Ingolstadt

Die Freiheit, zu tun, was glücklich macht

Die Ingolstädterin Janine Reith lebte zwei Jahre im Dschungel von Indonesien

08.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:54 Uhr
Sabine Kaczynski
Das Surfen ist die große Leidenschaft von Janine Reith. Bei der kleinen Insel Pulau Nias in Indonesien fand sie ideale Bedingungen vor. −Foto: privat

Ingolstadt (DK) Schon seit ihrer Kindheit faszinieren die Ingolstädterin Janine Reith fremde Sprachen und Kulturen, und so wurde das Reisen in ferne Länder ihre Leidenschaft. Schon mit 18 Jahren besuchte sie eine Sprachenschule in Spanien und später in Costa Rica, wo sie ihre zweite Passion entdeckte - das Surfen. Wieder zurück in Deutschland , machte sie ihr Abitur in München und begann Sportjournalismus zu studieren.

"Mein Ziel war damals, als Sportreporterin Fuß zu fassen", erzählt die heute 30-Jährige (kleines Foto). "Aber ich habe schnell gemerkt, dass das ein sehr hartes Pflaster ist. So habe ich entschieden, mich erst einmal auf das Surfen zu konzentrieren und ein Jahr zu reisen." Durch die Unterstützung vieler Profis verbesserte Janine ihre Fähigkeiten sehr schnell, ergatterte einige kleine Sponsorships, und so wurden es schließlich vier Jahre, in denen die Ingolstädterin den Wellen hinterherjagte. Vier Jahre, die ihr Leben veränderten. "Ich habe in der Zeit sehr bescheiden gelebt, aber das Surfen hat mir alles gegeben", berichtet die junge Frau begeistert. Ihre Kosten deckte sie, indem sie auf Baustellen arbeitete oder andere Gelegenheitsjobs annahm, ansonsten hielt sie sich mit den Sponsorengeldern über Wasser.

Besonders hatte es ihr die kleine Insel Pulau Nias in Indonesien angetan, die perfekte Verhältnisse zum Surfen bietet, aber auch sehr anspruchsvolles Terrain darstellt. "Als ich hinkam, wusste ich sofort, dass ich dort bleiben wollte", erzählt die Ingolstädterin, die auch von der ursprünglichen Lebensweise der Menschen vor Ort sehr beeindruckt war. Sie lernte eine einheimische Familie kennen, bei der sie wohnen durfte - zwei Jahre lang. Sechs Stunden Surfen standen täglich auf dem Programm, viel mehr gibt es dort auch nicht zu tun. "Es ist immer heiß, dazu gefühlte 100 Prozent Luftfeuchtigkeit - ich bin dort immer barfuß und im Bikini unterwegs", beschreibt Janine ihren Alltag im Dschungel. Ernährt hat sie sich fast ausschließlich von Fisch, Reis und frischem Obst. "Die Kokosnüsse wachsen quasi vor meinem Fenster. Supermärkte gibt es nicht, stattdessen verkaufen Händler ihre saisonalen Waren auf dem Markt." Doch was so paradiesisch klingt, hat auch Schattenseiten: Soziale Absicherung, medizinische Versorgung, materiellen Luxus gibt es nicht, die Menschen müssen mit einfachen Bedingungen zurechtkommen. "Die Leute auf der Insel haben nichts - trotzdem sind sie unfassbar glücklich. Zudem ist der Zusammenhalt der Menschen bewundernswert: Geht es einer Familie schlecht, stehen alle anderen dafür ein", meint die Ingolstädterin nachdenklich. Und so war es auch die Einstellung der Menschen hierzulande, die die junge Frau nach ihrer Rückkehr nach Deutschland sehr befremdet hat. "Die krasse Arbeitsmentalität konnte ich nicht nachvollziehen. Man schuftet den ganzen Tag, unternimmt danach nichts mehr, ist damit unzufrieden - aber niemand ändert etwas daran. Viele wissen gar nicht, was ihre Leidenschaft ist, weil sie nach den Regeln der Gesellschaft leben und sich anpassen", meint Janine, für die das Materielle inzwischen eine untergeordnete Rolle spielt. Sie wohnt derzeit wieder bei ihrer Mutter, fährt ein kleines Auto. In Deutschland nehme man vieles für selbstverständlich und wisse es nicht mehr zu schätzen, bedauert sie. Beispiel Medikamente: "Im Dschungel gibt es keine Apotheken, man muss darauf vertrauen, dass jemand irgendein Kraut besorgt, das gegen die Beschwerden hilft", beschreibt die junge Frau, die nicht verstehen kann, dass man sich über Wartezeiten beim Arzt beklagt. Ihre Sicht auf die Dinge hat sich geändert. Sie möchte für sich die perfekte Work-Life-Balance finden, nach der sich viele sehnen. "Für die meisten Menschen bedeutet Luxus materielle Dinge. Für mich ist Luxus, die Freiheit zu haben, das zu tun, was einen glücklich macht." Ihre Zukunft sieht die Ingolstädterin daher im Wechsel zwischen "ihren" beiden Welten. Sie möchte einerseits ihre Fähigkeiten im Surfen weiterhin verbessern und ihren Traum im Dschungel von Indonesien leben. Auf der anderen Seite ist der Sportjournalismus ihre zweite Leidenschaft geblieben, vor allem dem Eishockey gehört ihr Interesse: "In den letzten sechs Monaten hat sich bei mir beruflich alles um Eishockey und meine eigene Surfkarriere gedreht. Das ergänzt sich perfekt, da die Hockey-Saison genau in die Off-Season im Surfen fällt", meint Janine, die ihr Lebensmotto gefunden hat: "Man soll das tun, was einen erfüllt und einem Spaß macht!"
 

Sabine Kaczynski

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