Neuburg

"Hier fühle ich mich frei"

Drucken, Malen, Musizieren: Rundgang durch die Kurse der Sommerakademie zeigt Kunst in ihrer Vielfalt

03.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:18 Uhr
  −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Die Kunstschaffenden der Sommerakademie trotzen den tropischen Temperaturen.

Ob Marstall oder Boxenstall, Amalienschule, Rathausfletz oder Fürstengang - überall wird eifrig gewerkelt. In der Volkshochschule erklingen Violoncello, Viola da Gamba, Laute und Barockgitarre, Oboe, Violine und Blockflöte. Alte Musik und Bildende Kunst sind die Schwerpunkte der ersten Sommerakademiewoche. Thomas Breitenfelds Bildhauer-Gruppe ist weitgehend aus dem Marstallhof in den kühleren Boxenstall umgezogen, in der VHS werden Kurs- gegen Übungsräume mit weniger Sonneneinstrahlung getauscht, ansonsten helfen offene Türen und Fenster.

SCHRIFTBILDER

Um Experimentellen Druck zum Thema Schriftbilder geht es bei Dozent Michael Golf im Marstall, wo lebhaft diskutiert wird - nicht nur mit dem Dozenten, sondern auch untereinander. "Es freut mich, dass etliche bekannte Gesichter dabei sind", sagt Golf, nicht zuletzt deshalb finde ein reger Austausch zwischen den Teilnehmern statt. "Vanity beyond Death" ist auf dem Druck von Bettina Brauer zu lesen. Wo sie ihr Werk aufhängen könne, wird zu dritt diskutiert - mit Augenzwinkern. "Im Schlafzimmer überm Bett", schlägt ein Teilnehmer vor. Sie protestiert: "Es geht doch mehr um Eitelkeit als den Tod, deswegen passt es ins Bad. "

Wie sie aus Otterberg bei Bremen nach Neuburg gekommen ist? "Mit dem Zug", antwortet Brauer schlagfertig, fügt dann aber hinzu, dass sie vor 20 Jahren schon dreimal teilgenommen und dann aber pausiert habe. "Schöne Erinnerungen an die Atmosphäre hier" hätten sie in diesem Jahr zurückgebracht.

LOCKERE ATMOSPHÄRE

Wer Philipp Kummers Malereikurs besuchen will, muss die hölzerne Wendeltreppe ins zweite Obergeschoss des Marstalls erklimmen. Der Weg lohnt sich. In lockerer Atelieratmosphäre sind hier bereits etliche fertige Werke zu sehen. Brigitte Stark aus Bergen sinniert vor dem Porträt ihres Mannes, die Brille in der Hand, einen Fuß auf die Staffelei gestützt - ein Stillleben für sich. Schließlich entscheidet sie, wohin sie einen Lichtpunkt setzen will. Er landet auf dem Wangenknochen. "Ich versuche, ihn möglichst schön zu malen", erklärt sie und korrigiert sich auf "realistisch, sodass man ihn erkennt". Vom jungen Dozenten ist sie begeistert. Er nehme auch mal selbst den Pinsel in die Hand. "Es hilft mir sehr, zu sehen, wie er es macht", sagt sie. Gleichzeitig lasse er die Meinung seiner Teilnehmer gelten.

Für Kummer, der als freier Künstler arbeitet und sonst nicht unterrichtet, ist die Sommerakademie eine besondere Herausforderung. "Es macht Spaß, ich lerne interessante Menschen kennen und versuche herauszufinden, was sie begeistert", sagt er. Wenn am Ende des Kurses alle das Gefühl hätten, einen anderen, frischen oder umfassenderen Blick für Bilder sowie ein tieferes Verständnis für das, was sie an der Malerei interessiere, bekommen zu haben, dann sieht er sein Ziel erreicht. "Er macht es super", findet Karin Stark, "er ist nicht zu vorsichtig. " Was sie damit meint, wird deutlich, als Kummer sie ermutigt, die Beine einer Person auf ihrem Bild grün zu übermalen. Drei schnelle Pinselstriche, ein kritischer Blick, dann zufriedenes Nicken. "So schaut es besser aus", sagt sie.

BILDHAUEREI

Draht und Gips ins Gleichgewicht bringen die Teilnehmer des Bildhauerkurses von Thomas Breitenfeld. Aus Flächen werden hier räumliche Gebilde. Kunstlehrerin Clio Ast aus Nürnberg genießt es, sich ganz auf die Kunst zu konzentrieren. "Hier fühle ich mich frei, werde nicht ständig abgelenkt und lerne viele Leute mit ähnlichen Interessen kennen", erzählt sie.

KÖRPEREINSATZ

"Etwas sanfter, etwas lasziver", wünscht sich Friederike Heumann die Interpretation der Sonate IV von Dietrich Buxtehude. Die Dozentin für Viola da Gamba dirigiert mit ganzem Körper.

BAROCKMUSIK

Ein paar Zimmer weiter arbeitet Xenia Löffler mit vier (Barock-) Oboisten. Die geringe Teilnehmerzahl ist dem Umstand geschuldet, dass sie heuer die künstlerische Leitung der Alten Musik innehat. "Das ist wunderbar, ich bin total glücklich mit der Herausforderung, neben dem Kurs auch alle Teilnehmer und Kursleiter zu betreuen sowie Veranstaltungen unter einen Hut zu bringen. " Bislang sei alles sehr gut gelungen. Vom Dozentenkonzert schwärmt ihre Kursteilnehmerin Katharina Stamm. "Das war so großartig, so viele Koryphäen der Barockmusik findest du nirgends an einem Ort, nur hier in Neuburg", meint sie. Die Juristin aus Berlin stuft sich als semiprofessionell ein, spielt Barock-Oboe in diversen Ensembles. "An ihr ist eine Profi-Oboistin verloren gegangen", lobt Löffler.

Andrea Hammerl

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