Nürnberg

Über 26000 Unterschriften gesammelt: Radler strampeln sich zum Erfolg

17.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:30 Uhr

Nürnberg - Jubel hier, Frust dort: Während die Fahrrad-Aktivisten über den hohen Zuspruch für den "Radentscheid" jubeln, dürften im Rathaus die Alarmglocken schrillen.

Mit rund 26000 Unterschriften haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens "mehr als doppelt so viele Unterschriften wie benötigt" gesammelt. Der Radentscheid ist laut Initiatoren "eines der erfolgreichsten Bürgerbegehren in Nürnberg" überhaupt. Die Hürde der notwendigen Zustimmung von drei Prozent der Wahlberechtigten hat das Bündnis leicht und locker überwunden.

Im Rathaus dürften viele den Erfolg nicht haben kommen sehen. Wegen der Pandemie sind die Radaktivisten zeitweise zumindest in der Wahrnehmung von der großen Bühne verschwunden gewesen. Die Schockwellen im Rathaus dürften jetzt umso größer sein. Mit Nicola A. Mögel hat eine Sprecherin vom Radentscheid bereits vollmundig verkündet, nach der breiten Unterstützung "unsere Forderungen nachdrücklich gegenüber der Stadtspitze" vertreten zu wollen.

Die Liste der Forderungen ist lang und hat es durchaus in sich. Beispielsweise werden 1000 neue Fahrrad-Stellplätze pro Jahr sowie breitere Fahrradwege auf Hauptstraßen gefordert. Selbstverständlich soll die Stadt "zeitnah" auch die vielen Lücken im urbanen Radwegenetz schließen. Außerdem wird ein attraktiver Radler-Ring rund um die Altstadt bis 2026 gefordert. Die Erfüllung dieses langen Wunschzettels dürfte nicht ganz billig werden.

Dabei hätte die Stadtspitze nach der erfolgreichen Unterschriften-Aktion für das 365-Euro-Ticket vorgewarnt sein müssen, findet Linken-Stadtrat Titus Schüller, der auch diesmal seine Finger im Spiel gehabt hat. Von dem Erfolg ist der überzeugte Radfahrer und Spiritus Rector der Kampagne zur Einführung des "365-Euro-Tickets" nicht wirklich überrascht. "Die Nürnberger Fahrradwege sind wie ein Flickenteppich mit tausend Löchern", sagt er zum Radwegenetz in der Großstadt. Selbst über die Höhe der Unterstützung reibt sich Schüller nicht verwundert die Augen. "Sogar Autofahrer haben den Radentscheid mit ihrer Unterschrift unterstützt, weil bessere und sichere Radwege in Nürnberg einfach wirklich notwendig sind. "

Jahrelang habe Nürnberg den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur verschlafen, sagt Schüller und kritisiert, dass unter der Ägide von Alt-Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) lediglich jährlich rund 1,25 Millionen Euro im Haushalt für neue Radwege vorgesehen gewesen seien. Viel zu spät habe die rot-schwarze Rathaus-Koalition versucht, den Hebel umzulegen und mehr Geld in den Ausbau des Fahrradstreckennetzes in der Frankenmetropole zu stecken.

Auch der neue Fahrrad-Kompromiss, den der neue Oberbürgermeister Marcus König (CSU) noch vor der Kommunalwahl mit seinem SPD-Kontrahenten Thorsten Brehm geschmiedet hat, geht für Schüller nicht weit genug. Der König-Brehm-Radplan sieht vor, erst ab 2023 jährlich zehn Millionen Euro für den Radverkehr auszugeben. Schüller und seine Fahrrad-Freunde wollen keine stufenweise Erhöhung, sondern den Zehn-Millionen-Etat am liebsten bereits in den Jahren 2021 und 2022. "Außerdem brauchen wir mehr Personal, um die Radwege schnell realisieren zu können", legt Schüller noch eine Forderung drauf.

Bis Ende Dezember hat die Stadtspitze Zeit, den Forderungen des Radentscheids zuvorzukommen und wie kürzlich beim 365-Euro-Ticket freiwillig einzulenken und die Forderungen zu übernehmen. Andererseits wollen die Initiatoren die Unterschriften noch vor Silvester im Rathaus abliefern. In diesem Fall wird es wohl im April zu einem Bürgerentscheid kommen. Die Fahrrad-Aktivisten geben sich demonstrativ siegessicher. "Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der Bürgerentscheid in unserem Sinne ausgehen wird. "

HK

Nikolas Pelke

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