Bach im Zauber der Polyphonie

Eine Fugen-Meditation

Das Gambenconsort Phantasm interpretierte Bachs Werke in Notre Dame du Sacré Cœur ungewohnt und großartig

14.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:08 Uhr

Das Ensemble Phantasm: Emilia Benjamin, Jonathan Manson, Laurence Dreyfus, Heidi Gröger und Markku Luolajan-Mikkola. Foto: Klenk

Was bedeutet Qualität in der Musik? Über diese Frage konnte man hervorragend nachdenken beim Konzert des Gambenconsorts Phantasm in der ehemaligen Klosterkirche Notre Dame. Denn schon, als die Musiker zum dreistimmigen Ricercar aus Bachs „Musikalischem Opfer“ ansetzten und das bekannte Thema ausdrucksvoll interpretiert ins hohe Barockgewölbe aufstieg, horchte man auf. Bachs kontrapunktische Werke gelten manchmal als Technik-Angeberei – sowohl für die kompositorische Leistung als auch für die Fähigkeiten der Interpreten. Dass die „Clavierübungen“ oder Präludien und Fugen aus dem „wohltemperierten Clavier“ aber auch anders klingen können, nämlich eher nach Einkehr, Poesie und Erhabenheit, konnte man an diesem Samstagabend erleben.

Das Konzept des Konzerts war ungewöhnlich, weil es Werke, die man eigentlich auf Cembalo, Orgel und Klavier erwartet, mit einem Streicherensemble umsetzte. Und dann sind die historischen Gamben – sie stammen z.B. aus dem 17. Jahrhundert – wirklich keine Standard-Streicher. Wie schwierig diese Darmsaiten-Instrumente in der Intonation sind, zeigte das häufige Nachstimmen. Umso erstaunlicher war, dass das Ensemble unter der Leitung des amerikanischen Gambisten Laurence Dreyfus rein, klar und oft wie ein einziger Klangkörper wirkte – zum Beispiel im ergreifenden fünfstimmigen Präludium Nr. 22 aus dem ersten Band des wohltemperierten Klaviers. Man sagt der Gambe nach, dass sie durch ihre Nähe zu den Frequenzen der menschlichen Stimme besonders die Emotionen anspricht. Bachs einzigartige kompositorische Qualität, seine Art, die Stimmen zu führen und der erhabene Ausdruck seiner Musik – all das arbeitet das Gambenensemble Phantasm exquisit heraus. Die Fugen, in denen das gleiche Thema durch unterschiedliche Stimmen gejagt wird, sich verändert und kompliziert mit den anderen Stimmen verwebt, konnte man hier sorgfältigst ausgearbeitet hören. Das ist musikalische Qualität.

DK

URL: https://www.donaukurier.de/lokales/landkreis-eichstaett/eine-fugen-meditation-11177798
© 2024 Donaukurier.de