Rolle rückwärts im Audi-Werk

Die Nachtschicht der B1-Linie bleibt doch im Gegenzug für flexiblere Bandarbeit

16.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:03 Uhr


Ingolstadt (DK) Mitte Oktober hatte Werkleiter Albert Mayer den pfeifenden Mitarbeitern das Aus für eine der drei Nachtschicht-Linien verkündet, jetzt folgt die Rolle rückwärts: Die Linie B 1, auf der unter anderem der A4 Avant produziert wird, läuft weiter, erklärten gestern Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter.

"Es ist uns gemeinsam mit dem Betriebsrat gelungen, die Bedürfnisse der Mitarbeiter und des Unternehmens in Einklang zu bringen. Deshalb bin ich persönlich überzeugt, dass wir das bestmögliche Verhandlungsergebnis erzielt haben", sagte Personalvorstand Thomas Sigi am Abend gegenüber dem DK.

Danach hatte es im Oktober noch nicht ausgesehen: Bei der Betriebsversammlung verkündete Vorstandschef Rupert Stadler das erste Mal, was zuvor schon längere Zeit als Gerücht durch die Flure und Hallen gewabert war: Eine Schicht könne ab Januar wegfallen, teilte Stadler den konsternierten Mitarbeitern mit. Und eine Woche später konkretisierte Werkleiter Albert Mayer in der Nachtschicht-Betriebsversammlung die Pläne: Der Vorstand wolle die Nachtschicht der B-Linie streichen, erklärte er. Es gab Pfiffe - vor allem, weil niemand vom Management zu der nächtlichen Versammlung gekommen war, um den direkt Betroffenen diesen Schritt zu erläutern. Ein Schritt, den auch Jörg Schlagbauer, der oberste IG-Metall-Vertreter im Ingolstädter Werk, und Gesamtbetriebsrat Peter Mosch nicht mitgehen wollten, wie sie damals verkündeten.

Es folgten wochenlange zähe Verhandlungen, bis am Dienstag durchsickerte, dass sich der Betriebsrat in diesem Punkt durchsetzen würde. Und gestern bestätigten schließlich beide Seiten unserer Zeitung: Die B1-Nachtschicht bleibt.

Kern der Vereinbarung ist eine viel stärkere Flexibilisierung der Produktion im Stammwerk, "um so flexibel auf mögliche Schwankungen reagieren zu können", wie Produktionsvorstand Hubert Waltl erklärte. Denn es ist kein Geheimnis, dass es bei der Linie, auf der derzeit der Q5, der A4 Avant und der Audi allroad produziert werden, Auslastungsprobleme gibt. Gleichzeitig sind Q2 und A3, die auf der A-Linie vom Band fahren, so begehrt, dass das Werk mit der Produktion kaum hinterherkommt. Der Takt der B1-Linie wird deswegen leicht verlangsamt, womit weniger Fahrzeuge vom Band kommen, der Takt der A-Linie wird im Gegenzug erhöht.

"Unser Verhandlungsziel war ein Ergebnis im Sinne der Belegschaft. Mit dem Erhalt des jeweiligen Schichtsystems und der zukünftigen Flexibilisierung der Linien haben wir das zusammen mit dem Unternehmen geschafft", sagte Gesamtbetriebsrat Mosch.

Wie unsere Zeitung aus Unternehmenskreisen erfuhr, sollen die Mitarbeiter zudem künftig auch viel häufiger nach entsprechender Schulung zwischen diesen Linien wechseln, je nach Auftragslage. Ziel könnte irgendwann die völlige Flexibilität der am Band Beschäftigten sein.

Erneut wird es um den Jahreswechsel herum Instandhaltungs- und Umbaumaßnahmen an den Fertigungslinien geben, die Linien müssen diesmal zusätzlich für die Flexibilisierung fit gemacht werden. Wie eine Unternehmenssprecherin erklärte, werde man dafür "die Weihnachtsferien im B-Segment, abhängig von der jeweiligen Schicht, um rund zwei Wochen verlängern".

Ob es über 2018 hinaus eine Beschäftigungsgarantie geben wird, darüber führten Unternehmen und Betriebsrat weiterhin "intensive Gespräche", wie die Sprecherin sagte. Den Stand werde man nicht kommentieren, aber eines sei klar: "Diese Verhandlungen profitieren von den positiven Ergebnissen der aktuellen Einigung."