Furiose Reise furioser Musiker
Bob Ross und das Ensemble Blechschaden begeistern Publikum im Ingolstädter Festsaal

31.05.2023 | Stand 16.09.2023, 7:18 Uhr

Mit so ungewöhnlichen Instrumenten wie Gartenschlauch-Trompeten spielte das Ensemble Blechschaden – Bläser der Münchner Philharmoniker – mit seinem Dirigenten Bob Ross ein furioses Konzert im Ingolstädter Festsaal. Foto: Schaffer

Bereits mit dem Eröffnungsstück „Blechschaden Tradition’s Fanfare“ zeigte das Ensemble Blechschaden unter Leitung von Bob Ross seine unglaubliche Strahlkraft und seine fast 40-jährige Zielsetzung, Werke der Musikgeschichte unterhaltsam und mit jener Könnerschaft darzubieten, wie es Weltklasse-Musiker der Münchner Philharmoniker eben tun. Nur dass es hier zehn Blechbläser und ein Schlagwerker sind, die ein Arrangement aus Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ spielen, begleitet von Trommelwirbel und den Takt mit eigenem Aufstampfen verstärkend.

„Von Barock bis Rock“ heißt das Programm, mit dem Bob Ross und Blechschaden im Festsaal Ingolstadt das Publikum auf einen furiosen Flug durch die Musikgeschichte mitnahmen. Unterbrochen durch Zwischen-Applaus, der durch das Dirigat und die launige Moderation des ehemaligen Hornbläsers der Münchner Philharmoniker Bob Ross befeuert wurde. Befeuert auch, weil nicht nur auf Posaunen, Trompeten, Horn, Tuba und Euphonium (Tenor-Tuba) gespielt wurde. Guiseppe Verdis Triumphmarsch aus „Aida“ hörte sich auf den Gartenschlauch-Trompeten ebenso gut an, wie er auf den eigentlichen Instrumenten geklungen hätte. Ross’ Ankündigung, es werde ein „unglaubliches“ Konzert geben, war schon einmal eingelöst.

Überraschende Arrangements – brillante Solo-Auftritte

Es folgten weitere Überraschungen, schließlich werden Musikstücke mitreißend gespielt, die ursprünglich für klassische Orchesterbesetzungen komponiert und für die Formation eigens neu arrangiert werden. Und dies nicht nur als Ensemble, sondern mit Solo-Auftritten. Bob Ross erzählt, dass Johann Sebastian Bach „nix für die Tuba“ komponiert habe; schon spielt Rinaldo aus Portugal – alle Musiker werden nur mit Vornamen und Herkunftsland vorgestellt – ein Bach’sches Flötensolo auf seiner Tuba und zeigt, wie elegant, schnell, melodisch fein nuanciert dieses Instrument klingen kann. Das allbekannte „Penny Lane“ der Beatles wird zum kraftvollen fünfstimmigen Trompeten-Solo. Der Schlagwerker Michi – der „Local Hero“ aus Pfaffenhofen – interpretiert „Marching the Blues“ von Richard W. Bowles und Harold Gore ganz allein mit allem, was sein Instrumentarium hergibt. Ja, es ist laut. Als Gag setzen sich Tubist Rinaldo und Posaunist Pedro aus Spanien rote Kopfhörer als Schutz auf, um das wahrlich entfesselte Treiben ihres Musikerkollegen etwas zu dämpfen. Derweil wollen die Blechschaden-Fans gar nicht mehr zu applaudieren aufhören und verpassen so beinahe den schnellen Übergang, als der Schlagwerker allein mit seinen Sticks wirbelt. Bob Ross hat für dieses Solo sein Dirigentenpult beiseite geschoben, um den Blick freizugeben. Wie er überhaupt die Musiker in den Mittelpunkt stellt, nicht nur dirigiert und erzählt.

Unterhaltsame Einblicke in das Leben von Orchestermusikern



Auch seine Moderationen stehen im Dienst der Bläser. Schließlich ist das hier Schwerstarbeit. Ross verschafft den Musikern Verschnaufpausen, wenn er sagt, dass es der Städtepartnerschaft Kirkcaldy–Ingolstadt zu verdanken sei, dass er hier ist. Vor 53 Jahren trat er als Mitglied der National Youth Brass Band of Scotland im Festsaal auf und kam danach immer wieder. Auch seine Einblicke in das Miteinander von Orchestern sind nicht nur amüsant, sondern dienen der Pause, und natürlich, wenn er die Stücke vorstellt.

Das älteste an diesem Abend ist das „Canzona septimi toni“ von Guiseppe Gabrieli – 1597 für die Markuskirche in Venedig komponiert. Das spielen die Weltklassemusiker feierlich getragen, den Baumkirchner Jodler lassen sie alpenländisch mäßig krachen und feiern mit „The Sound of Philadelphia-Gamble“ die Disco-Welle der 70er-Jahre. Bachs Toccata d-moll für Orgel erklingt, als spiele die Königin der Instrumente selbst. Der Abend lebt vom fantastischen Kaleidoskop an Musik und der Virtuosität des Ensembles, das nur mit Zugaben die Bühne räumen kann.

Auftritt der Pipe-Formation von Hampara and Friends Ingolstadt

Am Ende gibt es noch eine Überraschung. Die Ingolstädter Hampara and Friends, die als Vorband in den Abend eingestimmt hat, gesellt sich hinzu, darunter drei Dudelsackpfeifer und ein Trommler. Die spielen „Highland Cathedral“ – als Referenz an den Schotten Ross und an Kirkcaldy. Da kann als endgültiger „Rausschmeißer“ nur noch ein Sirtaki helfen, bei dem das Publikum mittanz und dann beseelt heimgeht.