Regensburg

Verfahrenseinstellung im Korruptionsprozess gefordert

18.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:20 Uhr
Gerichtsakten liegen in einem Verhandlungssaal auf dem Tisch. −Foto: Armin Weigel/dpa /Archivbild

Das Plädoyer im Fall des wegen Korruption angeklagten Regensburger Ex-OB Wolbergs fällt eindeutig aus: keine Bestechlichkeit, keine Vorteilsannahme, keine Untreue, bilanziert dessen Verteidiger. Von Korruption könne keine Rede sein.

Im Regensburger Korruptionsprozess hat der Verteidiger des angeklagten Ex-Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs eine Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses gefordert, anderenfalls einen Freispruch. Sollte auch diesem Antrag nicht entsprochen werden, plädierte Anwalt Peter Witting am Montag vor dem Landgericht Regensburg auf eine Einstellung des Verfahrens wegen Verstoßes gegen eine faire Verfahrensführung. Über mehrere Stunden erläuterte der Verteidiger, weshalb sich Wolbergs aus seiner Sicht nicht strafbar gemacht habe und die Annahme von Parteispenden im Wahlkampf 2014 legal gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten für den 49-Jährigen gefordert und ihm zwei Fälle der Bestechlichkeit sowie drei Fälle der Vorteilsannahme zur Last gelegt.

Wittings Fazit: Keine Bestechlichkeit, keine Vorteilsannahme, keine Untreue - das habe das Verfahren klar ergeben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft fußten auf Spekulationen und Unterstellungen, so habe die Behörde beispielsweise Mails so interpretiert, wie sie eben habe interpretieren wollen und ohne zu wissen, wie es tatsächlich gewesen sei. Wolbergs dagegen sei dabei gewesen. Ihn als „Besserwisser“ zu bezeichnen - wie es die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer tat - sei genau falsch, denn die Staatsanwälte seien es, die besser wissen wollten, wie es gewesen sei.

Bei den Entscheidungen für Bauprojekte habe es sich um einen breiten politischen Konsens gehandelt, so Witting. Und dass sich ein Amtsträger mit Bauunternehmern austausche, sei normal und sinnvoll. Ein Teil der Spenden sei zudem vor der Wahl geflossen, als Wolbergs noch Bürgermeister und somit mit Sozial- aber nicht Bauthemen befasst gewesen sei. Die Spenden habe Wolbergs zudem nicht für sich erhalten, es seien Spenden an seinen SPD-Ortsverband gewesen.

Ausführlich ging Witting auf die schwierige Rechtslage bei Parteispenden ein. Verfassungsrechtlich sei es erwünscht, dass Parteien Spenden einsammelten. „Dann müssen wir es halt verbieten.“ Aber eine staatliche Parteienfinanzierung sei nicht gewollt. Politiker seien also angehalten, Spenden einzuwerben, gerieten damit aber sofort in den Verdacht, sich beeinflussbar zu machen. Und dass Spenden unter der Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro getätigt würden, weil der Spender anonym bleiben wolle, sei ebenfalls legal. Dann müsse das Gesetz geändert werden.

Die Kosten für den Wahlkampf seien sicher aus dem Ruder gelaufen, so Witting. Da sei Wolbergs zu blauäugig gewesen, weil ihm Finanzen nicht wichtig seien. Deswegen habe er auch nach der Wahl um Spenden gebeten. Diese seien aber noch benötigt worden, um aus dem Wahlkampf entstandene Kosten zu decken und seien somit als Wahlkampfspenden zu sehen.

Einzig als problematisch im Sinne einer Vorteilsnahme könnte die von einem Bauträger übernommene Rechnung einer Werbeagentur für den Wahlkampf gesehen werden. Damit habe sich Wolbergs aber nicht ausreichend befasst gehabt und somit - wenn überhaupt - fahrlässig gehandelt, sagte Witting.

Wolbergs sei überzeugt gewesen, bei den Spenden richtig gehandelt zu haben. Die Rechtslage sei selbst für Juristen schwer zu durchschauen, wie solle es dann ein Laie wissen. Der Verteidiger appellierte an das Gericht, Wolbergs Beiträge im Prozess als den ehrlichen Versuch anzuerkennen, zur Aufklärung beizutragen. Seine Emotionen seien so zu sehen, „dass er sich unter dem Vorwurf der Käuflichkeit im Innersten getroffen sieht“.

Der Prozess gegen Wolbergs läuft seit Oktober 2019. Mit ihm sitzt ein Bauunternehmer auf der Anklagebank, für den die Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Bewährungsstrafe wegen Bestechung und Vorteilsgewährung forderte. Das Plädoyer dessen Verteidigers ist für Dienstag (19. Mai) geplant.

In einem ersten Prozess war Wolbergs im Juli 2019 wegen zwei Fällen der Vorteilsnahme verurteilt und in sämtlichen weiteren Vorwürfen freigesprochen worden. Von einer Strafe sah das Gericht ab.

Landgericht Regensburg

dpa

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