Roth

"Hinweise, Abgucken - das fehlt komplett"

Einer-Kunstradfahrerin Milena Slupina fehlen vor allem die Lehrgänge - Grundmotivation nicht gefährdet

23.02.2021 | Stand 23.04.2021, 3:34 Uhr
Die "coolste Übung", der Handstand, bringt viele Punkte: Milena Slupina beim ersten Weltcup 2020. Ob dieser im März wieder stattfinden kann, ist nicht sicher. −Foto: Wurth

Roth - Milena Slupina aus Roth ist zweifache sowie amtierende Weltmeisterin im Einer-Kunstradfahren.

 

Diesen Titel und jenen als Sportlerin des Jahres 2020 im Landkreis Roth kann sie wegen der Corona-Pandemie nun jeweils ein Jahr länger tragen. Schließlich sind im vergangenen Jahr alle Wettkämpfe ausgefallen. Die Wahl im Landkreis für 2021 hat ebenfalls nicht stattgefunden. Die Titel sind allerdings nur ein kleines Trostpflaster für Slupina. Die Folgen der Corona-Einschränkungen empfindet sie durchaus als Belastung. Ihr fehlen vor allem die Lehrgänge auf Bundes- und Landesebene.

Denn die in gewöhnlichen Jahren zehn bis 15 Treffen für die Kaderathleten des "Rad- und Kraftfahrerbunds Solidarität" bieten stets Mehrwert auf verschiedenen Ebenen für die eingeladenen Sportlerinnen und Sportler. "Etwa zehn Stunden Training unter Beobachtung des Bundestrainerstabs sowie viel Austausch und neue Impulse", stellen den Worten Slupinas zufolge den besonderen Ertrag für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dar. "Hinweise, Abgucken und das gegenseitige Puschen fehlen komplett", bedauert sie. Die Wettkämpfe vermisst sie ebenfalls. "Das gehört zum Leistungssport, dass man sich zeigen und messen kann. "

Ihre innere Grundmotivation für das Training sieht Slupina indes nicht beeinträchtigt. "Die ist da wie immer", sagt sie und setzt darauf, dass in diesem Jahr wenigstens die Qualifikation zu den Weltmeisterschaftswettkämpfen und die Weltmeisterschaft selbst stattfinden können. "Das ist mein Ziel und meine Hoffnung", sagt sie. Slupina war stark getroffen als im August vergangenen Jahres die gesamte Saison abgesagt worden ist. "Ich war sehr enttäuscht", sagt sie. "Danach hat sich mein Fokus verändert", schildert Slupina ihre Reaktion. Schließlich hatte sich durch die Absage der Jahresrhythmus für 2020 erledigt. "Statt Programm zu trainieren wie zuvor habe ich mich mehr auf Weiterentwicklung konzentriert. " Sie habe sich umgehend aus dem Tief rauskämpfen wollen, um schnell wieder nach vorne zu sehen.

Auftakt zur WM-Qualifikation wäre Ende August. Ende Oktober würde die Weltmeisterin ermittelt werden. Der erste Weltcup-Wettkampf steht zwar noch für den 20. März im Terminkalender. Ob er über die Bühne gehen kann, ist aber eher zweifelhaft, "unter Vorbehalt", steht auf der Homepage. "Da müsste sich schon noch einiges ändern, damit er stattfinden könnte", blickt Milena Slupina eher skeptisch in die nähere Zukunft. Denn auch der erste Bundeskaderlehrgang stand für den 15. bis 17. Januar noch regulär auf der Tagesordnung des laufenden Jahres, ist aber kurzfristig abgesagt worden. Ersatz war ein Zoom-Online-Meeting mit Bundestrainerin Kathrin Igel. Auch im übrigen hilft die Technik. "Ich schicke jetzt eben Videos zur Bundestrainerin, damit sie meine Trainingsleistungen sieht und kommentieren kann", erläutert Slupina.

Aufgrund ihrer Stellung als Topathletin und Mitglied im Bundeskader ist Slupina Training grundsätzlich erlaubt. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Mitglied ihres Hausstands als Trainerin fungiert. Mama Petra Slupina ist auch Mutter des Erfolgs der Maschinenbau-Master-Ingenieurin, die bei einem großem Unternehmen in Schwabach in Vollzeit beschäftigt ist. Dass sich dort nun wegen Corona die Arbeitszeit auch für die Konstrukteure geändert hat, wirbelte ihren Trainingsrhythmus doch ziemlich durcheinander. Um Kontakte zu reduzieren, ist Wechselschicht eingeführt worden. Die Flexibilität und Komfort eines Gleitzeitrahmens fehlen nun. "Die Schicht schmälert freilich zusätzlich den Trainingsumfang", stellt sie fest.

Wenn Frühschicht angesagt ist, muss sie um sechs Uhr beginnen. Bei Spätschicht kommt Milena Slupina erst zwischen 22 und 23 Uhr nach Hause. Das sei für sie kein normaler Tagesablauf. "Häufig habe ich ein Schlafdefizit", schildert sie die Folgen.

Training zu Hause wäre ohnehin schwierig. Sie braucht für die Akrobatik auf dem Fahrrad den Platz einer Turnhalle. Laufen und Krafttraining ergänzen das Figurenfahren lediglich. Muckis im Rücken und den Oberarmen braucht Milena Slupina vor allem für das spektakulärste Element jeder Kür. "Der Handstand erfordert viel Vorarbeit abseits vom Rad", erklärt die Weltmeisterin. Sollte es für sie im Oktober tatsächlich möglich werden, ihren Titel zu verteidigen, könnte sie auf ihn nicht verzichten. "Er ist die coolste Übung und bringt viele Punkte. " Der Handstand ist also unerlässlich, um Weltmeisterin zu bleiben.

HK

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