Ingolstadt/München
„Im Herbst geht der Sturm los“

Wegen des nahenden britischen EU-Ausstiegs schlägt die IHK Alarm und warnt unter anderem vor der Gefahr stillstehender Bänder in der Autobranche

11.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:16 Uhr
Wohin steuert Großbritannien? Mit dieser Frage sollten sich die Unternehmen der Region sehr bald beschäftigen. −Foto: Britta Pedersen (dpa-Zentralbild)

Ingolstadt/München (DK) Der Brexit trifft die Region Ingolstadt aus Sicht der oberbayerischen Industrie- und Handelskammer besonders schwer. „56 Prozent der zwischen Bayern und Großbritannien gehandelten Güter stammen aus dem Fahrzeugbau. Daher ist Ingolstadt natürlich besonders betroffen“, sagte die Leiterin der Ingolstädter IHK-Geschäftsstelle Elke Christian im Interview mit unserer Zeitung. Vor allem die im Automobilbereich übliche Just-in-time-Produktion werde durch das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union schwieriger.

Insbesondere für kleinere Zulieferbetriebe könnte der Brexit zur massiven Herausforderung werden. Während große Firmen genug eigene Ressourcen hätten, um sich mit den vielen komplizierten Fragestellungen und Konsequenzen der europäisch-britischen Scheidung zu beschäftigen, sei das für kleine Unternehmen kaum zu bewerkstelligen, sagte IHK-Europa-Experte Alexander Lau. Durch die komplizierten Verflechtungen im Automotive-Bereich, die über viele Länder hinweggehen, wüssten viele Unternehmen noch nicht einmal, in welchem Umfang sie vom Brexit betroffen sind. Auf die Frage, ob es infolge des Brexits auch zu stillstehenden Bändern in der Automobilfertigung kommen könnte, antwortete Christian: „Das kann man nicht ausschließen.“

Mit Spannung blicken die Kammer und die Firmen auf den EU-Gipfel am 28. und 29. Juni in Brüssel, wo der weitere Fahrplan für das britische EU-Aus abgesteckt werden soll. Noch herrscht bei den Unternehmen in der Region angespannte Ruhe, aber: „Es ist die Ruhe vor dem Sturm und im Herbst geht der Sturm los“, sagte Lau. Denn spätestens dann müssten sich die Betriebe konkret auf die Folgen einstellen.

Die IHK will bis dahin eine Checkliste mit zu beachtenden Themen ausarbeiten und auch Sprechstunden und Seminare zur Vorbereitung anbieten. Entscheidend wird aber sein, wie hart der Brexit letztlich ausfällt – ob es eine Zollunion gibt oder nicht oder ob sogar überhaupt keine Vereinbarung getroffen wird und Großbritannien künftig nur noch durch die Regeln der WTO an die Handelspartner gebunden sein wird. „Die politische Diskussion läuft derzeit immer noch sehr irrational ab, das ist daher nicht auszuschließen“, warnte Lau. Auch auf das Worst-Case-Szenario müssten sich die Betriebe daher einstellen.

Aber nicht nur für die Autobranche ist der Brexit eine Gefahr. Auch bei anderen großen Arbeitgebern aus der Region sieht die IHK „großen Handlungsdruck“.