Landkreis Roth

100 Gramm Kokain in Unterhose und BH: Jahrelange Haftstrafen für Dealer-Paar aus dem Landkreis Roth

05.01.2023 | Stand 17.09.2023, 6:11 Uhr

In Fußfesseln betritt die 31-jährige Angeklagte am Mittwoch den Gerichtssaal. Foto: Pelke

Von Nikolas Pelke

Roth/Nürnberg – Eine junge Familie aus dem Landkreis Roth hat mit Kokain aus Holland das schnelle Geld machen wollen. Jetzt wurde der 22-jährige Vater vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Haftstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt und die 31-jährige Mutter zu zwei Jahren und vier Monaten.

Während die Mutter am Mittwochmorgen mit Fußfesseln den Gerichtssaal betrat, weinte das Baby der Frau auf dem Arm einer Angehörigen in den Zuschauerreihen. Die angeklagte Mutter dürfe ihr Kind im Saal leider nicht in Händen halten, sagte der Richter mit durchaus bewegter Miene. In der Reihe vor der Mutter saß auch der Vater auf der Anklagebank. Gemeinsam war das Pärchen laut Anklageschrift auf die schlechte Idee gekommen, mit Kokain das schnelle Geld machen zu wollen.

Im Frühjahr 2022 ging das angeklagte Dealer-Paar der Polizei bei einer gezielten Kontrolle auf der Autobahn ins Netz. In der Unterhose des Mannes wurden rund 50 Gramm Kokain gefunden, im Büstenhalter der Frau ebenfalls ein Päckchen mit rund 50 Gramm Kokain. Im Prozess versuchte der 22-Jährige, die Schuld komplett auf sich zu nehmen.

Ganz alleine habe er die fatale Entscheidung getroffen, mit dem Auto nach Holland zu fahren, um dort das Rauschgift zu kaufen. Ursprünglich habe er sich auch alleine ins Auto setzen wollen. Nach einem Streit habe das Paar in letzter Minute entschieden, sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Seiner Lebensgefährtin habe er allerdings erzählt, so die Erklärung des Mannes, dass man in den Niederlanden lediglich einen Gebrauchtwagen anschauen wolle. Von dem geplanten Drogenkauf soll die Mutter bis kurz vor der Verhaftung nichts gewusst haben. Erst als plötzlich die Stopp-Leuchten einer Polizeistreife auf der Autobahn bei Würzburg blinkten, habe er eigenen Worten zufolge der Mutter des gemeinsamen Kindes die Wahrheit gesagt und ihr eines der beiden Kokain-Pakete zum Verstecken gegeben.

Ein Polizeibeamter aus Schwabach schilderte im Anschluss detailliert, wie die Sicherheitsbehörden dem Pärchen aus dem Landkreis Roth überhaupt auf die Schliche gekommen waren. Der junge Mann sei demnach im Zuge von Überwachungsmaßnahmen eines „größeren Fisches“ ins Visier geraten. Eine Überprüfung habe ergeben, dass der arbeitslose Angeklagte auch ohne Job regelmäßig hohe Bargeldbeträge auf sein Konto eingezahlt habe. Mit der Überwachung der Mobiltelefone habe die Polizei schließlich in Erfahrung bringen können, dass eine Beschaffungsfahrt nach Holland zum Erwerb von Rauschgift kurz bevorstehe.

Die Handydaten des 22-Jährigen hätten dann an einem Tag im April des vergangenen Jahres tatsächlich angezeigt, dass sich der Angeklagte auf dem Weg nach Holland befindet. Hinter der Grenze sei das Telefon abgeschaltet worden. Zurück in Deutschland hätten die Behörden das Handy der Frau wieder orten können, so der Beamte. Daraufhin hätten die Kollegen von der Würzburger Autobahnpolizei die Verdächtigen kontrollieren und nach dem Drogenfund festnehmen können.

Bei der anschließenden Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung des Pärchens im Landkreis Roth habe die Polizei neben geringen Mengen weiterer Drogen auch noch zwei gefälschte Impfpässe gefunden. Diese habe der Vater in Nürnberg für jeweils 150 Euro – erneut ohne das Wissen der Mutter – besorgt, weil er seiner stillenden Lebensgefährtin die vermeintlich gesundheitsschädigende Corona-Impfung unbedingt ersparen wollte, gab der Mann zuvor zu Protokoll.

Viel mehr hat der Angeklagte zu den Vorwürfen aber nicht sagen wollen. Speziell zu einem geplatzten Kokain-Handel hat sich der Angeklagte am Mittwoch nicht geäußert. Laut Anklageschrift versuchte der 22-Jährige kurz vor der Drogenfahrt nach Holland ein weiteres Kilogramm des Rauschgiftes in Deutschland zu kaufen. Dieses Geschäft sei laut Staatsanwaltschaft nur deshalb nicht über die Bühne gegangen, weil der Angeklagte die vereinbarten 43000 Euro für das weiße Pulver nicht aufbringen konnte.

Der Richter betonte am Mittwoch ausdrücklich, dass die Beweislage nicht nur aufgrund der sichergestellten Drogen, sondern auch aufgrund der abgehörten Telefonate relativ erdrückend sei. Ein „Deal“ zwischen Anklage und Verteidigung nach dem Motto „Gnade gegen Geständnis“ kam kurz nach dem Prozessbeginn hinter verschlossenen Türen trotzdem nicht zustande. Offenbar waren die Vorstellungen über die Höhe des Strafmaßes zu unterschiedlich.

Die Staatsanwaltschaft hätte sich dem Richter zufolge einen Strafrahmen für den angeklagten Vater in Höhe von rund sechs Jahren sowie ein Strafmaß in Höhe von etwa vier Jahren für die Mutter vorstellen können. Am Ende wurde der 22-jährige Vater wegen der Einfuhr und des Handel mit Drogen in geringer Menge zu fünfeinhalb Jahren verurteilt und die 31-jährige Mutter zu zwei Jahren und vier Monaten wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln.

HK



URL: https://www.donaukurier.de/lokales/landkreis-roth/100-gramm-kokain-in-unterhose-und-bh-jahrelange-haftstrafen-fuer-dealer-paar-aus-dem-landkreis-roth-10295242
© 2024 Donaukurier.de