Neuburg
Reise durch den Jazz

Cassablanka begeistern im ausverkauften Birdland

11.12.2022 | Stand 17.09.2023, 21:01 Uhr

Heimspiel für Cassablanka, die Band aus Neuburg. Foto: Leitner

Von Karl Leitner

Neuburg – Manchmal enthält ja das Outfit bereits eine Botschaft. Drei Damen im Abendkleid, sechs Herren mit schwarzem Anzug, weißem Hemd und Fliege. Aha, das wird wohl eher ein seriöser Abend werden. Was sich anschließend beim Konzert von Cassablanka im Neuburger Birdland Jazzclub auch bewahrheitet. Wahr ist aber auch: Es wird überdies auch ein interessanter, musikalisch äußerst beeindruckender Abend mit vielen Überraschungen und der Erkenntnis, dass auch der historische Jazz seine Reize hat, wenn er nur überzeugend dargeboten wird.

Cassablanka, die Band aus Neuburg, die an diesem Abend vor ausverkauftem Haus ein Heimspiel hat, kann man sich auch gut beim Tanztee oder im Kurpavillon vorstellen, diesmal aber steht eine Reise durch die Frühzeit des Jazz auf dem Programm. Vom Ragtime zum Dixie zum Swing zum Bebop. Oder: Von den Marching Bands und den Spelunken der Rotlichtbezirke der Metropolen zu den Ballrooms und zum Broadway und von dort ins Blue Note und ins Birdland – dem in der 44. Straße in New York natürlich. Oder auch: Von King Oliver über Louis Armstrong und Duke Ellington zu Charlie Parker.

Die Band beginnt als Septett mit Klarinette (Alexander Großnick), Saxofon (Nils Liermann), Trompete (Gerhard Hörmann), Posaune (Christian Rehm), Piano (Brigitte Pettmesser), Kontrabass (Renate Hörmann) und Schlagzeug (Florian Herrle) und widmet sich Stücken wie „The Sheik Of Araby“, „Hello Dolly“ und Armstrongs „Washington And Lee Swing“. Nils Niermann moderiert den Abend, und als man sich gerade eingerichtet hat mit den Klängen aus den ganz frühen Tagen des Jazz, wird umgestellt auf einen dreistimmigen Saxofonsatz mit Tenor-, Bariton- und Peter von der Grün am Altsaxofon, und man hat ab sofort eine ganz andere Band vor sich. Die Saxofone geben den Ton an, bestimmen maßgeblich den Sound, treiben an, die Bläserphalanx spielt die professionellen Arrangements absolut auf den Punkt. Es ist schon erstaunlich, welchen Reifungsprozess das Orchester, das jetzt durchaus an eine der legendären Big Bands aus der Goldenen Ära des Jazz erinnert, seit ihrem letzten Konzert an gleicher Stelle durchlaufen hat.

Wobei aber trotzdem weiterhin die Rollenverteilung alter Tage gilt. Farina Mayrshofer kommt als Sängerin nur ab und zu zum Einsatz, die Frontline mit den Bläsern übernimmt alle Soli und die Backline beschäftigt sich ausschließlich mit rhythmischen und begleitenden Aufgaben. Das war seinerzeit häufig so, zudem war Jazz damals ja Tanzmusik. Ja, Cassablanka sind in vielerlei Hinsicht durchaus stilecht, vielleicht mitunter auf charmante Weise absichtlich auch ein klein wenig altmodisch, aber beileibe nicht gestrig.

DK