Ingolstadt
Viel Arbeit bis es raucht

Obwohl die EU-Förderung ausgelaufen ist, gibt es in Bayern immer noch Tabak-Anbau. Bei dieser sehr selten anzutreffenden Sonderkultur ist in erster Linie Handarbeit gefragt.

11.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:16 Uhr
Tabakpflanzer Günter Leberer auf dem Feld. −Foto: Schmitt

Das, was Landwirt Günter Leberer anbaut, kann man in der Pfeife rauchen. Und zwar wortwörtlich. Der 58-Jährige aus Roßtal-Raitersaich im südlichen Landkreis Fürth baut Tabak an. Und er ist Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Bayern-Tabak; einer Vereinigung, die es eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Denn ab dem Jahr 2005 wurde die bis dahin großzügige Förderung des Tabakanbaus in der EU sukzessive zurückgefahren.

Damals schien klar, dass der Tabakanbau in Deutschland nicht länger rentabel betrieben werden kann, das Ende war abzusehen. Aber es kam nicht. Zwar schmolz die Zahl der deutschen Tabakbauern deutlich zusammen; doch immerhin 18 Landwirte in Bayern und etwas unter 100 in ganz Deutschland sind dabei geblieben.
Die meisten bayerischen Tabakbauern betreiben ihre Höfe südlich von Nürnberg und damit in einer Region, in der der Tabakanbau in Bayern seinen Anfang nahm. Die aus Amerika in die „Alte Welt“ eingeführte Pflanze wurde ab der Mitte des 17. Jahrhunderts in der Gegend um Schwabach angebaut; in den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich auch die heutigen Landkreise Neuburg/Schrobenhausen und Aichach mit Sandizell, Thierhaupten und Aichach selbst, aber auch Geisenfeld (Kreis Pfaffenhofen) zu Zentren des Tabakanbaus.

Dass diese Tradition nicht ausgestorben ist, liegt sozusagen an der Spezialisierung innerhalb der Spezialisierung: Die bayerischen Tabakbauern konzentrieren sich auf den Anbau des teureren und hochwertigeren Shisha-Tabaks. „Für normalen Zigaretten-Tabak sind die Arbeitslöhne zu teuer, da können wir nicht konkurrieren“, erklärt Günter Leberer: „Deshalb haben wir einen Nischenmarkt besetzt, das ist der für Wasserpfeifen-Tabak. Dieser muss besser sortiert sein und es ist ein ziemlich heller Tabak gefordert, der sich bei der Verarbeitung nicht verfärbt. Dafür ist der bayerische Tabak recht gut geeignet.“ Welche Sorten angebaut werden, hängt natürlich auch von den klimatischen Gegebenheiten ab. Ursprünglich ist die Tabakpflanze in subtropischen Gebieten heimisch, zumeist in Süd- und Mittelamerika, teilweise auch in Nordamerika und Australien. Deshalb erfordern die klimatischen Bedingungen in Bayern bei den Tabakpflanzern ihren Tribut: Tabak ist eine arbeitsintensive Sonderkultur.

Die Pflanzen, die aus winzigen Samen entstehen (weit über 10 000 Samenkörner wiegen nur ein Gramm!), werden in Gewächshäusern in Styroporformen vorgezogen. Im Mai, idealerweise nach den Eisheiligen (wenn keine Nachtfröste mehr drohen) werden sie auf den Äckern ausgepflanzt. Ist der Tabak also eine empfindliche Pflanze? „Ja und nein“, sagt Günter Leberer: „Einerseits ist der Tabak eine robuste Pflanze, ein bisschen was wächst immer. Andererseits fällt die Ernte bei unstetem Wetter eben schlecht aus. Der Tabak mag ausgeglichenes Wetter. Ist es zu heiß, gibt es Trockenschäden, ist es zu regnerisch, gibt es oft Probleme mit dem Blauschimmel.“

Nach rund zwei Monaten, in denen der Tabak ein immenses Wachstum an den Tag legt, wird mit der Ernte gestartet. Das sogenannte Tabakbrechen ist immer noch in erster Linie mühevolle Handarbeit, bei der Saisonarbeitskräfte gefragt sind. Rund 400 Arbeitsstunden fallen pro Hektar an, rechnet Leberer vor, dessen Betrieb rund 30 Hektar umfasst. Nach der Ernte müssen die Blätter auch noch in Öfen oder Scheunen aufwendig getrocknet und in Schachteln zu je 130 Kilogramm verpackt werden. „Wir haben einen sehr hohen Stundenbedarf, und so ist durch den Mindestlohn unsere Gewinnspanne kleiner geworden“, berichtet Leberer. Für Sicherheit sorgt ein Tabakhändler aus Heilbronn, der die gesamte bayerische Ernte aufkauft und weitervertreibt. Rund 4,20 Euro pro Kilogramm erhält der Landwirt im Schnitt für den in drei Klassen eingeteilten Tabak. Günter Leberer jedenfalls ist zufrieden: „Es läuft halbwegs rund bei uns“, resümiert er. Zumindest greift er nicht zum Stressabbau zur Zigarette – Leberer ist Nichtraucher: „Höchstens mal eine Wasserpfeife mit den Jungen, sonst nicht“, sagt er und lächelt.