München
Deutsche Bahn verfehlt Pünktlichkeitsziel für 2017

Sturmschäden und Baustellen sorgen für viele Verspätungen Konzernchef Richard Lutz will das ändern

28.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr

München (AFP) Wegen Sturmschäden und so vieler Baustellen wie noch nie gibt die Deutsche Bahn für dieses Jahr ihr Pünktlichkeitsziel auf. Den eigentlich anvisierten Wert von 80 Prozent pünktlichen Zügen werde die Bahn im Fernverkehr nicht mehr erreichen, sagte Bahnchef Richard Lutz der "Süddeutschen Zeitung" gestern. "Dafür ist zu viel passiert, gerade im zweiten Halbjahr", sagte er. "Wir sind bei der Pünktlichkeit noch nicht da, wo wir hinwollen."

Im Oktober waren laut Deutscher Bahn nur 74,3 Prozent der Verbindungen pünktlich oder hatten eine Verspätung von weniger als sechs Minuten. Im Februar waren es noch mehr als 86,4 Prozent. Auch im vergangenen Jahr hatte die Bahn ihr selbst gestecktes 80-Prozent-Ziel im Fernverkehr verfehlt - über das Jahr gesehen stieg die Pünktlichkeit aber von 74,4 auf 78,9 Prozent.

Lutz zeigte sich enttäuscht davon, dass das selbst gesteckte Pünktlichkeitsziel wohl unerreichbar bleibt: "Das ärgert uns. Wir hatten den Kunden mehr versprochen." Ihr Langfristziel von 85 Prozent pünktlichen Zügen wolle die Bahn aber nicht aufgeben. Bis dahin seien allerdings noch "beträchtliche Hindernisse zu beseitigen".

Die Bahn will nach Angaben ihres Chefs nun vor allem Ausfälle bei Unwettern wie zuletzt bei dem Sturmtief Xavier bekämpfen. "Wir müssen uns auf Wetterphänomene wie Stürme künftig noch besser vorbereiten, dazu gehört eine bessere Kontrolle der Vegetation an den Gleisen." Das Ziel seien "weniger Streckensperrungen auch bei Unwettern".

Auch der schlechte Zustand der Infrastruktur bringe die Deutsche Bahn in eine "Zwickmühle": "Wir müssen Geld in die Sanierung stecken, damit das Schienennetz auf einem vernünftigen Niveau bleibt. Dadurch haben wir so viele Baustellen wie noch nie, also Engpässe, die den Verkehrsfluss behindern." Der Bahn zufolge gehen Verspätungen erfahrungsgemäß etwa je zu einem Drittel auf das Unternehmen und seine Züge, auf die Infrastruktur wie Baustellen und auf äußere Einwirkungen wie Unwetter zurück. Sie reagiert darauf an zahlreichen Stellschrauben. Die Bahn versucht den Fahrablauf beispielsweise durch Analyseteams an den Knotenbahnhöfen zu optimieren. Sie suchen dort nach Abläufen, die Verspätungen verursachen. Außerdem werden einzelne Baustellen zu Baukorridoren zusammengefasst, um die Behinderungen klein zu halten. Schließlich investiert die Bahn in neue Züge und mehr Wartungspersonal, um die seit 2009 anhaltenden Engpässe im Fernverkehr zu beheben.

Trotz der Probleme erwartet Lutz in diesem und auch im kommenden Jahr dennoch so viele Fahrgäste wie noch nie: "In diesem Jahr werden wir im Fernverkehr erneut einen Passagierrekord erreichen. Und wir gehen für das nächste Jahr von einem noch höheren Wert aus", sagte er gestern. Einen Schub verspricht sich der Konzern vor allem vom Start der neuen Schnellbahntrasse Berlin - München am 10. Dezember.