Ingolstadt
Erich Kellerhals verliert Machtkampf

Pieter Haas bleibt Chef von MediaMarktSaturn Gericht weist Klage des Minderheitsgesellschafters ab

07.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:32 Uhr

Ingolstadt (DK) Das Landgericht Ingolstadt hat gestern ein Urteil gesprochen, das einen langwierigen Konflikt beenden soll. Gestritten wurde über die Zukunft von Pieter Haas, der als Vorsitzender der Geschäftsführung der MediaMarktSaturn Retail Group (früher Media-Saturn Holding) leitet. Er darf bleiben.

Mitbegründer und Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals ist ein bekennender Gegner des Unternehmenslenkers, seit der zur Konzernmutter Metro gewechselt und später wieder zurück nach Ingolstadt gekommen war. Seither wirft Kellerhals Haas vor, sich unternehmensschädigend verhalten und seine Pflichten gegenüber den Gesellschaftern verletzt zu haben. Der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl bewertet die Lage indes vollkommen anders. Eine Absetzung Haas' ist vom Tisch.

Es ist keine Premiere, dass sich Handelsrichter Kliegl mit den unendlichen Streitigkeiten im Umfeld von MediaMarktSaturn befassen muss. Ähnliche Termine wie den gestrigen gab es in den vergangenen zwei Jahren bereits achtmal. Dennoch wirkt MediaMarktSaturn-Chef Haas erleichtert nach dem Urteilsspruch. Noch im Gerichtsgebäude wird er von seinem Team beglückwünscht. "Ich gehe immer mit einem gewissen Kribbeln im Bauch zu Gericht, wenn es um mich persönlich geht. Und natürlich bin ich jetzt froh, dass auch der achte Versuch, mich abzusetzen, gescheitert ist", wie er gestern gegenüber unserer Zeitung sagt.

Der wiederholt sieglose Erich Kellerhals hält seine Anteile am Ingolstädter Handelsriesen über die Firma Convergenta Invest, die als Kläger aufgetreten war. Kellerhals' Anwälte haben satte 18 - aus ihrer Sicht schlagkräftige - Gründe zusammengetragen, die das Fehlverhalten Pieter Haas' darlegen und dessen Absetzung rechtfertigen sollen. Schon zur Eröffnung des Hauptverfahrens Ende Juni 2016 hatte Kliegl jedoch deutlich gemacht, dass viele davon recht konstruiert wirkten. Überrascht hat das Urteil daher wohl niemanden - was auch daran zu erkennen ist, dass die Klägerbank in Saal 16 vollständig leer bleibt. Erich Kellerhals selbst ist bei solchen Anlässen nahezu nie zugegen. Doch nicht einmal seine Anwälte haben die Verkündung live verfolgt.

Dabei hätten sie erleben können, dass Kellerhals einen winzigen Teilsieg errungen hat. Denn in der Tat bewertet Richter Kliegl eine der 18 vorgebrachten Anschuldigungen gegen Pieter Haas durchaus als eine Pflichtverletzung. Es geht um einen Vorfall bei einer Gesellschafterversammlung im Jahr 2014. Damals schlugen die Wogen einmal mehr hoch, erneut wurde lauthals unter den Gesellschaftern um den Kurs der damaligen Media-Saturn Holding gestritten. Irgendwann im Verlauf der Sitzung soll Pieter Haas der Kragen geplatzt sein. Er ging Kellerhals-Anwalt Martin Schockenhoff verbal an und beleidigte ihn den Darstellungen zufolge als "Lügner, Betrüger und Menschenverächter".

Aber: Für eine Abberufung von Haas durch die Gesellschafter reiche diese eine Entgleisung nicht aus, so Kliegl: "Man pflegte in dieser Auseinandersetzung oft einen rustikalen Umgangston, und auch Herr Haas sah sich Beleidigungen ausgesetzt", gibt sich der Richter wie schon bei so vielen anderen Terminen kritisch. Die Stimmung sei seit Längerem auf allen Seiten gereizt. Und schließlich habe sich Haas entschuldigt, so Kliegl. "Wir versuchen permanent, im Gespräch zu bleiben, und pflegen dabei einen sachlichen Ton", versichert auch der Konzernchef. "Ich stehe zu den Fehlern, die ich mache, und habe mich deshalb umgehend bei Dr. Schockenhoff entschuldigt."

Die übrigen Punkte, die Kellerhals und seine Convergenta Invest gegen Haas eingereicht haben, schmettert Kliegl allesamt ab. So fordert Kellerhals von MediaMarktSaturn etwa die Erstellung eines Konzernabschlusses. Dazu sei man verpflichtet. Durch die Weigerung habe die Geschäftsleitung um Haas ihre Pflicht gegenüber den Gesellschaftern verletzt. Dem sei mitnichten so, sagt Kliegl. Seit vielen Jahren geht der Abschluss in jenem der Konzernmutter Metro auf. Das sei inzwischen völlig normal, die Ingolstädter Tochter von ihrer Pflicht somit entbunden.

Auch die Weiterbeschäftigung der ausgeschiedenen Manager Ralph Spangenberg und Sergio Klaus-Peter Voigt sei nicht gegen die Gesellschafter erfolgt. Dies habe in der Verantwortung der Geschäftsleitung gelegen. Die Gesellschafter hätten damit nichts zu tun. "Somit ist für die Kammer auch hier keine Pflichtverletzung zu erkennen", so Kliegl, der sich langsam, aber sicher durch die Vorwürfe Kellerhals' an Haas arbeitet. Das Ergebnis ist dabei immer das gleiche: keine Verfehlung.

Ob die Dauerfehde rund um den Ingolstädter Konzern damit ausgestanden ist, scheint fraglich. Pieter Haas selbst gibt zu bedenken, dass der Streit unter den Gesellschaftern wohl nicht beendet ist. Und vonseiten der Convergenta Invest heißt es gestern Abend auf Anfrage unserer Zeitung, dass man nun erst einmal abwarte und weitere Rechtsmittel prüfe.