stadtgeflüster

Es ist klein, gelb und verschwunden

11.06.2021 | Stand 14.06.2021, 3:33 Uhr

Gut möglich, dass die ZDF-Erfolgssendung "Bares für Rares" in der jüngsten Vergangenheit noch mehr Kuriosa und Kostbarkeiten erhalten hat als üblich.

Vielleicht türmt sich in Köln der Trödel schon vor dem Studio. Denn Zehntausende Deutsche haben in den vergangenen Wochen hektisch bis panisch ihre Wohnungen auf den Kopf gestellt, Kisten durchforstet, an die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gedacht haben, und sich durch die abgelegensten Schubladen gegraben - immer mit einem drängenden Gedanken im Kopf: "Wo zur Hölle ist nur dieser blöde Impfpass? "

Wenn man sich umhört, sind es überwiegend Männer, die dieser Tage hektisch nach dem gelben Heft fahnden und dabei so manche Rarität entdecken - nur nicht ihr Impfbuch. Jetzt, da immer mehr Menschen die ersehnte Injektion gegen Covid-19 bekommen, stellt sich in unerbittlicher Schärfe heraus, wer in den vergangenen Jahren stets ordentlich war und wichtige Dokumente wohl bewahrt hat - und wer nicht.

Diese Schlamper offenbaren auch kritikwürdige Nachlässigkeit bei der Gesundheitsvorsorge, haben sie doch offensichtlich Auffrischungen des Impfschutzes versäumt! In diesem Fall ist ein verschollener Impfpass von Vorteil, weil dann keiner merkt, dass zum Zeitpunkt der letzten Tetanus-Impfung der deutsche Bundeskanzler noch Helmut Kohl hieß.

Hohe Anerkennung verdient das Personal in Arztpraxen und Apotheken, das derzeit ständig von Nervensägen (wie dem Autor dieser Zeilen) gefragt wird: "Sorry, ich finde meinen Impfpass nicht mehr. Was soll ich tun? " Hier hört man nur Gutes: Über verständnisvolle Arzthelferinnen etwa, die freundlich und geduldig erklären, dass ein vermisstes Impfbuch kein Problem ist - und sich am Abend eines anstrengenden Corona-Kampftags nach endlosen Te-lefonaten vermutlich Eisbeutel auf die Ohren legen müssen.

Viele unordentliche Mitbürger wissen jetzt: Jeder Arzt hat Ersatzformulare zur Dokumentation der durchgeführten Impfungen, die in zehn Sekunden ausgefüllt sind. Man kann sie auch aus dem Netz laden.

Bald gibt es den digitalen Impfpass für das Handy. Dann kommen die nächsten Nervensägen daher: "Sorry, wissen Sie, wo ich diese App finde? "

sic

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