Ingolstadt
"Ich bin ein Kämpfer"

Audi-Chef Rupert Stadler über den aktuellen Ärger in China und den Diesel-Skandal

27.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr
Audi-Chef Rupert Stadler im DK-Gespräch. −Foto: Horst Richter

Ingolstadt (DK) Diesel-Skandal, China-Ärger, Elektromobilität: An Herausforderungen mangelt es dem Ingolstädter Autobauer Audi derzeit nicht. Wie Audi-Chef Rupert Stadler die Lage sieht, erklärte er am Mittwochabend beim DONAUKURIER - dort stellte er sich den Fragen von DK-Chefredakteur Stefan König.

Es sind keine einfachen Zeiten für die Autoindustrie. Vor einigen Tagen hat Audi auf der Automesse in Schanghai ein zweites E-Auto vorgestellt, das 2019 auf den Markt kommen soll. Das erste Elektrofahrzeug des Ingolstädter Autobauers - ein SUV - soll schon im nächsten Jahr marktreif sein. Trotzdem warnte Stadler vor übertriebener Euphorie: "Wir können heute noch nicht absehen, wie viele Kunden uns auf dieser Reise begleiten." Er glaube aber an den Erfolg. Gerade weil man sich seiner Meinung nach im Premiumsektor etwas leichter tue - denn dort sei die Bereitschaft, für ein Elektroauto etwas mehr Geld zu zahlen, eher vorhanden.

Auf die Frage, warum man nicht zunächst einmal ein kleines E-Auto auf den Markt bringe, erklärte Stadler, dass es leichter sei, die für rund 500 Kilometer Reichweite nötige Menge an Batterien in einem großen Fahrzeug unterzubringen. Das habe man bei Tesla gesehen. "Das ist ja auch kein kleines Auto", sagte Stadler. Er persönlich empfinde 150 Kilometer Reichweite - wie es heute manche E-Autos haben - als zu wenig. "Da ist der Kunde auch nur begrenzt bereit zu investieren." Trotzdem: "Die Kleinen werden kommen", sagte Stadler. "Aber da müssen wir natürlich auch noch an den Kosten arbeiten."

Nach wie vor leidet Audi unter den Folgen der Diesel-Krise. "Das ist für das Unternehmen keine schöne Situation", sagte Stadler. "Es sind Fehler gemacht worden." Diese Fehler müsse man nun aufarbeiten. Es belaste ihn schon persönlich, wenn er in den Medien lesen müsse: "Ist der morgen noch da? Hat er etwas gewusst oder nicht", so der Audi-Chef. "Aber ich bin kein Typ, der die Flinte ins Korn wirft."

Das Wichtigste sei nun der Blick nach vorne. "Ich bin ein Kämpfer", sagte Stadler. "Und die Mannschaft habe ich hinter mir. Das spüre ich." Dafür brandete im Publikum spontan Applaus auf.

Der Audi-Chef sieht auch das Positive in der Krise: "Den Mut zum Risiko, die Themen einfach anzupacken, den hätten wir sonst nicht gehabt." Audi sei es 20 Jahre lang nur gut gegangen. Und das sei manchmal auch eine Gefahr. "Man kann sich nur runderneuern, wenn es einem mal echt schlecht geht."

Herrscht also Aufbruchstimmung bei Audi? Es gebe noch viele Themen abzuarbeiten, sagte Stadler. "Man spürt, dass ein paar Kollateralschäden folgen." Bei dem ein oder anderen Projekt gebe es derzeit Verzögerungen. Und wegen der im Zuge des Diesel-Skandals zu leistenden Zahlungen müsse der Gürtel "noch mal ein Loch enger gestellt werden". Er versuche jedoch, Zuversicht zu verbreiten. Gerade weil einige neue Produkte anstünden, etwa der neue A8. "Da ist einiges im Rohr", so Stadler.

An der Qualität wolle man auf keinen Fall sparen - "das wäre fatal", so der Audi-Chef. Optimierungspotenzial gebe es an anderen Stellen - etwa bei der Komplexität. Man habe derzeit noch sehr viele Motor- und Getriebevarianten im Portfolio. "Wenn du da 20 Prozent rausnimmst - da passiert gar nix."

Große Probleme hat Audi derzeit in seinem stärksten Absatzmarkt China. Weil der Autobauer dort mit einem zweiten Joint-Venture-Partner verhandelt, reagieren die Händler des bislang einzigen Partners verschnupft. Die Folge war ein massiver Absatzeinbruch. "Wir haben ziemlich Federn gelassen", sagte Stadler. Doch ein zweiter Partner sei dort sehr wichtig. "Auf zwei Beinen steht man stabiler."

Langfristig soll der Absatz im Reich der Mitte auf etwa eine Million Fahrzeuge steigen. Im vergangenen Jahr waren es knapp 580 000. "In China zählen nicht der Monat und das Quartal", so Stadler. Man müsse in fünf Jahren zurückschauen und sagen können: "Ja, wir haben das Richtige getan."