Theatervorschau

Wo Wissenschaft auf Theater trifft

Reihe „Science & Theatre“ präsentiert neue Stücke in szenischen Lesungen

23.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:51 Uhr

Flankierend zur Uraufführung „Frankensteins Braut“ präsentiert das Stadttheater Ingolstadt Stücke, die in einer nicht allzu fernen Zukunft spielen – als Lesungen im Studio. Foto: Busching/Stadttheater

Von Anja Witzke

Ingolstadt – „Science & Theatre“ heißt eine neue Reihe des Stadttheaters Ingolstadt, die als eine Art Begleitprogramm zur Produktion „Frankensteins Braut“ gelten kann. Den Titel hat man dabei von dem Festival „Science & Theatre“ in Heilbronn übernommen, das das dortige Theater gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum „experimenta“ mit dem Ziel veranstaltet, die Schnittstellen von Wissenschaft und Theater zu erforschen und ungewöhnliche Bühnenformate zu präsentieren. Wichtiger Bestandteil ist dabei ein Autorenwettbewerb, dessen Sieger die Uraufführung des Stücks winkt.

„Ähnlich wie in ,Frankensteins Braut‘ geht es um die Verantwortung des Menschen und der Wissenschaft in ethischen Fragen“, meint Dramaturg Kolja Buhlmann, der die Reihe in Ingolstadt organisiert – und die Stücke im Studio auch einrichten wird. „Bei diesem Wettbewerb gibt es wahnsinnig gute Stücke. Und die meisten haben relativ kleine Besetzungen. Natürlich hätten wir Lust, alle zu zeigen. Eins davon, ,Schwarze Schwäne‘ von Christina Kettering, war auch tatsächlich schon beim letzten Futurologischen Kongress als Szenische Lesung zu erleben.“ Aber der Spielplan ist voll. Geplant ist deshalb eine Lesung pro Monat. Die vorgestellten Stücke setzen sich mit Themen wie Künstliche Intelligenz, virtuelle Realität und Chancen und Grenzen von Wissenschaft auseinander.

Die erste Lesung der Reihe „Science and Theatre“ findet am 3. Februar um 20 Uhr mit Renate Knollmann und Jan Gebauer im Studio statt. Dann erlebt man Auszüge aus Heiko Buhrs Stück „Das Glückskind“, in dem er zeigt, wie fragil ethische Grenzen angesichts einer persönlichen Tragödie sind. Denn SIE und ER wünschen sich schon lange ein Kind. Das gestaltet sich allerdings schwieriger als erwartet. Als dann das „Glückskind“ mit einem Herzfehler geboren wird, sind die Eltern mit der Frage konfrontiert, wie weit sie sich der Wissenschaft ausliefern wollen oder dürfen.

„Das Format ähnelt insgesamt einer Leseprobe“, erklärt Kolja Buhlmann. Die Schauspieler sitzen im Studio an einem Tisch, lesen den Text ihrer Figuren und notwendige Regieanweisungen. Manche Sachen werden vorproduziert und dann eingespielt. „Wenn man die Augen schließt, funktioniert das wie ein Hörspiel“, meint der Dramaturg.

Mit einer Lesung aus „Human App“ von Ian De Toffoli wird die Reihe am 31. März fortgesetzt. In dem Stück diskutieren vier Wissenschaftler einer Expertengruppe über die Folgen des immer größer werdenden Einflusses neuer Technologien, besonders der künstlichen Intelligenz, auf den Alltag. Ein Fallbeispiel soll die Problematik im Umgang mit KI verdeutlichen: Ein selbstfahrendes Auto mit eingebauter KI überfährt auf einer schlecht beleuchteten Straße eine Radfahrerin. Später passiert etwas Überraschendes: Obwohl die KI gemäß ihrer Vorgaben gehandelt hat, kommen ihr Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung und sie beginnt, ihren Schöpfern unbequeme Fragen zu stellen.

In Philipp Löhles Stück „Die Mitwisser“ hat sich Protagonist Theo einen „Kwant“ besorgt, einen neuen, virtuell und körperlich präsenten ständigen Begleiter. „Hier wird das ungreifbare Internet quasi personifiziert“, sagt Buhlmann. Denn: Kwant speichert Glass‘ Leben in Datenform, steuert sein Konsumverhalten neu aus und verdrängt ihn schließlich aus Ehe und Beruf.

Geplant ist zudem eine Lesung aus Soeren Voimas Stück „Der Test“ nach einer Erzählung von Stanislaw Lem. Während eines Raumfluges zum Saturn soll der Kommandant die Eignung seiner Besatzung beurteilen, die sich zum Teil aus Menschen, zum Teil aus perfekten Androiden mit Herz-Imitat und Ersatz-Ethik zusammensetzt. Jedes Besatzungsmitglied kennt allerdings nur seine eigene Identität. Wie also soll man die Menschen von der KI unterscheiden? Für diese beiden Lesungen gibt es noch keine Termine.

DK


Die Reihe „Science & Theatre“ findet im Studio im Herzogskasten statt. Karten gibt es an der Theaterkasse, Telefon (0841) 30547200.

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