Schanzer Absturz in Liga 3

Kommentar: FCI läuft sehenden Auges in den Abgrund

29.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:18 Uhr

FCI-Trainer Guerino Capretti. Foto: Imago Images

Den FC Bayern und den FC Ingolstadt nehmen viele nur noch selten freiwillig in einem Satz in den Mund. Dabei ist es erst sechs Jahre her, da traten der Rekordmeister und der Emporkömmling von der Schanz regulär in einem Bundesliga-Spiel gegeneinander an: am 11. Februar 2017 im Sportpark (0:2) – das letzte Treffen. Sechs Jahre später wird über die beiden oberbayerischen Klubs heiß diskutiert. Weil über die Münchner natürlich immer geredet wird, aber dieses Mal intensiv wegen des Trainers – wie beim FCI.



Der große FCB hat Coach Julian Nagelsmann trotz der völlig intakten Chancen auf das Triple vor die Tür gesetzt. Die Schanzer halten derweil störrisch an ihrem Übungsleiter Guerino Capretti fest, trotz fünf teils erschütternden Pleiten in Serie, nur vier Pünktchen aus neun Spielen, dem Absturz von Platz 4 zur Winterpause auf Platz 13 – und wir sprechen längst nicht mehr von der Bundesliga. Die Ingolstädter taumeln in der 3. Liga ungebremst der Regionalliga entgegen. Und die Klubführung schaut letztlich tatenlos zu. Angst und bange muss einem um den Profifußball in Ingolstadt werden, den Audi sich weiterhin viel Geld kosten lässt.
Die braven Schanzer Anhänger üben sich in öffentlichem Liebesentzug in der Fankurve und gehen vielleicht bald ganz auf die Barrikaden. Diese Art Aufwallung sucht in der noch jungen Geschichte dieses Vereins ihresgleichen. Und doch ist sie absolut verständlich und berechtigt. Nie haben langjährige Beobachter den Klub derart führungslos und handlungsunfähig erleben müssen: sich selbst eingeschnürt durch katastrophale Personalentscheidungen.
Den armen Rino Capretti trifft dabei noch fast am wenigsten Schuld. Das war für ihn ein Himmelfahrtskommando mit Ansage. Alle Vorzeichen deuteten von Anfang an nur in eine Richtung: genau einen unerfahrenen Trainer wie Capretti nicht als vermeintlichen Retter zu nehmen. Wie der SC Verl und Dynamo Dresden unter seiner Führung sind die Ingolstädter in der schwierigen Phase wie im freien Fall, ist der fast zu bemitleidende Capretti schlicht überfordert. Teure Nationalspieler winken inzwischen lustlos nur noch ab, einstige Torjäger versieben irre Chancen. Rückschlag folgt auf Rückschlag. Alles schreit – wortwörtlich – danach, den ratlosen Trainer zu erlösen und die Abwärtsspirale zumindest irgendwie brechen zu können.
Aber ohne Sportdirektor kein neuer Coach? Ist das die einfache und fatale Logik im Klub? Will sich die Vereinsführung offenbar hinter der nächsten Personalie verstecken? So sieht die unmittelbare Zukunft beim Drittliga-Finanzkrösus tatsächlich aus. Und das ist erschütternd.
Die passenden Worthülsen für die nächsten Durchhalteparolen können schon mal aus der Schanzer Schublade gekramt werden. Auch die für die mutmaßlich nächste Schlappe. Am Montag kommt der TSV 1860 München mit bestimmt gehörig Wut im Bauch und hat Heimspiel im Sportpark. Und in Ingolstadt herrscht weiterhin das Motto: sehenden Auges in den Abgrund.

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