Von der Altmühl an den Hudson

10.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:16 Uhr
Das Gebäude 35 Hudson Yards in New York ist mit einer imposanten Stein-Glas-Fassade ausgestattet. Aufgrund seiner einzigartigen Ästhetik und seiner technischen Eigenschaften setzten Erbauer und Architekten auf Marmor-Jura aus Kaldorf. −Foto: Michael Lee

Wer an den Hudson Yards, dem riesigen hochmodernen Gebäudekomplex aus 15 Wolkenkratzern am Westrand Manhattans, vorbeischlendert und die imponierende Fassade von 35 Hudson Yards bewundert, wird kaum an die im Vergleich zu New York winzigen Orte Petersbuch und Kaldorf im Landkreis Eichstätt denken.

Doch genau aus dem Steinbruch der Firma Franken-Schotter in Kaldorf stammt das Material für die Hochhaus-Verkleidung und im Franken-Schotter-Werk in Petersbuch wurden die insgesamt 25000 Elemente der hochkomplexen Fassade gefertigt. Keineswegs eine Ausnahme: Jura-Marmor, Dolomit und Solnhofener Platten sind weltweit gefragt und in zahlreichen Objekten, darunter sehr prestigeträchtigen, verbaut. Aktuell wird das Berliner Stadtschloss ausgestattet.

Der Raum zwischen Treuchtlingen und Kelheim ist das größte zusammenhängende Steinabbaugebiet Deutschlands - für die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der allerdings viele Facetten aufweist und mehr Auswirkungen hat, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Franken-Schotter konzentriert sich auf Abbau und Bearbeitung von Dolomit und Jura-Marmor. "Er sieht gut aus, ist langlebig und viele Leute ziehen ihn anderen Materialien vor", erklärt Geschäftsführer Torsten Zech. Frostsicherheit ist gegeben. Daher wird das Material nicht nur für Bodenbeläge, sondern auch im Garten- und Landschaftsbau und eben für Fassadengestaltung verwendet. Zech gerät direkt ins Schwärmen, wenn er von den Produkten seines Unternehmens spricht: "Es ist ein sehr nachhaltiges und umweltfreundliches Material. " Da es nicht künstlich hergestellt werde, sei die CO2-Bilanz hervorragend. Bei der Bearbeitung werde Wasser und Energie gespart; Franken-Schotter arbeitet zudem mit 100 Prozent Ökostrom.

Aufgelassene Steinbrüche, die renaturiert werden müssen, sind wichtig für Flora und Fauna - und damit letztlich auch für den Tourismus. Eine Firma wie Franken-Schotter steht in engem Kontakt mit den Naturschutzbehörden und lässt schon mal im laufenden Betrieb eine Wand stehen, wenn sich dort ein seltener Vogel eingenistet hat.

Ein weiteres wichtiges Produkt im Steinsektor ist der Solnhofener Plattenkalk, der, da nicht frostsicher, fast nur für Innenräume geeignet ist. Dieser einzigartige Stein ist seit einiger Zeit von mehreren Seiten unter Druck, wie Wilhelm Bergér erklärt. Er ist zusammen mit Alexander Bergér Geschäftsführer der Georg Bergér GmbH auf dem Harthof bei Eichstätt sowie stellvertretender Vorsitzender des Vereins Altmühltaler Kalksteine. Dabei ist die Nachfrage an dem beigen, schön strukturierten Material mit der bruchrauen Oberfläche durchaus vorhanden. Aber die Keramikindustrie kann inzwischen Produkte herstellen, die Optik und Oberfläche des Originals einigermaßen imitieren können - und billiger sind. "Nicht jeder Kunde sieht die Einmaligkeit unseres Steins sowie die Nachhaltigkeit und die Ökologie, die mit seiner Gewinnung verbunden sind", sagt Bergér. "Das Original wird von Hand gewonnen, ohne Bohren, ohne Sprengen, ohne Grundwasseraufschluss. " Keramik dagegen kann nur mit hohem Energieaufwand erzeugt werden - doch wer nur auf den Preis schaut, entscheidet sich oft genug für Fließen.

Überdies ist Frankreich als wichtiger Markt fast weggebrochen. "Dort hat eine Marktsättigung stattgefunden", erklärt Bergér. Das Rückgrat der Plattengewinnung bilden nach wie vor Hackstockmeister, die eine Parzelle gepachtet haben und mit Lieferverträgen ausgestattet sind. Sie gelten als "Arbeitnehmerähnliche Selbstständige". Manche Hackstockmeister haben einen eigenen Steinbruch erworben und verkaufen das Material direkt weiter - ohne eine Firma mit entsprechender Kostenstruktur im Rücken zu haben. Damit drücken sie die Preise zusätzlich. Die Entwicklung im Segment "Solnhofener" werde weiter weg von Familienbetrieben hin zu Kapitalgesellschaften gehen, prognostiziert Bergér. Er sagt aber auch: "Wenn man die Kosten in den Griff bekommt, wird eine Zukunft da sein. Man muss das Marktpotenzial sehen, sich zusammenschließen und gemeinsame Marketingstrategien entwickeln. "

Geld verdienen lässt sich auch mit Objekten, die sich zwischen den Schichten verstecken. Fossilien können einen enormen Wert darstellen. Für einen Archaeopteryx blättern Museen und Sammler rund eine Million Euro hin. Solche Sensationsfunde gehen am Steinbruchbesitzer in der Regel vorbei, obwohl er der rechtmäßige Besitzer wäre. Doch die wenigsten Finder wollen den Schatz mit dem Besitzer teilen.

Beim Brechen fällt Abraum an. Nur auf den ersten Blick ist er keinen roten Heller wert. Denn er bildet den Rohstoff für die Solnhofer Portland-Zementwerke. Und weil der Kalkstein in sehr reiner Form vorliegt, ist auch der Zement hochwertig. Die Möglichkeiten, steinreich zu werden, sind also vielfältig.