Eichstätt

Hindernislauf statt Laufkundschaft

Baustelle in der Inneren Westenstraße sorgt für erhebliche Umsatzeinbußen - Zeitplan nicht zu halten

03.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:24 Uhr
  −Foto: Fotos: Chloupek

Eichstätt (EK) Seit 19. Februar ist die Innere Westenstraße eine Baustelle, die Geschäftsleute und Arbeiter vor große Herausforderungen stellt. Alle hatten sich darauf eingerichtet, die Zeit bis zum anvisierten Ende der Arbeiten im Oktober irgendwie zu überstehen. Jetzt teilen Stadtwerkechef Wolfgang Brandl und Stadtbaumeister Manfred Janner mit: Es wird sicher noch mindestens sechs Wochen länger dauern.

"Das ist eine extrem schwierige Baustelle", erklären Brandl und Janner im Pressegespräch. Schon ohne unerwartete Komplikationen sei die Abwicklung eine "komplexe Angelegenheit", die alle vor große Herausforderungen stellt. Bekanntlich erneuern die Stadtwerke in der etwa 65 Meter langen, engen Einbahnstraße - eine Hauptschlagader des Verkehrs in der Innenstadt - den Kanalsammler sowie sämtliche Wasser-, Gas und Stromversorgungsleitungen.

Die Kosten für die Wasser- und Abwassersanierung veranschlagt Brandl mit etwa 320000 Euro, dazu kommen rund 170000 Euro Kosten für Erdgas- und Stromversorgung auf die Stadtwerke. Kanal und Wasserleitungen sind über 50 Jahre alt, sie stammen aus den 1960er Jahren, sind dringend sanierungsbedürftig und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Nach der Sanierung müssten sie wieder für 50 Jahre "halten", rechnet Brandl vor. Die Gasleitungen aus dem Jahr 1984 werden mit erneuert, die sind etwa alle 30 Jahre sanierungsbedürftig.

Nun ist die Innere Westenstraße ein äußerst enges und heikles Baufeld für Arbeiten im Untergrund: Einige der Gebäude haben gar kein tragfähigesFundament - etwa die Denkmäler Westenstraße 6 und 6a, andere Gebäude wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert auf Holzbohlen gebaut, die inzwischen vermodert sind: Würde da nun einfach so aufgebaggert, könnten die Gebäude in Schieflage geraten. Also muss Zentimeter für Zentimeter eigens gesichert werden. Auch Telekommunikationsleitungen liegen hier dicht an dicht und müssen erst vorsichtig verlegt werden. Jeder Wendevorgang des Baggers ist eine Herausforderung auf engstem Raum und will gut überlegt sein. Das ist aufwendig - und dauert. Deshalb ist schon jetzt sicher, dass die Bauarbeiten mindestens sechs Wochen länger dauern. Nach den Arbeiten der Stadtwerke wird die Stadt dann die Straße wieder aufbauen. Dafür sind wie berichtet rund 290000 Euro veranschlagt. Die Fahrbahn war, wie Stadtbaumeister Janner erklärt, zuletzt ziemlich marode, an einigen Stellen unterspült und mit tiefen Spurrillen sichtlich stark verdrückt. Nun wird die Straße wieder von Grund auf stabilisiert und mit Granitstein gepflastert, das sollte dann wieder 30 bis 40 Jahre halten. Schließlich wird noch das Pfahlbrünnerle saniert und wieder installiert, im neuen Gehwegbelag wird es auch Rollatorbänder geben. Dem neuen Zeitplan zufolge soll das alles nun Ende November, Anfang Dezember fertig werden - an einen frühen Wintereinbruch mag da keiner denken. Die Geschäftsleute in der Inneren Westenstraße ringen angesichts ihrer aktuellen Arbeitsbedingungen in der temporären Sackgasse durchaus mit der Fassung. Die ersten drei Monate Baustellenbetrieb haben sie nun hinter sich, und sie berichten unisono von spürbaren Umsatzeinbußen.

Besonders hart trifft es den Modeladen "Lisette" am Pfahlbrünnerle-Eck, der derzeit nur noch über einen Umweg über die Pfahlstraße zu erreichen ist - und da war vorige Woche wegen der Verlegung der Gasleitung auch noch zu. Als "Katastrophe" fasst Marianne Schöler die Situation zusammen. Laufkunden fehlen völlig. Manche Kundinnen wagen den Hindernislauf unter den Baggerschaufeln durch. "Erlebnisshopping soll ja angesagt sein", flüchtet sich die Geschäftsfrau in Galgenhumor und würdigt durchaus die Freundlichkeit der Arbeiter, die so mancher verirrter Kundin den Weg zum Ladeneingang weisen. "Wir freuen uns über jede und jeden, der kommt", sagt Schöler.

Auch Uhrmacher Wolfram Holst spürt sehr deutlich, dass die Laufkundschaft fehlt, in den vergangenen vier Wochen hatte er in seinem Geschäft Umsatzeinbußen von 30 bis 40 Prozent. "Das ist schon bitter." Er hofft nun, dass die neuen Werbeaktionen im Zuge des Baustellenmarketing greifen, die die städtische Standortbeauftragte Beate Michel iniitiert hat: "Mal sehen, ob die Eichstätter das annehmen." Darauf setzt auch Liane Schmid vom Spielwarengeschäft Ahles. "Frau Michel macht wirklich einen Top-Job", lobt sie mit erhobenem Daumen die Bemühungen der Standortbeauftragten, die widrigen Umstände für die Geschäftsleute so erträglich wie möglich zu machen. Auch dem Spielwarengeschäft fehlt die Laufkundschaft. "Zum Glück haben wir treue Kunden, die auch über die Baustelle zu uns finden", sagt Liane Schmid. Daran, dass nach dem Ostergeschäft nun aller voraussicht nach auch das Weihnachtsgeschäft beeinträchtigt werden wird, mag eigentlich noch keiner der betroffenen Geschäftsleute denken. Schmid sagt: "Das muss man nehmen, wie es kommt. Immer positiv bleiben."
 

Eva Chloupek

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