Vegan und maritim

Schmeckt nach Meer, ist aber kein Fisch

15.03.2023 | Stand 15.03.2023, 14:26 Uhr

Palmenherzen - Als Fischersatz für die «Hummrige Tagliatelle» dienen Palmenherzen. - Foto: Matthias Hoffmann/Becker Joest Volk Verlag/dpa-tmn

Krosser Backfisch oder Thunfischsalat - das ist nichts für Veganer? Falsch, denn mit den richtigen Zutaten lassen sich tolle Alternativen zaubern. Schmeckt nach Fisch, ist aber garantiert grätenlos.

Alexander Flohr ist als gebürtiger Rostocker mit Fisch auf dem Teller aufgewachsen. Als er Veganer wurde, waren Kabeljau und Co. erst mal tabu. Bis der Kochbuchautor und Youtuber anfing, mit Zutaten zu experimentieren.

«Ich bin drauf gekommen, dass Fisch ja nach Algen schmeckt, weil er sich davon ernährt», sagt Flohr. Und wenn Algen den typischen Fischgeschmack bringen, können sie das in veganen Gerichten auch. Fehlt aber noch was: «Was hat Struktur, Konsistenz, Seidigkeit und Optik wie Fisch?», fragte sich Flohr. «Dann habe ich eingekauft: Weißen Rettich, verschiedene Pilze, Jackfrucht, und und und.»

Der Rettich ist dem Backfisch erstaunlich ähnlich

Herausgekommen sind etliche Rezepte. Zum Beispiel Backfisch aus weißem Rettich. «Es ist eine erstaunliche Ähnlichkeit», sagt Flohr. «Richtig zubereitet hat er eine glasige Konsistenz wie Fisch. Eine Alge drumherum, Bratfischgewürz, eine Panade und das Ganze in einem Brötchen mit veganer Remouladensoße - das ist, als ob ich in einen Backfisch beiße.»

Algen gibt es laut Flohr in Asia- und Bio-Läden sowie online. Die anderen Zutaten lassen sich zum Teil sogar im Supermarkt kaufen: Aubergine, Jackfrucht, Pilze, Artischockenherzen oder auch Alleskönner Tofu. «Den kann ich marinieren, pürieren, frittieren, braten», sagt der Koch. «Ein guter Tofu aus dem Asia-Laden hat eine seidige, weiße, glatte Konsistenz und eignet sich hervorragend für Fischalternativen.»

Algen als Geschmacksgeber haben zudem den Vorteil, dass sie Jod liefern, genau wie der echte Fisch. Dennoch sollte man je nach Algen-Produkt die Jodmenge im Blick haben, sagt Jana Fischer von der Verbraucherzentrale Hamburg. «Auf einigen, vor allem konzentrierten Produkten steht drauf, wie viel Jod enthalten ist.» Beispiel Algenflocken: Pro Tag sollte man je nach Sorte höchstens ein bis zwei Esslöffel davon nehmen, so Fischer.

Was die Fischalternativen nicht liefern, sind die gesunden Omega-3-Fettsäuren von echtem Fisch. Die Ernährungsexpertin empfiehlt daher, vor allem in der veganen und vegetarischen Küche zu Raps- oder Leinöl zu greifen. «Die haben eine recht gute Fettzusammensetzung. Auch bei Fertigprodukten kann man entsprechend darauf achten, was für Öl enthalten ist.»

Algen geben marinierten Karotten Lachsgeschmack

Der Fischersatzklassiker ist für Fischer Karottenlachs. Dafür werden Karotten sehr dünn geschnitten und mariniert. «Reißen Sie Nori-Algen sehr klein oder mahlen sie mit dem Mixer zu Flocken», sagt sie. «In der Marinade geben sie den fischigen Geschmack an die Karotten ab. Karottenlachs auf einem Brötchen mit Meerrettichsoße serviert, ist eine leckere Fischalternative.»

Eins der Lieblingsrezepte von Alexander Flohr sind «Hummrige Tagliatelle». Als Fischersatz dienen Palmherzen. «Wenn ich in die roh reinbeiße, ist das wie Spargel. Daher muss ich sie erstmal in Margarine anschwitzen und in Zitronensaft säuern», erklärt der Kochbuchautor. «Dann habe ich nachher ein weißes, zartes Fleisch, das schmeckt und aussieht wie Hummer.»

Palmherzen spielen Hummer, Sojaschnetzel Thunfisch

Kombiniert werden die Palmherzen mit Butternut-Kürbis und Frühlingszwiebeln, gewürzt unter anderem mit Senf, Ketchup, Weißwein, Weinbrand und natürlich Algen, hier in Form von Dulseflocken.

Und auch beim Grundrezept für Thunfisch muss vorgearbeitet werden: Flohr braucht für 375 Gramm Thunfischalternative 150 Gramm Sojaschnetzel.

«Den starken Eigengeschmack bekomme ich ganz einfach heraus, indem ich die Sojaschnetzel, nachdem ich sie zehn Minuten in einem Liter kochendem Wasser eingeweicht habe, mit richtig viel kaltem Wasser abspüle», erklärt der Autor. Dann die Schnetzel kräftig ausdrücken und sehr fein schneiden oder hacken, bis feine Fasern entstehen.

In einer Schüssel mit einem halben Teelöffel Salz, einem Esslöffel Noriflocken, drei Esslöffeln Olivenöl, einem halben Teelöffel Knoblauch- und einem Teelöffel Zwiebelpulver sowie einer Prise Pfeffer und dem Saft einer Viertelzitrone vermischen. Die Masse fest in die Schüssel pressen und abgedeckt eine Viertelstunde ziehen lassen - fertig.

«Daraus kann ich Buletten machen oder einfach nur den Thunfisch aufs Brot geben mit schön Zwiebeln und Pfeffer», sagt Alexander Flohr. «Es ist der Hammer, wie nah das dem Original kommt!»

Es geht aber nicht um Eins-zu-eins-Kopien

Letztlich dürfen die maritim-veganen Gerichte aber auch eine eigene Note haben. «Es geht ja nicht darum, eins zu eins ein Produkt zu kopieren, sondern mal was anderes Leckeres auf dem Teller zu haben - auch als Nichtveganer», sagt Jana Fischer von der Verbraucherzentrale.

Und Alexander Flohr vergleicht vegane Fischgerichte gerne mit einem Elektroauto. «Wenn ich mich reinsetze, könnten mir Dinge fehlen wie zum Beispiel das Geräusch von einem Motor oder das Vibrieren von Zylindern.» Aber ein Elektroporsche könne heutzutage genauso dreihundert Stundenkilometer fahren wie ein Benziner. «So sehe ich es auch mit Fischalternativen - na klar ist es nicht eins zu eins wie Fisch, aber eine Mega-Alternative.»

Service:

Alexander Flohr: «Vegan Ocean», Becker Joest Volk Verlag, Hilden 2022, 160 Seiten, 32,00 EUR (D), 32,90 EUR (A), ISBN-13: 978-3-95453-272-8.

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