Eichstätt

Lyrischer Lobpreis des Lichts

Eichstätter Gastdozent Ludwig Steinherr präsentiert mit "Lichtgesang. Light Song" ein zweisprachiges Langgedicht

05.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:36 Uhr
Ludwig Steinherr. −Foto: Buckl/Archiv

Eichstätt (buk) Wer das lyrische Werk Ludwig Steinherrs Band für Band verfolgt, kann in seiner neuesten Publikation eine gleich dreifache Novität erkennen: Erstens ist sie ganz banal das schmälste Buch, das der langjährige Lehrbeauftragte an der Katholischen Universität für das Fach Philosophie jemals publizierte.

Zweitens beinhaltet es nicht mehrere, sondern nur ein einziges Gedicht, einen Lobpreis des Lichts in Form eines Groß-Poems. Drittens wurde das Werk zweisprachig gedruckt, mit einer englischen Übersetzung von Paul-Henri Campbell.

Fast um jeden Jahreswechsel herum legt der Lyriker Ludwig Steinherr verlässlich konstant neue Gedichte vor, die stets auch in überregionalen Feuilletons beachtet werden, zuletzt etwa erschienen in den Vorjahren die Bände "Elefant mit Obelisk" und "Alpenüberquerung". Insgesamt entstanden bereits 16 Titel des 1962 in München geborenen Autors, für die er auch schon manche Auszeichnung erhielt. Von ihnen unterscheidet sich der neue Band durch die eingangs genannten Kriterien, trotzdem steht er im lyrischen Werk Steinherrs auch in einer gewissen Tradition - dort tauche das Wort "Licht" nicht weniger als 294-mal auf, wenn man dem informativen Nachwort Paul-Henri Campbells vertrauen darf. Dieser sieht die Häufigkeit des Motivs im Zusammenhang damit, dass Steinherrs Heimatstadt München in Deutschland die Großstadt mit den meisten Sonnenstunden sei.

Steinherrs Langgedicht reiht sich in verschiedene Traditionen ein: Schon vom Titel her kann man einen sicher nicht unbeabsichtigten Anklang an den "Sonnengesang" des Franz von Assisi vermuten, zumal sich auch das Denken Steinherrs in einem religiös-christlichen Rahmen bewegt. Andererseits aber greift Steinherr auch die ägyptische Mythologie auf, wenn er zu Beginn des Gedichts den "Abglanz des Aton" zum Vergleich verwendet, das Licht als "steinere Hieroglyphe" der Sonne bezeichnet und diese als "abstraktes Symbol am Himmel / nackt wie der Fuß des Pharaos" etikettiert. Stets sind in diesem Text aber auch moderne Motive präsent, ist unversehens in Vergleichen die Gegenwart zugegen, wenn Bezüge zwischen Antikem und Aktuellem hergestellt werden: "Licht, das Propheten mit seinem Geist übergießt / wie aus dem Benzinkanister und das Streichholz entfacht", dabei meldet sich das lyrische Ich auch selbst zu Wort: "Hell ist die Erde - gleißend der Morgen / von deinem Erscheinen / das Frühstück mit dir ein großes Fest / barfuß wie Pharao und Pharaoin stehen wir / auf dem Balkon, aufrecht auf unseren Füßen".

Es ist ein oft hymnisch-pathetischer Ton, den Steinherr anschlägt, der schon im Eingangs-Vers an die Bibel erinnert, an alttestamentliche Verse des Hohenliedes etwa: "Schön bist du, Licht, schmaler Streifen auf meinem Kopfkissen /den ich durch halbgeöffnete Lider erblicke", oder an den Ton der Psalmen ("Wenn wir auch wandeln auf dem Trockenen?").

Dabei überrascht Steinherr immer wieder mit originellen sprachlichen Bildern: "Licht, so überhell gleißend, dass mir schwarz wird vor Augen?" Es werden Erfahrungen in Worte gefasst, die man oft auch als mystische bezeichnen kann - und tatsächlich taucht der mittelalterliche Dominikaner-Mystiker Meister Eckhart als Gewährsmann in einem der Verse auf. Ludwig Steinherr ist mit diesem Buch wieder ein Werk gelungen, dessen Lektüre zur Meditation einlädt und Momente der Stille schenkt.

Ludwig Steinherr: Lichtgesang. Light Song. Allitera Verlag 2017, Reihe "Lyrikedition 2000", Gebunden, 40 Seiten, Preis 14,80 Euro

.

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/lyrischer-lobpreis-des-lichts-3189630
© 2024 Donaukurier.de