München
"Kein großer Einbruch"

Vbw-Präsident Alfred Gaffal: Bayerische Wirtschaft noch robust unterwegs - Kritik an USA

13.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:47 Uhr
 Alfred Gaffal −Foto: Rainer Hofmann

München (DK) "Die bayerische Wirtschaft befindet sich in einer stabilen und guten konjunkturellen Lage", sagte der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (Vbw), Alfred Gaffal, gestern in München.

Es gebe allerdings Anzeichen für eine "konjunkturelle Verlangsamung". Heftige Kritik äußerte er an den USA.

Die Industrieproduktion in Bayern habe im 1. Quartal des Jahres nur noch um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt - 2017 sei es noch ein Plus von 3,8 Prozent gewesen. Bei der Bauproduktion seien es in den ersten drei Monaten 2018 noch 4,9 Prozent gewesen - nach acht Prozent im Vorjahr. Und der Einzelhandel liege bei 1,5 Prozent gegenüber 3,8 Prozent im Vorjahr, sagte Gaffal zur wirtschaftlichen Entwicklung im Freistaat. Umgekehrt sei es lediglich im Hotel- und Gastgewerbe, das nach einem minimalen Rückgang von 0,1 Prozent im Jahr 2017 zuletzt wieder um 0,3 Prozent zugelegt habe.

Dass der Wind etwas rauer wird, lasse sich auch an den Auftragseingängen ablesen: Die seien im April bundesweit um 2,5 Prozent gegenüber März gesunken. Immerhin: Auf den Arbeitsmarkt schlage derlei aber nicht durch, so Gaffal. Der Grund: Die hohe Zahl an offenen Stellen und der Fachkräftemangel. "Dieses Jahr werden wir keinen großen Einbruch erleben", zeigte sich Gaffal sicher. "Ob es aber nächstes Jahr auch so weitergeht, ist abhängig von äußeren Einflüssen. "

In diesem Zusammenhang ging Gaffal insbesondere mit den USA hart ins Gericht: "Die USA sind derzeit kein verlässlicher Partner mehr. " Für den Präsidenten der bayerischen Wirtschaft ist das eine beachtliche Aussage - immerhin sind die USA der größte Exportmarkt der weiß-blauen Unternehmen.

Zollerhöhungen mit nationalen Sicherheitsinteressen zu begründen, wie es die USA getan hätten, sei "absurd", betonte Gaffal. Und auch, dass US-Präsident Donald Trump immer alleine auf den Handelsbilanzsaldo mit Deutschland blicke und diesen kritisiere, greife zu kurz, so Gaffal. "Zum Beispiel wird ein Teil unserer Warenimporte, die per Schiff im Hafen Rotterdam ankommen, schon dort als US-Import deklariert und dann als Handel zwischen Holland und Deutschland betrachtet. Das heißt, ein Teil unserer US-Importe ist in den Importen aus den Niederlanden versteckt. "

"Anders sieht es beim Dienstleistungshandel aus", so Gaffal weiter. Deutschland "weise zwar auch hier einen Überschuss auf, aber nur auf dem Papier". Die US-Dienstleister ließen sich aus steuerlichen Gründen meist in Ländern wie Irland oder Holland nieder. Gaffal: "Wir beziehen die von US-Firmen erbrachten Dienstleistungen über diese Standorte. Dort entstehen dann auch die Einkommen, die in die USA zurückfließen. Wir müssen uns hier also auf die Handels- und Kapitalverkehrsdaten zwischen den USA und der EU insgesamt beziehen. "

Die EU weise zwar gegenüber den USA einen großen Überschuss im Warenhandel aus, "dieser wird aber fast vollständig ausgeglichen durch US-Überschüsse im Dienstleistungshandel und bei den Einkommen, die amerikanische Unternehmen und Privatpersonen in der EU erwirtschaften und dann in die USA schicken", so Gaffal. Überhaupt beherrsche die US-IT-Industrie in vielen Bereichen den Markt in Europa, "zahlt hier aber kaum Steuern".
 

Alexander Kain