Wie sollen wir das schaffen?

10.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:16 Uhr
Trockenheit und Schädlinge machen es den Landwirten schwer, gute Erträge zu erwirtschaften. −Foto: Pleul/dpa

Wie sollen wir die 9 Milliarden Menschen, die im Jahr 2040 die Erde bevölkern, ernähren?

Und das, obwohl die Rahmenbedingungen immer härter werden: die Klimaerwärmung mit ihren Wetterextremen, immer kleinere Nutzflächen und neue Schädlinge. Auch die Verwendung der Pflanzen hat sich geändert: Längst werden sie nicht nur als Nahrung gebraucht. Was sagen Landwirte, Züchter und Forscher zu diesen Herausforderungen?

Was sind die Anforderungen an die Pflanzen der Zukunft? "Bevor wir in die Zukunft schauen, müssen wir die Ausgangssituation sehen", sagt Anton Huber, Pflanzenbauexperte des Bayerischen Bauernverbands. "Wir hatten 1960 noch 3 Milliarden, heute haben wir 7,7 Milliarden und 2040 werden wir 9 Milliarden Menschen haben, die ernährt werden wollen. " Dies sei vor allem eine Aufgabe für Europa, denn dort lägen die guten Anbauflächen. Gleichzeitig würden aber die Ackerflächen kleiner werden. Bayern beispielsweise habe seit 1960 circa 840000 Hektar Felder und Wiesen verloren. "Das ist die Fläche von Unterfranken und Schwaben zusammengenommen", so Huber.

Die Pflanzen der Zukunft müssten verschiedene Faktoren erfüllen, die man in zwei Gruppen unterteilen kann: die biotischen und die abiotischen Faktoren. Die abiotischen Faktoren beziehen sich auf den Klimawandel: "In erster Linie müssen die Pflanzen eine hohe Stresstoleranz aufweisen: gegenüber Hitze, Wassermangel oder auch zuviel Wasser", erklärt Christian Augsburger, Geschäftsführer der Bayerischen Pflanzenzucht- und Saatbauverbände in Freising. "Zu den biotischen Faktoren gehören neue Resistenzen - gegen Insekten, Pilze oder Bakterien. " Hinzu kämen die klassischen Zuchtziele wie Qualität und neue Eigenschaften.

Richard Visser, Professor an der Wageningen Universität in den Niederlanden, der die Pflanzenzüchtung erforscht, fasst es so zusammen: "Mehr Ertrag bei weniger Wasser, Düngemitteln und Arbeitsaufwand. Außerdem müssen sie belastbar sein und sich gut in einen biologischen Kreislauf einfügen. "

Welche Pflanzen werden derzeit in Bayern angebaut? "Bei uns ist das wichtigste Getreide der Weizen. Der zum großen Teil in den Lebensmittelbereich geht, aber auch in die Futtermittelbranche. Dann haben wir Mais, Gerste, Roggen, Triticale - die vor allem als Futter verwendet wird - und alle Sorten von Gemüse und Obst", zählt Huber auf. Auch Urgetreide sei ein Trend - das würde gerne angebaut, weil es eine höhere Wertschöpfung habe: "Dazu gehören Dinkel, spezielle Roggenarten - zum Beispiel Waldstaudenroggen, was ein ganz altes Getreide ist. " Neben den unterschiedlichen Sorten gebe es auch unterschiedliche Anbaumethoden: konventionell oder biologisch. "Um mehr Diversität auf dem Acker zu bekommen, kultivieren wir zum Beispiel die Randstreifenblühflächen", so Huber. "Auch das ist eine Art von Landwirtschaft, wenn ich Biodiversität anpflanze. " Natürlich werden auch jetzt schon Pflanzen angebaut, die nicht aus Europa, sondern aus anderen Teilen der Welt stammen: "Kartoffeln aus Südamerika, Weizen aus dem Iran, Kohl aus China und Italien, Reis aus Asien, Melonen aus Mittelamerika, Mais aus Mexico etc. ", zählt Visser auf.

Ist es einfacher, alte Sorten anzubauen? Nein. Sie würden zwar eine neue Vielfalt in die Ernährung bringen, der Anbau ist aber deutlich schwieriger: "Wir haben ja einen Zuchtfortschritt. Das heißt, die modernen Sorten sind resistenter gegen Krankheiten, bringen höhere Erträge, halten schlechtere Witterung aus. Aber bei den alten Sorten haben wie diesen Fortschritt noch nicht. Da muss man sich noch drum kümmern", sagt Huber. Momentan sei es auch noch recht schwierig, Soja anzubauen. "Aber da werden wir ähnliche Entwicklungen bekommen wie beim Mais. Der Mais wuchs früher auch nur in den warmen Gegenden am Rhein und ist mittlerweile überall im Anbau. Und so wird es mit Soja auch passieren können. "

Was verändert sich noch beim Anbau? Der Pflanzenbauexperte Anton Huber setzt große Hoffnung in die Digitalisierung: "Damit können wir von der Teilflächenbetrachtung zur Einzelpflanzenbetrachtung kommen. Damit wir nicht mehr die ganze Fläche behandeln müssen, sondern kranke Pflanzen gezielt behandeln können. Das kann sehr viel Pflanzenschutzmittel einsparen und Ertrag bringen. " Außerdem könne man auch biologische Bekämpfungsmethoden verwenden: "Ich denke da an Schlupfwespen, die man im Mai ausbringt, um andere Schädlinge zu bekämpfen. Es werden also nicht nur die Pflanzen anders aussehen, sondern auch der Pflanzenbau der Zukunft. "