Meisterwerke zum Scrollen

Alte Pinakothek bereitet große Malerei in spannendem Online-Angebot auf

10.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:34 Uhr
Riesige Altargemälde wie Rubens' "Das Große Jüngste Gericht" auf dem kleinen Smartphone-Display - das funktioniert, weil es die Erzählsequenzen erlauben, tief in die Details der Bilder hinein zu vergrößern. −Foto: Poese

München - Dass Albrecht Dürer in Nürnberg als Schönling gegolten haben dürfte, dass Rembrandt in 40 Jahren rund 90 Selbstporträts angefertigt hat oder dass Tiepolo im Winter, wenn er nicht am Treppenhaus der Würzburger Residenz arbeiten konnte, dafür monumentale Werke wie "Die Anbetung" schuf - all das sind Dinge, die man nicht unbedingt über Kunst aus dem 14. bis 18. Jahrhundert weiß.

 

Solche Fakten und Hintergrundgeschichten kann man im Online-Angebot der Alten Pinakothek erfahren. Das Münchener Museum stellt im riesigen Online-Kultur-Magazin Google Arts and Culture großzügig animierte Gemälde-Touren, kleine Videos und Panorama-Ansichten zur Verfügung. Abrufbar sind alle Inhalte unter der Kurz-Adresse g. co/AltePinakothek und eignen sich für den Desktop-PC genauso wie für Smartphones oder Tablets.
Besonders unterhaltsam und lehrreich sind die Touren durch Gemälde - was man wörtlich nehmen darf. Denn in kurzen Erzähleinheiten, durch die man mit Scrollen oder Wischen blättert, springt der Betrachter hinein in Details eines Werkes wie Rubens' "Das Große Jüngste Gericht" und erhält dabei mit kurzen Texteinblendungen Informationen zum Bildaufbau, zur Technik, zur Aussage oder Geschichte des Werkes. Zu erfahren ist zum Beispiel, dass Rubens' Werk einen lokalen Bezug hat: Es wurde ursprünglich für den Altar der Hofkirche in Neuburg an der Donau gemalt.
So entsteht ein echter Mehrwert, denn anders als beim alleinigen Betrachten des Bildes wird man durch seine entscheidenden Merkmale geführt. Manchmal ergänzen kurze Videos, die sogenannte "Kunstminute" mit einem Statement eines Fachmannes oder einer Fachfrau die Touren und geben Denkanstöße. So erklärt beispielsweise Dr. Mirjam Neumeister, Referentin für Flämische Malerei bis Ende des 18. Jahrhunderts in der Alten Pinakothek, dass Pieter Bruegels "Das Schlaraffenland" trotz seiner humorvoll dargestellten, fettwanstigen Figuren eigentlich die Frage stelle, welchen Fußabdruck man im Leben hinterlassen, was man bewirken wolle.
Auch die Pinakothek als physisches Gebäude ist im Online-Angebot zugänglich: Mithilfe von 360-Grad-Ansichten kann man sich in insgesamt 12 Räumen für italienische, flämische, holländische, französische und andere Malerei umschauen. Widersinnigerweise schafft es aber gerade dieses Schweben als körperloser Geist im digitalen Rundum-Bild nicht, den realen Besuch zu ersetzen. Etwas mehr bieten fünf "Virtual-Reality-Rundgänge", für die man allerdings die App Google Arts and Culture auf Smartphone oder Tablet installieren muss.
Am tröstlichsten für Kunstinteressierte sind aber die Erzähleinheiten mit den Gemälde-Touren. Denn sie bieten genau das, was man am Museum liebt: Gemälde genauer zu erkunden, sich ins Detail zu vertiefen, etwas über die Künstler und ihre Werke zu lernen. Online zu sehen ist übrigens auch die Sonderausstellung "Utrecht, Caravaggio und Europa" in der man erfährt, was Caravaggio mit heutigen Influencern gemeinsam hat (erreichbar unter g. co/PinaCaravaggisti).

DK

 

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