Ingolstadt

Regensburg kann es doch auch

Engagierte Ingolstädter planen Interessengemeinschaft für eine Straßenbahn - CSU will Tram prüfen lassen

29.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:27 Uhr
Er hat den Plan: Markus Stockmeier wünscht sich eine Straßenbahn durch Ingolstadt. Auch einen Streckenplan hat er entworfen. Die Tram würde nach seinen Vorstellungen natürlich auch am Schliffelmarkt Station machen. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) In der Diskussion um die Zukunft des Ingolstädter Nahverkehrs wird eine neue Stimme laut. Kommende Woche soll sich eine Interessengemeinschaft formieren, die sich für die Errichtung einer Straßenbahn stark machen will. Vorbild ist Regensburg, wo sich der Stadtrat zuletzt einstimmig für den Bau einer Tram ausgesprochen hat.

Neu ist die Idee nicht. Bereits im Jahr 1917 formierte sich in Ingolstadt eine Bürgerinitiative, die eine Elektrifizierung der bestehenden Pferdebahn forderte, die damals zwischen dem weit außerhalb liegenden Centralbahnhof - dem heutigen Hauptbahnhof - und der Innenstadt verkehrte. Eigentlich war die elektrische Bahn bereits beschlossen, teilweise wurde schon gebaut, da kam der Erste Weltkrieg dazwischen, und die Pläne wurden eingestellt. Kurz darauf die Straßenbahn selbst. Trotz Bürgerprotesten.

Markus Stockmeier hofft freilich, dass seine Initiative gut 100 Jahre später erfolgreicher sein wird. Schon länger setzt er sich dafür ein, dass in Ingolstadt (wieder) eine Straßenbahn gebaut wird. Ende der kommenden Woche will er mit Gleichgesinnten zu einem ersten Koordinierungstreffen zusammenkommen. Ziel sei es, eine überparteiliche Gruppierung zu formieren, die sich der Sache konstruktiv und mit Fachwissen annimmt. "Zuletzt haben fast alle Parteien zum Thema innerstädtischer Nahverkehr Anträge gestellt oder sich sonst irgendwie geäußert", sagt er. "Ich fürchte, dass die Idee einer Straßenbahn im Wahlkampf zerrieben wird, wenn es nicht schon jetzt eine übergeordnete Initiative gibt."

Dass eine solche durchaus erfolgreich sein kann, zeige das Beispiel Regensburg. Wie mehrfach berichtet, hat der Stadtrat dort im vergangenen Juni beschlossen, eine Straßenbahn einzurichten. "Auch da stand am Anfang der Bewegung eine Bürgerinitiative", berichtet Stockmeier.

In der Schanz habe er bereits viel positive Resonanz auf seinen Vorstoß erfahren. Selbst mit Oberbürgermeister Christian Lösel und Bürgermeister Albert Wittmann habe er schon gesprochen, und auch bei denen habe er "durchaus Wohlwollen" erfahren. Allein: Passiert ist bisher nichts. Die jetzt zu bildende Gruppe soll den Straßenbahnplänen Vorschub leisten.

 

 


Eine Tram, davon ist Stockmeier überzeugt, sei die einzig sinnvolle Antwort auf die Anforderungen des innerstädtischen Verkehrs. Zwar freue er sich auch über die Vorschläge, die bestehenden Schienen der Bahn für eine regionale Stadtbahn - Stichwort: Audi-Bahnhalt - zu nutzen. "Aber eine solche Bahn fährt um die Stadt herum. Ziel muss es sein, die Leute in die Altstadt zu bringen." Wo genau die Strecken eines Ingolstädter Trambahn-Netzes verlaufen könnten, sei derzeit noch nicht die Frage, auch wenn Stockmeier da freilich schon konkrete Vorstellungen hat. Im Gegensatz zu Bussen könnte eine Tram etwa durchaus die Staustufe überfahren, ist Stockmeier überzeugt. Die Hauptachse müsse allerdings eine Verbindung durch die Altstadt zwischen Hauptbahnhof und dem Audi-Werk sein. Er könne sich aber durchaus auch vorstellen, dass Schienen in West-Ost-Richtung, also durch die Fußgängerzone vom Paradeplatz zum Münster, verlegt werden.

Wichtig ist Stockmeier, dass die Diskussion um die Straßenbahn nicht parteipolitisch überfrachtet wird und vor allem alle Bürger an der Diskussin beteiligt werden. "Wir müssen die Bevölkerung von der Idee überzeugen." Dass die Tram eines Tages, so wie heute viele Busse, leer durch die Altstadt fährt, fürchtet Stockmeier nicht. "Es gibt Studien, die einen so genannten ,Schienenbonus' belegen", berichtet er. "Viele Leute finden eine Straßenbahn viel attraktiver als Busse. Die Fahrgastzahlen steigen dabei um bis zu 80 Prozent." Und überhaupt präge eine Straßenbahn das Stadtbild positiv.

Möglicherweise kommt das Ingolstädter Straßenbahn-Projekt in der kommenden Stadtratsitzung am Donnerstag, 11. April, einen Schritt voran. Albert Wittmann kündigte am Freitag im Gespräch mit dem DONAUKURIER einen CSU-Antrag an, die Stadt möge die Möglichkeit einer Tram prüfen. "Interessierte Stadträte sollten nach Regensburg fahren und sich dort über das Projekt informieren", findet der Bürgermeister. Grundsätzlich ist auch er überzeugt, dass eine Entlastung des stetig wachsenden Innenstadtverkehrs nur mit einem öffentlichen Nahverkehr erreicht werden kann, der "außerhalb des Autoverkehrs" unterwegs ist. "Ein weiterer Bus steckt schließlich auch nur im Stau fest." Die Straßen in Ingolstadt seien vielerorts breit genug, um eine eigene Trasse - etwa für eine Straßenbahn - einzurichten. Zunächst sei aber zu prüfen, ob eine solche Lösung für Ingolstadt tatsächlich sinnvoll sein könnte. Das soll unter anderem im Gespräch mit den Regensburger Kollegen erörtert werden. "Erst dann können wir entscheiden, ob wir die Pläne bei uns weiterverfolgen oder die Sache doch lieber bleiben lassen."
 

 

 

Johannes Hauser

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