Thalmässing

Schon Siebtklässler machen ihr Kreuzchen

Thalmässinger Mittelschüler üben am Beispiel der Landtagswahl Demokratie ein

04.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:33 Uhr
Ihrer Verantwortung seien sich die Schüler bewusst, lobt der Referendar Uwe Rupprecht. Im kombinierten Fach Geschichte-Sozialkunde-Erdkunde bereitet seine Klasse die Juniorwahl für den bayerischen Landtag vor. Abstimmen werden die Jugendlichen am 12. Oktober. −Foto: Luff

Thalmässing (HK) Allmählich werden die Thalmässinger Mittelschüler richtige Wahlprofis. Denn nach den Erfahrungen bei der Bundestagswahl vor gut einem Jahr beteiligt sich die Schule auch heuer an der sogenannten Juniorwahl. Diese ist ein Projekt zur Förderung der politischen Bildung in Schulen. Diesmal steht logischerweise die Landesebene im Fokus.

Die Landtagswahl am 14. Oktober rückt immer näher. An ihr werden wieder viele Erstwähler teilnehmen - oder auch nicht. Der hiesige Grünen-Direktkandidat Andreas Hofmann hat kürzlich bei einer Podiumsdikussion in Greding beklagt, die junge Generation wisse kaum noch, wie das Wählen überhaupt funktioniert, da das Fach Sozialkunde im Unterricht nur noch ein Schattendasein fristet. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine. Doch in Thalmässing belässt man es nicht beim Jammern, sondern packt an.

Die Juniorwahl sei sehr realitätsnah, findet der Schulrektor Ottmar Misoph: Die Schüler bekommen Wahlbenachrichtigungskarten mit ihrem Namen und dem Standort des Wahllokals. Außerdem am letzten Schultag vor der Wahl - wenn sie in der Kabine ihre Kreuzchen machen - originale Stimmzettel aus dem Landkreis Roth. Die Bundestagswahl im vergangenen Jahr hat bewiesen, dass die Schüler, die fürs Wählen noch zu jung sind, eine solche Probewahl mit großer Ernsthaftigkeit angehen.

Der Rektor erhofft sich auch eine gewisse Vorbildfunktion, gerade für die Eltern, die nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Wird der Urnengang in der Familie beim Abendbrot thematisiert, überlegt es sich der eine oder andere Elternteil vielleicht doch. Aus der Luft gegriffen ist die Hoffnung nicht, Denn die bundesweite Juniorwahl wird auch wissenschaftlich begleitet. Und so stellen die Organisatoren fest, dass die Wahlbeteiligung der beteiligten Eltern um durchschnittlich 4 Prozent, teilweise um bis zu 9 Prozent vor allem bei sozial benachteiligten Familien steigt, wenn die Kinder zur Wahlurne gehen. Bei ihnen sinkt der Anteil der Nichtwähler, wenn sie dann mal 18 Jahre alt sind, im Übrigen von 22 auf unter 7 Prozent. Gewöhnlich nehmen an der Juniorwahl vor allem Gymnasien und Realschulen teil, die Schüler kratzen also schon an der Altersgrenze - mindestens. Thalmässing steht als Mittelschule ziemlich alleine auf weiter Flur.

Ins kalte Wasser geworfen werden die Siebt- bis Neuntklässer hier aber nicht. Im vergangenen Jahr hat der Lehrer Daniel Setzke ihnen die Grundzüge der repräsentativen Demokratie erklärt und ihnen die Unterschiede der einzelnen Parteien näher gebracht. Auch dass es eine Erst- und eine Zweitstimme gibt, wissen zumindest diejenigen Schüler, die im vergangenen Jahr schon mitgemacht haben, noch. "Wenn ich es nur trocken im Unterricht behandeln würde, hätte es sich nicht so eingebrannt", zeigt sich Setzke überzeugt. Die Juniorwahl bringe einen echten "Mehrwert mit sich im Vergleich zum Unterricht".

Diesmal kümmert sich vor allem der Referendar Uwe Rupprecht um die Vorbereitung. Er unterrichtet die achte Klasse ohnehin im kombinierten Fach GSE (Geschichte, Sozialkunde, Erdkunde), weshalb seine Schüler für alle anderen die Wahlbenachrichtigungskarten schreiben und das Wählerverzeichnis anlegen. "Sie sind sich der Verantwortung bewusst", freut sich Rupprecht.

Auf seine Frage, warum es denn wichtig sei zu wählen, erntet er in der Klasse jedoch erst einmal beredtes Schweigen. Ja, man könne den Eindruck bekommen, dass es auf die einzelnen Stimme nicht ankomme, räumt Rupprecht ein. "Aber was ist, wenn alle so denken?" Da geben ihm die Schüler recht. Mit einer Ausnahme: "Man muss aber nicht hin zum Wählen?", versichert sich ein Jugendlicher. Stimmt. Das Wahlrecht ist keine Wahlpflicht.

Auf eine Entscheidungshilfe durch den Wahl-O-Mat verzichtet die Schule diesmal. Schon nach den Erfahrungen 2017 habe er bei der Bundeszentrale für politische Bildung angeregt, einen Wahl-O-Mat eigens für Jugendliche zu kreieren, erzählt Misoph. Die Idee sei gut, erhielt er zur Antwort - "umgesetzt worden ist sie nicht". Die Version für die jetzige Landtagswahl hält er "für Schüler nicht brauchbar, auch nicht für Erwachsene". Zu oberflächlich und pauschal werde dort gearbeitet.

Die Schule weiß sich zu helfen: "Wir haben die Fragen des Kreisjugendrings an die Kandidaten genommen", erklärt Daniel Setzke. Denn der Rother KJR hat sich mit den sieben Kandidaten von CSU bis AfD, von den Freien Wählern bis zur Linkspartei auseinandergesetzt. Deren Antworten vor allem auf jugendpolitische Fragen haben die Lehrer als Grundlage genommen. "Das muss man dann runterbrechen und so formulieren, dass Kinder damit arbeiten können", sagt Setzke. "Es kommt schon heraus, für was eine Partei steht", findet sein Kollege Rupprecht. Zumindest in Grenzen, aber das sei besser als nichts: "Das Vorwissen ist überschaubar."

Ein bisschen Zeit geht ja noch ins Land, ehe es an die Wahlurnen geht. Rund zwölf Stunden will Uwe Rupprecht in die Vorbereitung und damit in die konkrete politische Bildung der Schüler investieren. Die Juniorwahl dient dabei als interessanter Stimmungstest, denn deren Ergebnis steht bereits am Freitag vor dem Wahlsonntag fest. Bayernweit wird das Ergebnis der Juniorwahl allerdings erst am Abend der Landtagswahl bekanntgegeben.

Volker Luff

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