 1827 ist ähnlich der berühmteren Wanderer-Fantasie für Klavier angelegt, und doch ganz anders: für den Violin-Virtuosen Josef Slavík entstanden, gliedert sie sich gleichfalls in vier Hauptteile, auch hier stehen im Zentrum virtuose Variationen über ein Schubert-Lied ("Sei mir gegrüßt", D 741). Ganz anders aber schon der Beginn, wenn über leisem Klaviertremolo fast unhörbar (und entsprechend schwierig) die Geige einsetzt und fast unter Auflösung des Takts eine Melodie entwickelt. Der anspruchsvolle Klavierpart des über 20-minütigen Werks steht dann der Virtuosität der Geigenstimme in nichts nach; Gabriele Seidel-Hell überzeugte auch hier bei allen Schwierigkeiten, mit denen Franz Schubert die Partitur beinahe gespickt hat. Selbstbewusst schwärmend tönte die Violine dann durch Brahms' zweite Violinsonate op. 100; fast ungewohnt für Brahms scheinen diese liedhaft-lyrischen Melodielinien (samt Anklang an die "Meistersinger"), die von einem unaufgeregt virtuosen Klavierpart gestützt werden. Die fein differenzierte Auseinandersetzung mit diesem Werk ist allenthalben zu hören, Musik als reine Mitteilungsform, unangestrengt und zauberhaft.

Und zum Schluss noch ein ganz anderer, teils aufgerauter Geigenklang für Debussys späte Violinsonate, nach Turbans einleitenden Worten ein Stück "zwischen Saxofon und Uhrwerk". Große Begeisterung - und ein angemessen elegischer Ausklang mit Gabriel Faurés zugegebenem "Après un rêve".

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