Klare Kante

Der neue Audi A1 soll mit verschärftem Design als Gegenentwurf zum rundlichen Mini punkten

18.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:13 Uhr

−Foto: Audi

So richtig zugeben wollten sie es bei Audi nie: Der A1 ein Frauenauto? Nicht doch. Jetzt da der Nachfolger am Start ist, gestehen es sich die Ingolstädter aber offenbar dann doch ganz offiziell ein. Vom „überdurchschnittlichen Frauenanteil“ der Käufer beim „Alten“, spricht der Produktmanager. Wegen seiner rundlichen Formen sei das Auto vor allem bei Fahrerinnen beliebt gewesen.

Diese Tatsache scheint den Audi-Managern irgendwie peinlich zu sein, denn beim neuen betonen sie das "bullige und maskuline" Auftreten. Der neue sei "weniger niedlich und rund". "Klare Kante" lautet also das Erfolgsrezept, das den A1 zu neuen Verkaufserfolgen soll.

Denn bislang war der kleine Ingolstädter nicht wirklich ein Kassenschlager: 830000 Fahrzeuge wurden seit der Einführung im Jahr 2010 verkauft. Man hatte sich mehr erhofft. Zwischenzeitlich gab es sogar Gerüchte über die Einstellung des Modells. Zum Vergleich: VW verkauft weit über 750000 Polos - pro Jahr! Auch die großen Brüder A3 und A4 fahren weitaus stärkere Verkaufszahlen ein. Wichtig ist der A1 dennoch für die Marke - sonst hätte man ihn vermutlich eingestampft. Der Grund: Laut Audi sind drei Viertel der Käufer Neukunden.

Das Prinzip ist also klar: Der A1 soll als Gegenentwurf zum eher "knuddeligen" Mini auf Kundenfang gehen. Deswegen haben die Designer im Vergleich zum Vorgänger ein deutlich schärferes Blechkleid entworfen. Sogar eine Reminiszenz an eine Audi-Legende darf der A1 fortan tragen: Die drei Aussparungen unterhalb der Motorhaube sollen an den Sport Quattro erinnern, der die Schlitze oben auf der Haube trug.
Grundsätzlich deckt das Fahrzeug eine große Bandbreite an Käufertypen ab: Während das zum Start erhältliche Editionsmodell mit schwarzen Audi-Ringen und kupferfarbenen Felgen wie frisch vom Hardcore-Tuner daherkommt, wirkt der Wagen in gelb mit peppig gemusterten Sitzen schon wesentlich freundlicher. Schaut man mal genauer hin, entdeckt man nette Design-Details wie etwa die Lichtsignatur in den Scheinwerfern, die sich in ähnlicher Form in den Heckleuchten wiederfindet. Ins Auge sticht auch die dreidimensionale Wabenstruktur im auditypischen Groß-Grill. Endrohre besitzt nur das Top-Modell, die anderen haben nicht mal Blenden im Diffusor integriert.

Im Vergleich zum Vorgänger ist der A1 deutlich gewachsen: Er ist 56 Millimeter länger, und 34 Millimeter breiter. Dafür ist er 13 Millimeter niedriger als sein Vorgänger. Enorm zugelegt hat der Radstand mit einem Plus von 94 Millimetern. Auf dem Fahrersitz ist bei 1,80 Metern Körpergröße knapp eine Handbreit Platz über dem Kopf, auf der Rückbank wird's schon enger, hier ist es etwa ein Fingerbreit. Der Kofferraum fasst nun 65 Liter mehr. Bei umgeklappten Sitzen sogar 170 Liter mehr.

Auch beim Antrieb hat sich einiges getan: Diesel-Motoren sind komplett aus dem Programm geflogen, den A1 gibt es nur mit Partikelfiltern ausgestatteten Benzinmotoren. Vier Motoren sind zum Start erhältlich: Zwei 1,0-Liter-Dreizylinder mit 95 und 116 PS, ein 1,5-Liter-Vierzylinder mit 150 PS sowie das Top-Modell: ein 2,0-Liter-Vierzylinder mit 200 PS. Gestrichen wurde auch im Modellangebot: der kaum nachgefragte Zweitürer fällt weg. Erhältlich ist nur noch der viertürige Sportback.

Dass bei einem Kleinwagen die Marge wesentlich geringer als im Luxussegment ist, ist kein großes Geheimnis. Wo der Rotstift angesetzt wurde, zeigt sich, sobald man den Kopf in den Innenraum steckt. Es riecht - in beiden Autos, die vorab zur Ansicht bereitstanden - deutlich strenger nach Kunststoff als in anderen Audi-Modellen. Und das, obwohl es sich bei den Präsentationsfahrzeugen um hochwertig ausgestattete und dementsprechend teure Varianten handelte. Zudem hat der A1 etwas, was die meisten anderen Audis nicht mehr haben: eine "echte" Handbremse, anstatt einer elektronischen Parkbremse. Auch beim Schließen der Kofferraumklappe ist Handarbeit angesagt: die elektrische Variante hat es nicht in den A1 geschafft.

Analoge Instrumente sind im A1 Geschichte. Audis Kleinwagen kommt auch in der schmalsten Variante immer mit einem volldigitalen Tachofeld. Allerdings handelt es sich dabei nicht um das hochwertige 12-Zoll-Virtual-Cockpit, das aus den größeren Baureihen bekannt ist, sondern um eine abgespeckte 10-Zoll-Variante. Die wirkt matter und weniger brillant, erfüllt aber ihren Zweck.

In der Mittelkonsole, die stark in Richtung Fahrer geneigt ist, prangt in der teuersten Variante ein 10-Zoll-Touchscreen, den man schon aus A6, A7 und A8 kennt. Allerdings fehlt dem Display aus Kostengründen das haptische Feedback - also der Mausklickeffekt, wenn man mit dem Finger draufdrückt. Da aber viele (vor allem die Chinesen) dieses Feature ohnehin ausschalten, sollte das zu verschmerzen sein. Die Spar-Variante ist ein 8-Zoll-Touchscreen. Wer ganz verzichtet, findet an dieser Stelle eine Ablage vor.

In welcher Liga der A1 spielen will, zeigt die Aufpreisliste: Wer genügend Kleingeld übrig hat, kann etwa eine Bang-und-Olufsen-3D-Soundanlage ordern. Auch ein adaptiver Geschwindigkeitsassisten ist erhältlich.

Produziert wird der A1 nicht mehr in Brüssel - wo nun der e-tron vom Band läuft - sondern bei Seat im spanischen Martorell. Preise nennt Audi noch nicht. Im November soll der A1 bei den Händlern stehen.