Schnelle Termine beim Facharzt, Einzelzimmer und Chefarztbehandlung in der Klinik. Mit Zusatzleistungen und günstigen Tarifen punkten private Krankenversicherungen (PKV) bei gesunden Gutverdienern. Mit zunehmendem Alter und für Familien wird die private Absicherung jedoch schnell teuer. Nur in manchen Fällen ist ein Wechsel zurück in die GKV möglich.
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Eine kostenlose Familienversicherung wie in der gesetzlichen Kasse gibt es nicht. Viele wollen deshalb zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Doch die Rückkehr ist nicht einfach, und über 55-Jährige nehmen die Kassen ungern zurück. Für wen der Wechsel möglich ist und wie er funktioniert:
Wieder pflichtversichert: Am einfachsten ist es für Angestellte. Sinkt ihr Bruttojahresgehalt unter die Jahresentgeltgrenze von 69.300 Euro (2024), werden sie wieder versicherungspflichtig – vorausgesetzt sie sind unter 55 Jahren. Auf den Monat umgerechnet heißt das: Wer inklusive regelmäßiger Sonderzahlungen weniger als 5775 Euro brutto verdient, kann von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenversicherung. Der Arbeitgeber muss Beschäftigte darüber informieren. Diese suchen sich innerhalb von zwei Wochen eine gesetzliche Kasse und kündigen danach ihre private Police. Dies geht bis zu drei Monate rückwirkend. Bei Nachweis einer Pflichtversicherung besteht gegenüber dem privaten Versicherer ein Sonderkündigungsrecht. Wer schon 2002 oder früher privatversichert war, muss weniger als 62.100 Euro verdienen, um sich gesetzlich krankenversichern zu können.
Teilzeit, Sabbatical oder Arbeitszeitkonto: Angestellte können ihr Gehalt durch Teilzeit oder eine Jobpause so weit reduzieren, dass sie unter die Versicherungspflichtgrenze kommen. Wer beruflich kürzertreten möchte oder ein Sabbatical plant, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Stimmt der Chef zu, tauscht man Geld gegen Freizeit und wechselt problemlos zu einer gesetzlichen Krankenkasse. Angestellte, die mindestens sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als 45 Beschäftigten arbeiten, haben sogar ein Recht auf Teilzeit. Sie können ihre Arbeitszeit für ein Jahr oder länger reduzieren und danach auf ihre Vollzeitstelle zurückkehren. Auch ein Arbeitszeitkonto ermöglicht den Wechsel: Beschäftigte arbeiten weiter Vollzeit, bekommen aber weniger Lohn ausgezahlt, sodass sie wieder versicherungspflichtig werden. Das angesammelte Zeitguthaben lässt sich für ein Sabbatical oder einen vorzeitigen Ruhestand nutzen.
Unter 55 Jahren – Wie Selbstständige wechseln: Selbstständige müssen eine berufliche Kehrtwende hinlegen und einen festen Job annehmen. Damit die gesetzliche Kasse sie aufnimmt, muss das Gehalt über der Minijob-Grenze von 538 Euro monatlich, aber unter der Versicherungspflichtgrenze liegen. Freelancer müssen die Selbstständigkeit nicht aufgeben, dürfen sie aber nur im Nebenjob ausüben. „Die abhängige Beschäftigung muss der Hauptberuf sein“, sagt die Düsseldorfer Fachanwältin für Sozialrecht Marianne Schörnig. „Sie sollte den Hauptteil der Einnahmen und der Arbeitszeit ausmachen.“ Tricks, wie sich zum Schein von Verwandten anstellen zu lassen, sind tabu. „Die Krankenkassen prüfen, ob eine echte abhängige Beschäftigung vorliegt.“
Kaum Wechselmöglichkeiten für Ältere: „Über 55-Jährige können nicht einfach zurück in das gesetzliche Solidarsystem“, warnt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Selbst wenn sie arbeitslos werden oder weniger verdienen, bleibt der Weg zurück versperrt“, sagt der Leiter der Abteilung Versicherungen, Pflege und Gesundheit. Die gesetzlichen Hürden sind hoch. Nur wer in den vergangenen fünf Jahren über zweieinhalb Jahre pflichtversichert war, schafft auch im Alter den Wechsel von der PKV zur GKV. Ein seltener Fall. Senioren können sich aber über den gesetzlich versicherten Ehepartner beitragsfrei mitversichern. Für die Aufnahme in die Familienversicherung gelten jedoch strenge Regeln: Maximal erlaubt ist ein eigenes monatliches Einkommen von 505 Euro, im Minijob von 538 Euro. Einkünfte aus Mieten, Zinsen und privaten Renten werden eingerechnet. Auch wer ein Jahr lang im EU-Ausland pflichtversichert war, kann danach in eine deutsche gesetzliche Krankenkasse wechseln. Diese Regelung ist für Personen gedacht, die im Ausland leben und arbeiten. Grieble warnt vor Missbrauch: „Viele Angebote sind hier im dunkelgrauen Bereich. Die Grenze zum Illegalen ist schnell überschritten, insbesondere wenn die Zeit nicht im Ausland verbracht wird und Versicherte dort weder arbeiten noch ein Gewerbe ausüben.“ Die Risiken sind groß: Kommt die Kasse dahinter, verlieren Senioren ihren Krankenversicherungsschutz in einer Lebensphase, in der sie ihn dringend brauchen.
− bia
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