Ingolstadt

Leben und Werk Marieluise Fleißers erleben

Beiträge in Heft 13 der Fleißer-Gesellschaft Ingolstadt geben Einblicke ins Dichterhaus

10.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:21 Uhr
Ein Film-Still ziert das Cover des neuen Heftes der Marieluise-Fleißer-Gesellschaft. −Foto: FGI

Ingolstadt - In neuer und moderner Aufmachung zeigt sich Heft 13 der traditionsreichen Schriftenreihe der Marieluise-Fleißer-Gesellschaft Ingolstadt.

 

Das Heft versammelt wie bisher die Veröffentlichungen und Ereignisse eines Jahres - von der Verleihung des Fleißerpreises an Iris Wolff am 24. November 2019 bis zur Eröffnung des neuen Fleißerhauses am 4. Oktober 2020 - und zeigt t die Aktualität und Bedeutung von Ingolstadts berühmtester Tochter für die Gegenwart.

Iris Wolff erzählt in ihrer Rede anlässlich der Verleihung im Foyer des Stadttheaters Ingolstadt - Titel: "Fluchtwege im Kopf" - davon, wie Poesie als Gegengift zu Bedrängnissen im Alltag wird und davon, wie Literatur gegen das Verschwinden von Heimat, von Menschen und Menschlichkeit steht. Der Germanist Klaus Hübner zeigt in seiner Laudation, Titel: "Man trinkt das", auf, wie Iris Wolff dies gelingt, indem er eine Stelle aus ihrem Roman "Halber Stein" zitiert: ". . . die Wahrnehmung für das Kleine, für Details, ist eine wesentliche Eigenschaft, die es fürs Schreiben braucht. "

Das Jahr 2020 war vor allem geprägt durch die Vorfreude und schließlich die Eröffnung des neuen Fleißerhauses. Hermann Widmann, Neffe von Marieluise Fleißer, Gründungsmitglied und Beirat im Vorstand der Fleißer-Gesellschaft sowie Eigentümer der beiden Häuser Nr. 16 und 18 in der Ingolstädter Kupferstraße berichtet in seinem Beitrag, wie das Geburts- und Wohnhaus der Ingolstädter Schriftstellerin und Dramatikerin vorbildlich sanieren und renovieren ließ und erzählt von seinen Nachforschungen dazu. Sein Beitrag unterstreicht mit Fotos von Funden, wie dabei neue Erkenntnisse über die Ingolstädter Stadtgesellschaft zutage befördert wurden.

Was das das Konzept für das neue Fleißerhaus beeinflusste, das nicht mehr nur Dichterhaus und Dokumentationsstätte für Marieluise Fleißer (1901-1974) werden sollte, sondern auch die Geschichte des Hauses als Handwerker- und Bürgerhauses umfassen. Die Kuratorin der Ausstellung in der Kupferstraße 18, Sylvia R. Weber, lässt in ihrem Beitrag miterleben, wie diese Vielseitigkeit des Hauses auf die begrenzte Ausstellungsfläche von 282 Quadratmetern übertragen wurde. Das Haus umfasst nun über drei Stockwerke hinweg drei verschiedene Schwerpunkte: im Erdgeschoss die Haus-, Familien- und Baugeschichte, im ersten Obergeschoss die Dauerausstellung zu Leben und Werk Fleißers, im zweiten Obergeschoss die wechselnden Sonderausstellungen mit Veranstaltungsraum. Dem Leben und Werk wird sich in sieben chronologischen Themenräumen genähert: Das Talent, Der Erfolg, Die Isolation, Die Männer, Die Anerkennung, Die Sprache und Die Wirkung. Ergänzt und gegliedert wird das durch thematische Schwerpunkte wie Die Männer, Die Sprache und mit der Ausstellungsinsel mit Kleidern der Dichterin.

Zwei weitere Beiträge befassen sich mit multimedialen und interaktiven Möglichkeiten: Stefanie Woidich, Mitglied im Vorstand der Fleißergesellschaft, stellt die interaktiven Module im Raum Die Sprache vor, die von Mitgliedern der Fleißergesellschaft erarbeitet und umgesetzt wurden. Der oft benannte "Fleißer-Sound", ein von Bavarismen geprägter süddeutscher Sprachduktus, bildete einen entscheidenden Teil der bis heute andauernden Rezeptionsgeschichte. Diese Sprache selbst entdecken und mit ihr experimentieren können die Besucherinnen und Besucher unter anderem, indem sie Fleißertexte hören und dann selbst einlesen in ein digitales Gästebuch. Modul 2 lässt die Besucher ein eigenes Hörspiel erarbeiten. Beim "Sprach-Quiz" (Modul 3) geht es im Multiple-Choice-Verfahren um die vom Dialekt mitgeprägte Kunstsprache der Autorin, genauer: Es gilt, zehn Fleißer-Sätze ins Hochdeutsche zu übertragen. Das Fachpublikum kann sich anhand von Auszügen aus Briefen und durch einen Filmausschnitt darüber informieren, wie die Autorin selbst ihre Sprache sah.

Michael Croce, Drehbuchautor des Fleißer-Films "Über die Deutsche Frau" von Kevin und Tobias Schmutzler (Premiere am 4. Oktober im Cinestar Ingolstadt), der auch im Fleißerhaus zu sehen ist, erzählt vom Making-of des Films, beginnend im Sommer 2017 mit Drehs an Originalschauplätzen und mit Mitgliedern des Ingolstädter Theater-Ensembles sowie mit Laien.

Über die Beziehung von Marieluise Fleißer zu ihrer jüngeren Schwester Henriette Hierl berichtet Studiendirektor i. R. Otto Frühmorgen anhand von Briefen der Fleißer und ihrer Schwester (im Originalabdruck) sowie mit Fotos. Darunter auch jenes, das die drei Schwestern Henriette (genannt Jetty) Hierl, Marieluise Fleißer, und Ella Gültig anlässlich des 70. Geburtstages der Ingolstädter Autorin zeigt. Den Abschluss von Heft 13 bildet die Bibliografie für die Jahre 2018 bis 2020, für die die Literaturwissenschaftlerin Martina Neumayer verantwortlich zeichnet. Eine verlässliche Quelle für Forschende und interessierte Laien gleichermaßen.

DK


Das Heft 13 der Schriftenreihe der Marieluise-Fleißer-Gesellschaft ist über den Buchhandel oder bei der Fleißer-Gesellschaft zu erhalten für 6 Euro, bzw. 8 Euro ab Heft 11.

 

Barbara Fröhlich

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/leben-und-werk-marieluise-fleissers-erleben-1650559
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