Pfaffenhofen

Miete als Preistreiber bei Sozialleistungen

Sinkende Arbeitslosigkeit und weniger Härtefälle, aber keine Entlastung der Landkreiskasse

18.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:59 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Wirtschaftlich geht es vielen Menschen im Landkreis so gut wie nie, Arbeitslose gibt es kaum noch. Trotzdem ändert sich an der Höhe der Sozialleistungen, die der Landkreis bezahlen muss, kaum etwas. Zahlreiche Landkreisbürger sind nach wie vor auf finanzielle Hilfe angewiesen. Und die steigenden Mieten sind der Preistreiber Nummer eins bei den sozialen Leistungen.

Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, Hartz IV: In all diesen Notlagen springt der Landkreis für seine Bürger finanziell in die Bresche. Zu all diesen Leistungen hat Abteilungsleiter Michael Reile im Sozialausschuss des Landkreises aktuelle Statistiken vorgelegt. Und das Fazit fällt vergleichsweise ernüchternd aus. "Es gibt hier keinen gravierenden Aufwärtstrend. Und das, obwohl es den Menschen wirtschaftlich so gut geht wie noch nie", fasste Landrat Martin Wolf (CSU) die vorgelegten Ergebnisse zusammen. "Trotz der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt sind weiterhin viele Menschen auf Hilfe angewiesen."

Seit fünf Jahren geht es bei allen Diagrammen, die Reile per Beamer an die Wand des Sitzungssaals werfen ließ, mal ein wenig bergauf, aber dann auch gleich wieder runter. "Vielleicht geht es auf die lange Sicht ein klein wenig nach unten. Aber viel ist das nicht", resümierte er. Und so kam Wolf nicht umhin, in der Stagnation zunächst das Positive zu sehen. "Die Bevölkerung nimmt ständig zu. Aber die sozialen Leistungen steigen nicht", sagte er. Soll heißen, dass die Zugezogenen zumindest so gut wie nie arbeitslos sind oder andere Sozialleistungen beziehen müssen. Aber jene, die schon seit Jahren finanziell gestützt werden, finden trotzdem keinen Weg zurück in die Selbstständigkeit. "Wir sind auf einem sehr guten Weg", meint Wolf dennoch. "Wir können helfen. Die Hilfe greift auch. Und die Lage ist nicht dramatisch."

Die Sozialhilfe stagniert auf einem ohnehin niedrigen Niveau. Knapp 511000 Euro musste das Landratsamt in diesem Jahr dafür bereitstellen. Fast 390000 Euro entfallen dabei auf die "Hilfe zum Lebensunterhalt" (HLU), gut 86000 Euro auf das Pflegegeld und lediglich 35000 Euro auf Einmalzahlungen wie Entrümpelungen von Wohnungen oder das Begleichen von Energieschulden. Beim Aspekt "Bildung und Teilhabe" sind die Kosten gegenüber den Vorfahren leicht angestiegen: auf nunmehr gut 80000 Euro. Interessant ist hierbei, dass die Fallzahlen bei der HLU deutlich nach unten gegangen sind: von 83 vor drei Jahren auf aktuell nur noch 46 Menschen.

Wesentlich höher fallen die Zahlen bei der Grundsicherung im Alter (1,26 Millionen Euro) und bei Erwerbsunfähigkeit (1,1 Millionen Euro) aus. Diese sind gegenüber den Vorjahren leicht nach oben gegangen. Und das, obwohl die Fallzahlen - aktuell nehmen sie 414 Menschen in Anspruch - seit Jahren stagnieren oder sogar leicht rückläufig sind. Drei Viertel davon beziehen Grundsicherung im Alter, das restliche Viertel ist dauerhaft erwerbsunfähig. "Diese Kosten werden uns komplett vom Bund erstattet", führte Reile weiter aus. Die doch gehörigen Steigerungen gegenüber dem Jahr 2014, als die Summe noch bei gut 1,8 Millionen Euro lag - also eine halbe Million Euro niedriger als heuer - erklärt der Abteilungsleiter mit den erheblichen Mehrkosten bei den Mieten.

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit ist prinzipiell vergleichbar mit den Hartz IV-Ausgaben, wobei der Landkreis hier für die Unterkunftskosten beim Arbeitslosengeld II aufkommt. Auch diese sind gegenüber dem Jahr 2014 nach oben gegangen: von ehemals fast 3,1 Millionen Euro auf inzwischen fast 3,8 Millionen Euro. Auch hier liegt die Begründung bei den Mietsteigerungen, denn die Zahl der Arbeitslosen ist bekanntlich seit einiger Zeit so niedrig wie noch nie. Der Vorteil aus Landkreissicht bei diesem Punkt ist allerdings die ständig steigende Kostenübernahme durch den Bund. Diese ist in den vergangenen drei Jahren schrittweise von 34,9 Prozent auf nunmehr 50,4 Prozent angehoben worden. Netto muss der Landkreis daher nur noch knapp 2 Millionen Euro zahlen, also so wenig wie seit Jahren nicht.

Das Fazit von Reile war jedenfalls deutlich: "Die Miete ist der Preistreiber. Da wird sich was tun müssen." Was genau, das kann der Verwaltungsfachmann aus dem sozialen Bereich aber natürlich auch nicht sagen. Landrat Wolf betonte jedenfalls, dass der Landkreis hier wohl kaum der richtige Ansprechpartner sei. "Das ist Sache der Gemeinden. Die sind näher dran an den Menschen - und damit an den Problemen. Und der Landkreis hat auch keine eigenen Flächen, auf denen er sozialen Wohnungsbau betreiben könnte." Es sei der richtige Weg, sich in die Belange der Gemeinden nicht einzumischen. "Da bekommen wir Probleme bei der Umverteilung", ergänzte Wolf. Schließlich würden alle Gemeinden per Kreisumlage den Landkreis finanzieren. Ein soziales Wohnungsbauprojekt, das der Landkreis bezahlt, würde aber nur einer einzelnen Gemeinde zugute kommen.

So hofft Wolf weiter auf wegweisende Entscheidungen der Bundespolitik, die neue Rahmenbedingungen festsetzen müsse. "Von seiner Arbeit allein und ohne zu erben kann keiner mehr ein Haus bauen oder eine Wohnung kaufen", fügte Wolf an. "Kinder müssen in ihrer Heimat zu Eigentum kommen müssen. Daran führt für mich kein Weg vorbei."

Patrick Ermert

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