Ingolstadt
Metro schickt Weise von Bord

13.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:21 Uhr

Gab es zwischen den beiden Streit um das Online-Geschäft? Noch vor wenigen Wochen saßen Media-Saturn-Chef Roland Weise (links) und Metro-Chef Eckhard Cordes Seite an Seite bei der Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung des ersten Media-Markts in Schanghai. - Foto: Peterhans

Ingolstadt (DK) Paukenschlag bei Media-Saturn: Der bisherige Chef des Ingolstädter Elektrofachmarkt-Unternehmens, Roland Weise, muss seinen Hut nehmen. Seine Nachfolge tritt ab 1. Januar 2011 Horst Norberg an, Stellvertreter wird Rolf Hagemann. Außerdem wird die Geschäftsführung erweitert.

Auf der großen Mitarbeiter-Weihnachtsfeier am vergangenen Samstag, so hört man, war Roland Weise noch nichts anzumerken. Ob der Media-Saturn-Chef während der Auftritte von Fettes Brot und Ex-Ich+Ich-Sänger Adel Tawil schon wusste, dass er Ende des Jahres gehen muss? Wann die Entscheidung fiel und wann Weise die Nachricht mitgeteilt bekam, dazu wollte man gestern weder bei Media-Saturn in Ingolstadt, noch beim Mutterkonzern Metro AG in Düsseldorf etwas sagen. Die Mitarbeiter wurden vom Wechsel an der Spitze unter anderem per Intranet informiert.
 

Ein Grund für die Ablösung Weises wurde offiziell nicht genannt. "Aufgrund der starken Expansion und des internationalen Engagements mit dem Fokus auf Osteuropa und Asien haben sich die Gesellschafter der Media-Saturn-Unternehmensgruppe entschlossen, die Geschäftsführung des Unternehmens operativ wesentlich zu verstärken und umzugestalten", heißt es in einer Pressemitteilung umständlich formuliert.

Spekulationen zufolge soll es allerdings Streit zwischen Weise und Metro-Chef Eckhard Cordes bezüglich der künftigen Online-Strategie und dem Tempo der Auslandsexpansion gegeben haben. Weise soll hier als "Bremser" agiert haben. Im DONAUKURIER-Interview hatte Weise vor einigen Wochen zum relativ späten Markteintritts in China gesagt: "Man kann nicht alles auf einmal machen. (...) Wir fahren mit maximaler Geschwindigkeit." Für Cordes aber wohl offenbar nicht schnell genug.

Zu den Spekulationen wollte sich der Metro-Sprecher nicht äußern. Doch wer zwischen den Zeilen liest, merkt schnell, dass an dem Gerücht wohl etwas dran ist. Im Bezug auf die neue Führungsriege lässt sich Cordes in der Pressemitteilung mit folgendem Satz zitieren: "So ist Media-Saturn für die kommenden Herausforderungen der beschleunigten Internationalisierung und des Online-Geschäfts hervorragend aufgestellt."

Trotz der offensichtlichen Differenzen dankten die Gesellschafter der Metro AG und die Media-Saturn-Miteigentümerfamilien Kellerhals und Stiefel dem scheidenden Weise für seine Arbeit. Weise galt als umstrittener Chef. In einem Artikel des "Manager-Magazins" aus dem Jahr 2008 mit dem Titel "Der Panzerleutnant" wird der 58-Jährige als Choleriker beschrieben, unter dessen Führung zahlreiche Top-Leute das Unternehmen verließen.

Weises Nachfolger Horst Norberg (63), ist seit 2001 Mitglied der Geschäftsführung und bereits seit 1987 bei Media-Saturn. Er soll sich verstärkt um Vertriebsthemen kümmern. Sein Stellvertreter Rolf Hagemann (48) bleibt weiterhin für die Finanzen des Unternehmens verantwortlich. Außerdem wird die Geschäftsführung erweitert. Ab Januar gehören auch Michael Rook (Deutschland-Chef, Media-Saturn), Joachim Roesges (Spanien-Chef) und Frank Kretzschmar (Österreich-Chef) zur obersten Führungsetage.

Eines der letzten Großprojekte Weises war der Einstieg von Media-Saturn in den chinesischen Markt. Vor einem Monat öffnete der erste Media-Markt in der 19-Millionen-Einwohner-Stadt Schanghai. Auch wenn Weise nicht sofort einen neuen Arbeitgeber findet, langweilig wird ihm zu Hause vermutlich nicht werden. Der 58-Jährige kann sich nun verstärkt seinem Hobby widmen: Er ist begeisterter Sammler von antiken Textilien, vor allem von Teppichen.