Weichenstellung für den Job

Quereinsteiger Alexander Schmidtner aus Gaimersheim schult bei Agilis zum Lokführer um

28.11.2021 | Stand 23.09.2023, 22:01 Uhr
Probesitzen am Ingolstädter Hauptbahnhof: Alexander Schmidtner aus Gaimersheim schult zum Lokführer um. −Foto: Richter

Ingolstadt - Nein, er hat nicht schon als Kind davon geträumt.

 

Mit diesem Klischee räumt Alexander Schmidtner gleich zu Beginn auf, als er über seinen neuen Beruf spricht: Lokführer! Noch hat der 47 Jahre alte Gaimersheimer nicht alle Hürden genommen, um auch tatsächlich einen Zug fahren zu dürfen, aber er hat die Weichen dafür richtig gestellt. Denn Schmidtner schult gerade um, nach kurzer Zeit der Arbeitslosigkeit steht für ihn fest: Die Bahn hat Zukunft, allgemein gesehen und für ihn ganz persönlich. Seit Anfang November absolviert er bei Agilis zusammen mit neun weiteren Männern und zwei Frauen eine Ausbildung als Triebfahrzeugführer, wie sich das offiziell nennt.

Alexander Schmidtner war lange im Modellbau tätig, bis er im Februar seine Stelle verlor. "Natürlich überlegt man sich, was man künftig tun möchte", erzählt der gelernte Kunststoffschlosser. "Da ist mir ein Zug durch den Kopf gefahren", sagt er und lacht. Die Bahn sei selbst während der Corona-Krise weitergefahren, sie werde Tag für Tag gebraucht. Warum nicht umschulen und Lokführer werden? Also bewarb sich der 47-Jährige im Mai bei der Regensburger Eisenbahngesellschaft Agilis, die etliche Linien in der Region und darüber hinaus betreibt. Und Schmidtner erhielt eine Zusage. Mit dem ersten Tag bekam er einen festen Vertrag und ein stattliches Gehalt von 2450 Euro sowie die Gewissheit, nach bestandener Prüfung übernommen zu werden.

Geschenkt wird ihm und den anderen in der Ausbildungsgruppe im Alter von 20 bis 50 Jahren freilich nichts. Jetzt heißt es erst einmal neun bis zehn Monate büffeln, um den Beruf ordentlich zu erlernen. Der Unterricht findet in Ingolstadt statt, Agilis achtet nach eigenem Bekunden darauf, das Personal heimatnah einzusetzen. "Das gilt vom ersten Tag an", versichert Ausbildungsleiter Matthias Mader. Denn im eigenen Bett schlafe es sich am besten. "So lassen sich Arbeits- und Privatleben leicht vereinen. "

Alexander Schmidtner hat bisher keinen Tag bereut, es macht ihm Spaß. "Aber es ist sehr fordernd, da heißt es lernen, lernen, lernen. Man muss auch daheim was dafür tun und voll dahinterstehen, sonst ist das nichts. " Acht Unterrichtsstunden stehen jeden Wochentag ab 8.30 Uhr an, anfangs bestimmt natürlich Theorie das Geschehen: Dinge wie Fahrzeugtechnik, Signalkunde, aber auch die geschichtlichen Aspekte des Eisenbahnwesens. Der Gaimersheimer hat eines schon intus: "Der da vorne im Führerstand muss hellwach und immer auf der Höhe sein. "

Der 47-Jährige hatte zwar zwischenzeitlich wieder ein Stellenangebot als Modellbauer erhalten, lehnte jedoch ab. Lokführer zu werden, das ist sein erklärtes Ziel. Seine Partnerin zieht ihn daheim manchmal auf, weil er mit Leib und Seele bei der Sache ist. Aber schreckt ihn der künftige Dienst in der Nacht oder am Wochenende nicht ab? "Nein, gar nicht. Bei Agilis kriege ich meinen Schichtplan fürs nächste halbe Jahr im voraus, da lässt sich alles planen", sagt er. Natürlich hat er sich auch Gedanken darüber gemacht, dass sich mal einer vor den Zug werfen könnte, wenn er vorne drinsitzt. "Ich weiß, dass so etwas nicht ausgeschlossen ist, ein tödlicher Unfall kann einem aber auch im Auto passieren. Das Unternehmen hat einen Notdienst und steht hinter mir, wenn es tatsächlich vorkommt. "

Nach etwa vier Monaten darf Schmidtner erstmals selbst in den Führerstand und Fahrgäste transportieren, unter Aufsicht eines Ausbilders natürlich. Darauf freut er sich schon. Und darauf, wenn er hoffentlich ab Herbst 2022 voll in seinem neuen Beruf steht. Denn "das ist wirklich eine sehr sinnvolle Aufgabe", findet er.

Agilis startet bis März zwei weitere Ausbildungen zum Lokführer. Auch andere Eisenbahngesellschaften suchen händeringend nach Interessenten, die Deutsche Bahn wirbt ebenso um Neu- und Quereinsteiger wie die übrigen Unternehmen. Die Angebote im Internet sind voller Suchmeldungen. Um offene Stellen zu besetzen, locken viele mit übertariflichen Leistungen, Gutscheinkarten, Zuschüssen und Boni.

DK

Horst Richter

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