Pfaffenhofen

Eine Vorzeige-Schule für Generationen

Neue Grund- und Mittelschule in Pfaffenhofen eingeweiht - Konzert-Feuertaufe für die Aula

21.10.2018 | Stand 25.10.2023, 10:32 Uhr
Das nigelnagelneue Schulhaus und die Fachräume - hier etwa die Schulküche, in der den Gästen Leckereien serviert wurden - konnten die Besucher am Tag der offenen Tür erkunden. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) "Tolle helle Räume!" "Super Atmosphäre!" "Fantastische Ausstattung!" Viele Pfaffenhofener nutzten am Samstag die Chance, nach der offiziellen Einweihung die neue Grund- und Mittelschule zu besichtigen. Fazit der meisten Besucher: Hier hätten Sie auch gern die Schulbank gedrückt.

Den ganzen Tag über bis weit in den Abend drängten sich die Gäste durch Gänge und Unterrichtsräume. Sie waren der Einladung der Stadt zum "Open House" gefolgt. Der Begriff "Tag der offenen Tür" erschien den Verantwortlichen denn doch etwas zu altbacken für diese hochmoderne Schule, die die "Grundlage für die Entwicklung zukünftiger Generationen" bildet, so Bürgermeister Thomas Herker (SPD) in seiner Einweihungs-Ansprache. Pfaffenhofen könne stolz auf diese Schule sein. Hier sei das mit Abstand teuerste Projekt entstanden, das die Stadt je gestemmt hätte. 29 Millionen Euro habe die Schule gekostet, die mit ihrem Raumkonzept eine zukunftstaugliche Infrastruktur biete.

Dieses Konzept erklärte Architekt Thomas Baron. Er hat diese Grund- und Mittelschule als zwei Würfel entworfen, die ineinander verzahnt sind. Seit zwei Jahren bietet die Schule Ganztagsunterricht für Grundschüler. Ihnen und den Mittelschülern steht eine große helle Kantine zur Verfügung. Das Besondere der Schule aber ist das Cluster-System. In den Gebäude-Ecken, durch Glastüren als intime Einheit gestaltet, gruppieren sich vier bis fünf Klassenzimmer mit je eigener Toilettenanlage und einer "Lehrerstation" mit sechs ausgestatteten Arbeitsplätzen. Je zwei Schulklassen steht zudem ein dritter "pädagogischer Raum" zur Verfügung, zum Beispiel für Gruppenarbeit. "Die Flurschule", erklärte der Architekt, "ist passé!"

Der Sichtbeton in den Gängen ist sandgestrahlt bis auf Muster, die sich hoch über zwei Etagen ziehen und das Gestänge eines Hopfengartens darstellen. Der Eichen-Parkettboden und die Akustikdecken schlucken den Schall. Die lichtdurchfluteten Räume sind in hellem Gelb und cremefarben gehalten. Wie wichtig die Atmosphäre einer Schule ist, hat ein Oxford-Professor erforscht, den der Architekt zitierte: Um 16 Prozent sei der Lernfortschritt der Schüler gestiegen bei ausreichendem Tageslicht, Wohlfühl-Atmosphäre, passender Raumtemperatur und guter Luftqualität.

Schulleiter Reinhard Bachmaier bedankte sich wie auch Herker ausdrücklich bei den Nachbarn, die Staub, Dreck, Lärm und das An- und Abfahren tausender Lkw ertragen mussten. Er zitierte eine Schülerin, die ihm im Juli sagte: "Das ist das erste Mal, dass ich mich auf das Ende der großen Ferien freue." Denn die neue Schule setzt Maßstäbe, auch bei der EDV. Jeder Unterrichtsraum hat Internetanschluss. Tafeln und Kreide sucht man vergeblich, stattdessen gibt es in den 39 Klassenräumen digitale interaktive Whiteboards, die mit einem Computer verbunden sind. Mit einer Dokumentenkamera können Inhalte, etwa Hefteinträge, auf diese Tafel projiziert, korrigiert und auch abgespeichert werden. Das aber ist nur der erste Schritt. "Wir wollten nicht gleich von Null auf Hundert", erklärte Konrektor Tobias Dittrich. Denn in Zukunft sollen Schüler mit Tablets ausgestattet werden, mit drei Klassen soll begonnen werden.

Gottes Segen erbaten die Vertreter der Kirchen und Glaubensgemeinschaften: der katholische Priester Joachim Kunze, sein evangelischer Kollege George Spanos, Lars Müller von den Baptisten und Erdal Kandemir, Imam der türkisch-muslimischen Gemeinde. Beim anschließenden Rundgang durch die Klassen- und Fachräume staunten die Besucher nicht schlecht über das Angebot: etwa der Werkraum, ein "Männertraum", so Konrektor Dittrich, mit allen Werkzeugen, Kreissäge, Bohr- und Schleifmaschinen. Oder die vollausgestatteten Computerräume. In diesen Fachräumen luden Schüler zu Vorführungen ein.

Nicht nur viele Eltern waren gekommen, sondern auch die Großeltern. "Unglaublich, was die Kinder heute alles lernen", sagte eine Seniorin überwältigt, die einer Schülerin bei einem Elektro-Experiment zuschaute. "Aber dafür können sie nicht mehr die "Bürgschaft" auswendig aufsagen." Was jetzt fürs Leben zielführender ist, sei dahingestellt. Für einen Vater allerdings war klar: "Mit Schiller kannst du keinen Kurzschluss reparieren."

In der zweiten Etage der Schule hat jetzt die Stadtkapelle ihren Übungsraum bezogen: hell, luftig und von der Akustik hervorragend für die Musiker geeignet. Ihre Premiere als Konzertsaal bestand die Aula bravourös, als die Stadtkapelle dort am Nachmittag ein anspruchsvolles Konzert gab. Als Zuhörer gewann man den Eindruck, dass der neue Saal, in dem die Kapelle zukünftig ihre Konzerte aufführen wird, die Spielfreude beflügelt, zumal hier die Akustik durch variable Deckenlamellen den Anforderungen angepasst werden kann.

Die Feuertaufe bestand die Aula dann am Abend, als die Coverband ReBeatles den Saal in einen Beat-Club der 70er-Jahre verwandelte. Eltern und auffallend viele Großeltern ließen sich von John, George, Paul und Ringo aus Mainz mitreißen und waren nicht nur takt-, sondern auch absolut textsicher. "Yesterday", als sie noch Schüler waren, da schienen die Sorgen vieler der Silverager tatsächlich noch weit weg. "Help, i need somebody" passte schon eher auf die Situation mancher 70-Jähriger. Das bunte, zuckende Disco-Licht, in das die Bühne getaucht war, ließ die ausgelassen wippenden und tanzenden Beat-Romantiker vergessen, dass sie sich in einer Schule befinden. Was auffiel: Bei dem Konzert fehlte eine Generation: die der Schüler. Denen ist diese Musik offensichtlich zu fad.

Albert Herchenbach

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