Vorhang auf im Kaufhof?

Infoveranstaltung zum Standort für das neue Kleine Haus in Ingolstadt

17.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:50 Uhr

Theater in der Innenstadt: Das leerstehende frühere Kaufhof-Gebäude ist nur eine von insgesamt drei Optionen für das neue Kleine Haus. Die Bürger könnten sich mit dieser Lösung offenbar anfreunden. Foto: Brandl

Die Aussicht erscheint für einige zu verlockend: Dort, wo vor bis gut zwei Jahren der Kaufhof maßgeblicher Anlaufpunkt in der Fußgängerzone war, könnte möglicherweise der Impuls dazu erfolgen, dass der seit Jahren schwächelnden Innenstadt wieder zu neuer Attraktivität verholfen wird.



Der Stadtrat müsste die Voraussetzungen dafür schaffen, das Gebäude in der Ludwigstraße kaufen und es zum neuen Kleinen Haus umbauen – dem Ersatzspielort für das Stadttheater, das dringend saniert werden muss.

Der Kaufhof sei ein „großer Hebel, um die Innenstadt wieder in Bewegung zu bringen“, fand ein Bürger in der Informationsveranstaltung zu den drei bevorzugten Standorten für die Spielstätte, die am Donnerstagabend – anschließend an die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses, der sich mit dem Thema ebenfalls befasste – im Rudolf-Koller-Saal stattfand. Dabei würde auch die große Nähe zum Stadttheater und zum neuen Quartier G eine entscheidende Rolle spielen. Seine Vision: Eine Flaniermeile, an der die Geschäfte bis spät in den Abend geöffnet haben. Der Herr war nur einer von vielen, die sich in dem jetzt leerstehenden Gebäude – es befindet sich allerdings in Privatbesitz – ein Theater vorstellen können.

Viele Sachfragen sind noch ungeklärt

Kulturreferent Gabriel Engert hat während der Diskussionsrunde mit den Zuhörern eigener Aussage zufolge genau mitnotiert, als diese nach der Präsentation der Standorte ihre Meinungen äußerten. Das Ergebnis: „Ein klares Übergewicht für den Kaufhof“, sagte er. Vielleicht hätte er diese Information nicht sofort öffentlich gemacht, wäre ein Herr aus dem Publikum gegen Ende des Abends nicht auf die Idee gekommen, alle rund 100 Anwesenden per Handzeichen darüber abstimmen zu lassen, welchen Standort sie präferieren. So weit wollte es Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll (CSU) aber nicht kommen lassen. Noch seien zu viele Sachfragen zu den einzelnen Standorten Turm Baur, Neubau am alten Hallenbad und Kaufhof-Gebäude ungeklärt, wie sie sagte. Ein voreiliges Votum könnte daher das Bild verzerren. Beim Kaufhof ist demnach unter anderem noch unklar, ob in dem Gebäude auch Läden, Büros und Wohnungen entstehen sollen. Weiter geht es um die Frage, ob über dem Erdgeschoss ein neues Geschoss eingezogen wird. Nicht alle sahen im Kaufhof die Initialzündung für eine Innenstadtbelebung. Die Theatervorstellungen beginnen zwischen 19 und 20 Uhr. Die Läden machten aber um 20 Uhr zu. „Daran wird sich wahrscheinlich nichts ändern“, sagte ein Besucher. Die erforderliche Sanierung des Turm Baur sei zu aufwändig, der Kauf des Kaufhofs zu teuer, so seine Einschätzung. Er finde deshalb den Standort Hallenbad optimal. Der könne auch problemlos mit Material beliefert werden. Das funktioniere auch an den anderen Orten, wandte Engert ein. Der Kaufhof verfüge über eine Lieferzone am Rückgebäude. Ein anderer Herr wollte der Argumentation seines Vorredners ebenfalls nicht ohne Weiteres folgen. Schon jetzt sei tagsüber beim Stadttheater nicht viel los. Eine zusätzliche Belebung in der Ludwigstraße könne er sich deshalb höchstens für die Gastronomie vorstellen. Der Turm Baur hingegen werde seit Jahrzehnten bespielt, und die Zuschauer kämen dorthin. Ob sie anschließend aber in der Innenstadt blieben, um auszugehen, daran zweifelte eine Frau.

Auf die Frage einer Zuhörerin, was der Kauf des Kaufhof-Gebäudes kosten würde, wollte Stadtbaurätin Ulrike Wittmann-Brand keine konkrete Antwort geben. Das sei auch abhängig vom Verhandlungsgeschick der Verwaltung, sagte sie, ohne irgendeine Schätzung zu äußern. Fürsprecher fand der Kaufhof auch aus den Reihen der Innenstadtfreunde und der Freunde des Theaters. Beerdige man den Kaufhof, müsse man sich im Klaren darüber sein, dass ein jahrelanger Leerstand drohe, sagte Oliver Munz von den Innenstadtfreunden.

Potenzial des Kaufhofs nutzen

Vom jetzigen Eigentümer geht demnach kein Signal für eine schnelle Entwicklung des Areals aus. Zudem müsse man sich damit anfreunden, dass Handelsfläche nicht mehr das Allheilmittel für ein Zentrum seien. Dafür gab es Beifall. Das Potenzial des Kaufhofs unbedingt zu nutzen, darauf bestand auch ein Sprecher der Theaterfreunde. Das bringe der Altstadt einen „Supergewinn“ für die nächsten Jahrzehnte, sagte er. Ein Ingolstädter aus Vohburg befürchtete allerdings, dass sich eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben bilden könnte und so ein vorläufiger Stillstand drohe.

Auf die Frage, was im Falle einer Entscheidung für den Turm Baur aus dem Freilichtkino und dem Freilichttheater würde, antwortete Engert, er könne sich diese Formate künftig im Reduit Tilly vorstellen. Für die städtische Musikschule, die sich im Turm befindet, gebe es aber noch keine Lösung, jedoch zwei Ideen.

Deneke-Stoll versicherte in ihrem Schlusswort, dass alle Denkanstöße geprüft würden. „Wir stehen am Anfang eines spannenden Prozesses“, sagte sie. Eine Entscheidung ist für das dritte Kalenderquartal geplant.

Kaufhof gut, Turm Baur auch



Wenige Stunden vor der Bürgerbeteiligung hatte sich der Stadtentwicklungsausschuss am Donnerstag mit dem neuen Kleinen Haus beschäftigt. Hans Achhammer (CSU) sprach sich dafür aus, die drei Optionen gleich zu behandeln. Bei anderen Stadträten dagegen gibt es offensichtlich Präferenzen. Ein Neubau an der Stelle des früheren Hallenbads spielt dabei kaum eine Rolle – höchstens als Plan B, wenn Kaufhof oder Turm Baur nicht realisierbar sein sollten. Barbara Leininger (Grüne) könnte sich rund um den Turm Baur durchaus ein Kultur-Areal vorstellen, der Kaufhof wäre ihr dennoch lieber, weil man dort den „Puls der Stadt“ fühlen könnte. Manfred Schuhmann (SPD) sieht das Kleine Haus eher im Turm Baur. Markus Meyer (JU) sprach sich für die FDP/JU-Ausschussgemeinschaft für die Innenstadtvariante aus, Hans Stachel (FW) könnte sich beide Optionen gut vorstellen. Für Ulrich Bannert (AfD) dagegen ist der Kaufhof-Standort der Favorit, Raimund Köstler (ÖDP) sprach sich für den Turm Baur aus, auch wenn der „Kaufhof nicht falsch“ sei. Jakob Schäuble (FDP) präferiert ebenfalls den Kaufhof, um die Innenstadt zu beleben. Matthias Schickel (CSU) sieht dagegen im Turm Baur ein künftiges „Theater-Juwel“. Die weitere Untersuchung sollte – mit Blick auf die beiden Standorte – ergebnisoffen geführt werden, so Schickel. „Mit dem Sicherheitsgurt ,Hallenbad’.“ Die Standorte Turm Baur und Kaufhof sollen nun bis zur „Entscheidungsreife“ weiterentwickelt werden. Im dritten Quartal sollen die Ergebnisse vorliegen.

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