Ingolstadt
Geldanlage wird immer komplexer

Hype um Bitcoins, steigende Aktienkurse, fehlende Guthabenzinsen

17.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr

Keine Scheine oder Münzen, sondern nur Bits und Bytes: Bitcoins werden durch Rechenprozesse erzeugt. - Foto: Teyssot/AFP

Ingolstadt (DK) Tagesgeld, Aktien oder Immobilien? Die Zinsflaute macht den Sparern schwer zu schaffen. Dennoch scheuen viele Privatanleger in Deutschland Geldanlagen, die als riskanter gelten. Wohin also mit dem mühsam Ersparten?

Gerade macht die Digitalwährung Bitcoin mit immer neuen Höchstständen Schlagzeilen. Anders als herkömmliche Währungen werden Bitcoin und andere Kryptowährungen nicht von Zentralbanken und Regierungen kontrolliert. Es gibt keine Scheine oder Münzen, sondern nur Bits und Bytes auf Computern. Bitcoins werden durch gigantische Rechenprozesse erzeugt, Anleger bleiben anonym. Gerade das ist für Ingo Fischer von der Bayerische Vermögen AG in Ingolstadt der Grund, die Finger von der Digitalwährung zu lassen: "Ich kaufe kein Gut, das ich nicht greifen kann, bei dem ich nicht weiß, wer es erzeugt und durch wen die Menge und somit der Preis beeinflusst wird."

"Die Währung hat ihre politische Feuertaufe noch nicht bestanden", betont Markus Kiefer von der V-Bank in München. "Die chinesische Staatsregierung wird auf Dauer keine echte Konkurrenz zum staatlichen Geldsystem dulden und hat - wie jüngst gesehen - keine Skrupel, gegen Schürfer und Handelsplattformen vorzugehen." Kryptowährungsfans schwärmen von Anonymität und dezentraler Autonomie. Kritiker warnen vor Missbrauch und Kriminalität, vor Schwarzgeldwäsche. Beispielsweise werden Opfer von Erpressungen mit Computerviren häufig aufgefordert, das Lösegeld in Bitcoins zu zahlen. Die Täter können so kaum identifiziert werden.

Auch Siegfried Rohsmanith, Niederlassungsleiter von Huber, Reuss & Kollegen in Ingolstadt, ist vorsichtig und erkennt durchaus Parallelen zum Neuen Markt, der nach einem zunächst explosionsartigen Wachstum und späteren enormen Kursverfall wieder geschlossen werden musste. "Aber natürlich kann man - wenn man das Geld übrig hat - einen geringen Betrag investieren und schauen, was passiert." Ansonsten setzen die Vermögensverwalter für die Geldanlage im kommenden Jahr erneut auf Aktien und Aktienfonds. "Das Aktienjahr 2017 war sehr gut", sagt Rohsmanith. Bei einem ausgewogenen Portfolio - und einem Aktienanteil von 40 bis 60 Prozent - sei ein Plus von 7 bis 9 Prozent möglich gewesen. Das Einzige, was die Gewinne ein wenig geschmälert habe, seien die Währungsschwankungen gewesen, sagte Fischer.

Doch die meisten Bürger machen einen Bogen um die Börse. Trotz der Zinsflaute sank die Zahl der Aktionäre im vergangenen Jahr. Knapp 8,98 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts Aktien und/oder Anteile an Fonds, 30 000 weniger als ein Jahr zuvor. Fast jeder Zweite würde zwar gerne Geld an der Börse anlegen, befürchtet aber "unkontrollierbare Risiken".

Anfang des Jahres noch herrschte an den Märkten Unsicherheit: Welche Folgen hat der Brexit, welchen Einfluss US-Präsident Donald Trump, und wie wirkt sich die französische Präsidentschaftswahl aus? Doch die Auswirkungen waren immer nur kurzfristig spürbar. Das politische Tagesgeschäft beeinflusst die Börsen kaum. Auch Anfang 2018 werden die Fragen fast die gleichen sein: Welche Folgen hat der Brexit, welchen Einfluss Trump, und wie wirkt sich die Wahl in Italien aus?

Die Konjunktur brummt, die Stimmungsindikatoren sind positiv: Die Zeichen stehen vordergründig auf Wachstum. Doch die Experten rechnen 2018 mit temporären Inflations- und Zinsängsten. "Dann könnten die Märkte nervös werden und die Aktienkurse temporär belasten", so Rohsmanith. Und zwar auch mal zwischen 10 und 15 Prozent. Das sei dann ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg in den Aktienmarkt, sagt er und sieht bis dahin eher relativ gute Entwicklungsmöglichkeiten bei defensiven und unterbewerteten Branchen wie Biotech-, Pharma- und Ölfirmen. Fischer setzt auf Autozulieferer und IT-Firmen. Auch der asiatische Markt bleibt die nächsten 5 bis 10 Jahre interessant, sind die beiden überzeugt.

Wer Geld anlegen möchte und sich dennoch nicht für Aktion und Fonds begeistern kann, kann sich vielleicht mit Edelmetallen beschäftigen. Gold gilt vielen als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten. Der GfK-Umfrage zufolge sehen zahlreiche Bundesbürger (38 Prozent) darin eine attraktive Geldanlage - ebenso wie die Vermögensverwalter. "Der Goldpreis hat derzeit ein vernünftiges Einstiegsniveau, und man sollte das Thema Edelmetalle im kommenden Jahr auf jeden Fall im Blick behalten", sagte Rohsmanith. Er rät zu einer Beimischung von 5 bis 10 Prozent im Depot.

Der größte Teil des Geldvermögens der privaten Haushalte von zuletzt 5723 Milliarden Euro steckt nach wie vor in Bargeld und Bankeinlagen. Rund 2248 Milliarden Euro waren es nach Angaben der Bundesbank Ende Juni. Wer auf eine Zinswende und damit auf Guthabenzinsen hofft, muss sich noch eine ganze Weile gedulden. "Unter EZB-Chef Mario Draghi wird nichts passieren - er hat sich festgelegt", sagte Fischer. Draghis Amtszeit läuft bis Ende Oktober 2019. "Bis es also wieder 2 Prozent Zinsen auf dem Sparbuch gibt, wird es mindestens noch 5 Jahre dauern."