Nürnberg

Radler halten Nürnberg in Atem

Fahrrad gegen Auto: In Nürnberg wollen einen Aktivisten einen "Radentscheid" auf den Weg bringen

10.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:02 Uhr
Mit viel Einsatz werben Fahrrad-Aktivisten derzeit in Nürnberg unter dem Titel "Radentscheid" für das Bürgerbegehren. −Foto: Pelke

Nürnberg - Kaum ein Verkehrsmittel bekommt derzeit wohl mehr Aufmerksamkeit in Nürnberg als das Fahrrad. Erst sorgen die Rad-Aktivisten von der "Critical Mass" für Wirbel. Sogar Oberbürgermeister Marcus König (CSU) mischt sich ein und kritisiert das Vorgehen der Polizei, den Rad-Demonstranten die Luft aus den Reifen zu lassen.

Dann debattiert die Stadt über das Für und Wider des allerersten Pop-up-Radweges in der Stadt. Während die Autofahrer plötzlich auf einer vielbefahrenen Verkehrsader im Stau stehen, hinterfragen Politiker die XXL-Radspur auf der Rothenburger Straße.

Nun steht offensichtlich auch noch ein heißer Fahrrad-Herbst in der Frankenmetropole vor der Tür. Mit zahlreichen Aktionen wollen Fahrrad-Aktivisten unter dem Titel "Radentscheid" ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen. "Bis Oktober wollen wir alle 15000 Unterschriften beisammen haben. Wir sind zuversichtlich, dass dies uns gelingt und wir noch dieses Jahr das Bürgerbegehren in den Stadtrat einbringen können", sagt Markus Stipp, "Radlbotschafter" der Initiative "Radentscheid Nürnberg", und verweist auf ein ganzes Feuerwerk an öffentlichkeitswirksamen Aktionen.

Los geht es schon an diesem Wochenende mit einer "24-Stunden-Sammel-Aktion". Von Freitag- bis Samstagnachmittag wollen die Initiatoren für ihre Vision "um die Wette" neue Unterschriften sammeln. Am 18. September engagiert sich der "Nürnberger Radentscheid" als Mitorganisator beim "Parking Day". Bei der Aktion werden Autoparkplatz mehr oder weniger kreativ beschlagnahmt und in einen "temporären öffentlichen Ort" verwandelt.

"Die Resonanz zum Radentscheid ist überaus positiv", freut sich Stipp über die wachsende "Radlobby" in Nürnberg. Rückenwind spüren die Rad-Aktivisten durch das Beispiel der Bewegung für das 365-Euro-Ticket. Auch hier ist zunächst mit einer Unterschriften-Sammelaktion ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht worden.

Als die Stadtpolitik den enormen Zuspruch erkannte, ist Oberbürgermeister Marcus König (CSU) vorgeprescht und hat praktisch im vorauseilenden Gehorsam mehr oder weniger freiwillig die baldige Einführung eines günstigen Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr angekündigt. Die erfolgreiche Kampagne für das 365-Euro-Ticket habe die Motivation im Radentscheid-Team "enorm gesteigert", freut sich Markus Stipp und verrät, dass man aus "verschiedenen Hintergrundgesprächen mit der Stadtverwaltung" wisse, dass der Radentscheid und sein Erfolg im Rathaus bereits ganz genau beobachtet werde.

Der "Nürnberger Radentscheid" hat sich auf die Fahnen geschrieben, mehr Menschen dazu bewegen, Fahrrad statt Auto zu fahren. Davon würde laut Markus Stipp durch weniger Lärm, bessere Luft und mehr Grün "die gesamte Gesellschaft" profitieren. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad umsteigen, müsse aber auch das Angebot stimmen, sagt Stipp. Deswegen fordere der Radentscheid ein "durchgehendes, sicheres und bequemes Radnetz" in Nürnberg. "Nur wenn alle Altersgruppen von Jung bis Alt sicher von A nach B kommen, dann wird auch ein nennenswerter Anteil der Bürger umsteigen." Zusätzlich wünschen sich die Radfreunde eine Mindestbreite für Radwege an Hauptverkehrsstraßen, mehr Fahrradstraßen, sichere Kreuzungen und Wege für Kinder zur Schule sowie Radschnellverbindungen zu den Nachbargemeinden, damit auch Pendler umsteigen können.

Obendrein soll die Stadt mehr Personal in der Verwaltung einstellen, damit die vielen Forderungen "baulich zeitnah" umgesetzt werden können. "Nürnberg hat Jahrzehnte kaum in die Fahrradinfrastruktur investiert. Nürnberg hat viel nachzuholen. Der Radentscheid möchte hierbei eine treibende Kraft sein", bringt Markus Stipp die Ziele der Kampagne auf den Punkt.

HK

Nikolas Pelke

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