Ingolstadt
Rook bestechlich oder nicht?

Ex-Manager von Media-Saturn saß Jahre in Haft jetzt urteilt ein Gericht anders

21.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr

Michael Rook stand 2012 in Augsburg vor Gericht. Der Ex-Manager von Media-Saturn wurde damals wegen Bestechlichkeit zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Ist er doch unschuldig ‹ŒArch - foto: Richter

Ingolstadt /Itzehoe (DK) Saß der frühere Media-Saturn-Manager Michael Rook womöglich jahrelang unschuldig wegen Bestechlichkeit im Gefängnis? Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Itzehoe (Schleswig-Holstein) könnte diesen Rückschluss zulassen.

Die 6. Zivilkammer hat nämlich eine Millionenklage der Media-Saturn-Deutschland GmbH gegen den ehemaligen Mitarbeiter abgewiesen, weil sie zu einer anderen Bewertung als seinerzeit das Landgericht Augsburg gelangt ist. Das hatte Rook 2012 wegen Bestechlichkeit im geschäftsmäßigen Verkehr zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Anders nun die Entscheidung des Landgerichts Itzehoe: "Die Kammer ist im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung weder überzeugt, dass der Beklagte an den Bestechungsabsprachen persönlich beteiligt war, noch dass er Bestechungsgelder persönlich erhalten hat", heißt es in einer Pressemitteilung von gestern zum Urteil vom 31. Mai.

Der Korruptionsskandal um Rook, früherer Deutschland-Chef von Media-Saturn, hatte vor Jahren hohe Wellen geschlagen: Die Wirtschaftskammer des Landgerichts Augsburg sah es als erwiesen an, dass der Ex-Manager von einem Unternehmer Bestechungsgelder angenommen hatte. Gemeinsam mit Mittätern hatte er demnach dafür gesorgt, dass bei der bundesweiten Vergabe von Promotionsflächen zur Vermittlung von DSL-Verträgen in den Filialen der Elektronikkette nur dieses Unternehmen berücksichtig wurde. Rook und ein Regionalmanager hätten in den Jahren 2006 bis 2011 insgesamt rund vier Millionen an Schmiergeldern kassiert, rechnete das Landgericht Augsburg damals zusammen.

Die anfangs in anonymen Schreiben erhobenen Vorwürfe hatte Rook in dem Verfahren stets bestritten. Dennoch verurteilte ihn das Landgericht Augsburg im Dezember 2012 zu fünf Jahren und drei Monaten Haft. Seine Anwälte kritisierten damals, das Urteil beruhe auf einer "grob fehlerhaften Beweiswürdigung" und legten Revision ein. Rook klagte auch gegen seinen Rauswurf bei Media-Saturn - ohne Erfolg.

Im März 2014 schließlich verwarf der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision gegen das Augsburger Urteil, das damit rechtskräftig wurde. "Von den 63 verurteilten Fällen der Bestechlichkeit stellte der BGH lediglich drei wegen Verjährung ein", erklärte ein Justizsprecher.

Der Konzern mit Sitz in Ingolstadt wollte sich von Rook jetzt 1,6 Millionen Euro zurückholen und klagte. Doch das Landgericht Itzehoe - zuständig, weil der 53-jährige Rook inzwischen seinen Wohnsitz in Quickborn hat - wies die Klage ab. Die 6. Zivilkammer sei nach 16 Verhandlungstagen, umfangreichen Zeugenvernehmungen und "intensiver Überprüfung des Strafurteils aus dem Jahr 2012" zu einer abweichenden Bewertung gelangt, heißt es in der Pressemitteilung.

Nach Auskunft von Richter und Pressesprecher Philipp Terhorst könne sich eine Partei in einem Zivilverfahren zum Beweis grundsätzlich auf ein vorangegangenes Strafverfahren und dessen Feststellungen berufen. Doch diese Feststellungen seien für das Zivilgericht nicht bindend. Vielmehr könne es sich eine eigene Überzeugung bilden, die von derjenigen des Strafgerichts abweichen könne.

Was das jetzt für Michael Rook bedeutet, der seine Gefängnisstrafe zum Teil abgesessen hat und sich wieder auf freiem Fuß befindet, ist schwer zu sagen. "Abstrakt betrachtet gibt es die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens", so Terhorst gegenüber unserer Zeitung. "Aber eine unmittelbare Auswirkung hat das aktuelle Urteil nicht."

Es ist auch noch nicht rechtskräftig: Media-Saturn kann als Klägerin Berufung beim Oberlandesgericht Schleswig-Holstein einlegen. "Wir prüfen derzeit die Urteilsbegründung und werden danach entscheiden, ob wir gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen und unsere Schadensersatzansprüche weiterverfolgen werden", so eine Sprecherin von MediaMarkt-Saturn gestern auf Anfrage unserer Zeitung.