Wohin steuert die Weltwirtschaft? Wie können die Menschen ihr Geld sicher und sinnvoll anlegen? Worauf zu achten ist, sagen unabhängige Finanzexperten aus der Region bei einem kostenlosen Vermögens-Check in Zusammenarbeit mit unserer Zeitung. In einer fünfteiligen Serie stellen wir jeden Donnerstag Anlagemöglichkeiten vor.
Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten Anlegerinnen und Anleger Negativzinsen bei Banken akzeptieren. Doch das Blatt hat sich gewendet. Tages- und Festgeld bieten wieder positive Zinsen, festverzinsliche Wertpapiere – Anleihen – in der Regel wieder deutlich mehr. Ein Grund, sich diese Möglichkeit genauer anzuschauen: Was eigentlich sind Anleihen?
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Bei Staats- und Unternehmensanleihen verleiht man Geld für einen festgelegten Zeitraum zu einem vereinbarten Zins an ein Unternehmen oder einen Staat. „Und dafür gibt es derzeit wieder sehr auskömmliche Zinsen bei deutlich geringeren Risiken als bei Aktien, sagt Siegfried Rohsmanith, Standortleiter Ingolstadt der Vermögensverwaltung Huber, Reuss und Kollegen aus München. Auch er berät gemeinsam mit anderen Anlageexperten aus der Region beim kostenlosen Vermögens-Check unserer Zeitung.
Gute, risikoarme Anleihen findet man nach seinen Worten bei Unternehmen, bei denen gewährleistet ist, dass sie in der zugrunde gelegten Laufzeit den Anleihewert samt Zinsen zurückzahlen kann.
Anleihen mit fester oder variabler Laufzeit
Man unterscheidet dabei zwischen Anleihen mit Festzins und solchen mit variabler Verzinsung. Bei diesen sogenannten Floatern orientiert sich der Zins an der Kapitalmarktentwicklung, so der Experte. Das heißt, wenn die Zinsen generell steigen, steigen auch hier die Zinsen mit – oder eben umgekehrt. „Aber der überwiegende Anteil im Anleiheuniversum sind Festzinsanleihen“, sagt Rohsmanith. Dabei gehen die Laufzeiten von einem halben Jahr bis zu fünf Jahren.
Anleihen bieten auch – im Unterschied zum Beispiel zu Sparbriefen – eine gute Flexibilität, da sie während der Laufzeit gekauft oder auch verkauft werden können. Zu diesem Zeitpunkt ist dann aber der aktuelle Kurs der Anleihe das Ausschlaggebende, so der Vermögensverwalter. „Das kann eine Chance wie auch ein Risiko sein.“ Wenn allgemein die Zinsen während der Laufzeit deutlich steigen und der Anleger verkaufen will, muss er in der Regel einen Kursrückgang hinnehmen. „Je höher der Zins am Kapitalmarkt ist, desto geringer ist der Kurs der Anleihe – und umgekehrt.“ Wenn man die Festzinsanleihe während der Laufzeit nicht verkauft, sind zwar Kursschwankungen möglich, Zins und Rückzahlung bleiben aber fix und somit entsteht kein Nachteil. Das wesentliche Risiko ist nach Rohsmaniths Worten, dass das Unternehmen seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann, dann ist ein Ausfall möglich. „Deswegen ist es wichtig, sich im Vorfeld die Firma und ihre Bonität anzuschauen.“ Die Verzinsung ist dabei je nach Laufzeit und Bonität unterschiedlich. Auch bei Anleihen gelte deshalb die goldene Regel der Diversifikation: „Lege nicht alle Eier in einen Korb.“
Die Bonität eines Konzerns erkennt man über das Rating. „Das ist eine sehr gute Kennzahl für den Privatanleger“, so der Experte. „Doch man darf nicht vergessen, dass zum Beispiel auch Wirecard ein ganz gutes Rating hatte.“ Ein Profi schaue tiefer in die Bilanzen, auf die Konkurrenzsituation oder in die Anleihebedingungen. „Wer schon ein schlechtes Rating hat, bei dem ist die Gefahr eines Zahlungsausfalls naturgemäß höher. Wer also einen großen Konzern mit gutem Rating nimmt und kürzere Laufzeiten von zwei bis drei Jahren wählt, bekommt durchaus attraktive Renditen.“
Rohsmanith rät bei Unternehmensanleihen aktuell insbesondere zu großen deutschen und europäischen Industriekonzernen guter Bonität mit Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren.
Wo Staatsanleihen ein sicherer Hafen sind
Aber auch europäische Staatsanleihen bieten wieder interessante Zinsen, gerade bei sogenannten Kurzläufern von sechs bis 18 Monaten. Und wie viel meines Anlagevolumens gebe ich derzeit in Anleihen, wenn ich zum Beispiel 50000 Euro zu Verfügung habe? „Je nach Risikoprofil durchaus 40 bis 60 Prozent in kurz- bis mittelfristige Anleihen, weil es dafür einen vernünftigen Ertrag gibt“, so der Experte. Eine kurzfristige Staatsanleihe – am besten von Deutschland – sei ein sicherer Hafen.
Wer für die nächsten Jahre eine höhere Rendite erzielt will, müsse eher in Richtung Unternehmensanleihe mit einer mittleren oder sogar höheren Laufzeit gehen. „Attraktiv sind derzeit zum Beispiel Anleihen im Energiesektor, die mit Restlaufzeiten von drei bis fünf Jahren attraktive Coupons von teilweise deutlich über fünf bis sechs Prozent bieten“, sagt er.
Immer mehr Anleihen sind erst ab einer Mindesteinstiegsgröße von 100000 Euro und mehr zu finden. „Wer nur kleinere Beträge zur Verfügung hat, für den ist die Auswahl stark eingeschränkt. In diesem Fall raten wir eher zu aktiv gemanagten Anleihefonds oder zu Exchange Traded Funds, also ETFs. Letztere sind zwar günstiger, Anleger müssen aber bedenken, dass der Index, den der ETF abbildet, auch schwächere Emittenten beinhalten kann. Dennoch sind auch sie eine Alternative.“
DK
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