Geldgeschäfte im Wandel: Die künftige Rolle von Bankfilialen

21.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:37 Uhr

Die Geldhäuser befinden sich in einer Umbruchphase. Filialen schließen, technische Innovationen lassen sie überflüssig erscheinen. Doch so einfach ist es nicht. Bankfilialen werden nach wie vor gebraucht - sie müssen sich jedoch neu positionieren.

Banken ziehen sich aus der Fläche zurück, schließen Filialen und hängen damit gerade ältere Menschen ab - so lautet ein oft gehörter Vorwurf. Dass vor allem kleinere Geschäftsstellen dicht gemacht werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Erst jüngst hat die Zweigstelle der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt in Schernfeld im Landkreis Eichstätt ihre Pforten geschlossen. Sie wurde umgewandelt in eine reine SB-Stelle, an der Geldautomaten und Überweisungsdrucker zu finden sind. Die Sparkasse in Schrobenhausen hat vor zwei Jahren vier kleine Filialen geschlossen, an zwei Standorten blieben die Automaten erhalten. 2016 hat die Filiale im Altmannsteiner Ortsteil Mendorf zugesperrt. Und einst gab es auch in Töging eine Sparkasse.

Diese Beispiele ließen sich verlängern. Bei den Sparkassen werden Filialschließungen besonders augenfällig, weil diese sich - neben den Raiffeisen- und Volksbanken - im ländlichen Raum engagieren. Die Deutsche Bank etwa war nie in der Fläche zu finden.

Doch das Kundenverhalten ändert sich dank moderner Technik. "1990 waren die Kunden alle zwei bis drei Wochen da, heute kommen sie ungefähr einmal im Jahr", beschreibt Jörg Tietz, Sprecher der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt die Entwicklung. Zweimal im Monat käme er ins SD-Foyer und nutze die Selbstbedienungsterminals. Dafür greife der durchschnittliche Kunde fast täglich auf die Sparkassen-App zurück. "Wir verzeichnen etwa 300 Zugriffe des Kunden pro Jahr", so Tietz weiter.

Eine noch bedeutendere Rolle für den Bankensektor dürfte in naher Zukunft das Mobiltelefon spielen. "Für Onlinebanking benötige ich einen PC oder ähnliches. Aber ein Telefon hat jeder. " 1200 bis 1500 Anrufe verzeichnet die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt - täglich. Die Kundenberater sind sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag erreichbar. Gerechnet hat das Kreditinstitut mit 800 bis 1000 Anrufern pro Tag. Verbunden werden die Kunden dabei nicht etwa mit Mitarbeitern in Call-Centern, sondern mit gut ausgebildeten Bankkaufleuten, mit Spezialisten. Die Filiale hat nach der Überzeugung von Tietz Zukunft, wenn auch ihre Dichte vielleicht weiter abnehmen dürfte. Von Veränderungen in der Filialnetzdichte spricht auch die Sparkasse Mittelfranken Süd. "Die alltäglichen Dinge muss ich heute nicht mehr in der Geschäftsstelle tätigen. Es geht viel über Telefon, Mail, Onlinebanking, der Zahlungsverkehr erfolgt bargeldlos", erklärt Richard Pfeiffer, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei der Sparkasse Mittelfranken Süd. Die Resonanz der Kunden gegenüber den Geschäftsstellen habe sich verändert, und dem passe sich die Sparkasse an, auch durch veränderte Öffnungszeiten. Die Beratungszeiten seien allerdings großzügig bemessen; sie beliefen sich auf werktags von 8 bis 20 Uhr. Natürlich stünden nach Absprache Experten auch darüber hinaus zur Verfügung. Insgesamt gelte aber die Devise: "Jeder Kunde soll seine Geschäfte so tätigen, wie es ihm am besten passt. "

Ähnlich wird es bei der Sparkasse Pfaffenhofen gesehen. Sie setzt trotz hoher Zuwächse beim Onlinebanking auch für die Zukunft auf den persönlichen Service vor Ort als eine der tragenden Säulen ihrer Kundenbeziehungen. Vorstand Stefan Maier: "Die Erhaltung unserer Filialen ist Teil unserer Multikanalstrategie. Wir wollen in der Fläche präsent bleiben, unseren Kunden natürlich aber auch alle modernen digitalen Möglichkeiten beim Banking bieten. "

"Das Filialnetz ist das Rückgrat unseres Vertriebes", beteuert die Volksbank-Raiffeisenbank Bayern Mitte, die über 51 Filialen und 14 SB-Stellen verfügt. Zwar gebe es mittlerweile für standartisierte Beratung elektronische Lösungen, etwa den Robo-Adviser "Mein Invest", erklärt der Vorstandsvorsitzende Richard Riedmaier. Doch komplexe Beratungen werde nach Erachten der Bank "immer persönlich bleiben". Dafür seien die Filialen in der Fläche unerlässlich. Das entspreche dem Wunsch der Kunden.

Aus der Fläche möchte sich auch die Commerzbank nach eigener Aussage nicht zurückziehen. Das Geldhaus, das 2009 mit der Dresdner Bank fusionierte, betreibt bundesweit rund 1000 Standorte. Daran will die Bank festhalten, wie Peter Tiefenbach, Pressesprecher für die Region Süd, mitteilt. Zwei Drittel der Bevölkerung wolle nämlich trotz Digitalisierung auf eine Filiale nicht verzichten. In der Region 10 unterhält die Commerzbank zwei Filialen: Beide sind in Ingolstadt zu finden.

In Ingolstadt vertreten ist ebenso die Deutsche Bank mit einer Filiale und zwei SB-Zonen. Den Restrukturierungsmaßnahmen im Jahr 2016 seien deutschlandweit Standorte zum Opfer gefallen, so Mediensprecher Heinrich Frömsdorf. Weitere Schließungen seien aber nicht geplant. Im Gegenteil: Die Filiale in der Ludwigstraße werde aktuell modernisiert. "Denn gerade, wenn es um die großen langfristigen oder auch komplexeren Finanzentscheidungen geht, suchen Kunden weiterhin die persönliche Beratung in der Filiale", erklärt Frömsdorf. Dafür nimmt die Bank Geld in die Hand: Jede Modernisierung koste zwischen 500000 und 1,5 Millionen Euro.

Einen nicht ganz billigen Versuchsballon startet derzeit auch die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt bei der Filiale in Ringsee. "Wir probieren dort ein völlig neues Konzept aus", so Tietz. Dort entstehen thematische Räume mit lokalem Bezug. So wird einer den Bahnhof zum Inhalt haben, ein anderer das ESV-Stadion. Die Beratung soll in einer Wohlfühlatmosphäre stattfinden - und damit die Filiale eine neue Bedeutung bekommen. Kommentar Seite 16