Ingolstadt
Mit dem Taxi in die Lüfte

Region Ingolstadt bewirbt sich als Testfeld für EU-Forschungsinitiative

19.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:13 Uhr
Das Auto von Audi, die Drohne von Airbus - zusammengekoppelt wird daraus ein Flugtaxi. "Pop.up Next" heißt das dann. −Foto: Audi

Ingolstadt (DK) Von Ingolstadt nach Neuburg in nur zwölf Minuten - ganz ohne Stau? Bald schon könnte dieser Traum vieler Pendler Wirklichkeit werden: mit dem Flugtaxi. Ingolstadt will Testfeld werden für eine EU-Forschungsinitiative "Urban Air Mobility". Gestern unterzeichneten die Projektpartner im bayerischen Wirtschaftsministerium eine Absichtserklärung.

Das Projekt heißt "Flugtaxi Ingolstadt Plus" und zielt darauf ab, Verkehrsprobleme zu lösen und neue Formen urbaner Mobilität zu entwickeln. Die EU-Initiative "Urban Air Mobiliy" soll dabei als Plattform dienen und möglichst viele relevante Partner an einen Tisch bringen.

Wie andere Unternehmen haben auch Audi und Airbus bereits ein Konzept für so ein fliegendes Taxi entwickelt. Der Clou: Pop.up Next funktioniert auf der Straße genauso wie in der Luft (siehe Infokasten) - ein vielversprechender Mix angesichts des hohen Verkehrsaufkommens auf den Straßen der Region. Auf der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin stellte Airbus zudem sein elektrisch angetriebenes Helikopter-Taxi "City-Airbus" vor - ein Fluggerät für den Innenstadtverkehr.

Nach dem Besuch der ILA kam der Ingolstädter CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl auf die Idee, Ingolstadt könnte sich für die EU-Forschungsinitiative bewerben. Nach einem Telefonat war Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) sofort Feuer und Flamme: Im Eiltempo entwarfen er und seine Mitarbeiter im Rathaus ein Diskussionspapier.
Und suchten möglichst viele Partner, darunter regionale Spieler wie die umliegenden Landkreise, die Technische Hochschule Ingolstadt, das digitale Gründerzentrum Ingolstadt (Brigk) oder das Fraunhofer Institut. Das bayerische Wirtschaftsministerium, das Wissenschaftsministerium sowie das Ministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr wollen das Vorhaben ebenfalls unterstützen - auch finanziell.

Mit an Bord sind darüber hinaus die Bundeswehr mit der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) Manching, etliche deutsche Luftfahrtbehörden, das Bayerische Rote Kreuz sowie das Klinikum Ingolstadt. Außer Audi und Airbus zählen auch Unternehmen wie MediaSaturn oder der belgische Drohnenspezialist Unifly zu den Akteuren. Und das ist nur eine kleine Auswahl. "Es war eine Wahnsinnsarbeit, in so kurzer Zeit alle zusammenzubringen", so Brandl.

Nachdem die Beteiligten gestern im bayerischen Wirtschafsministerium eine Absichtserklärung mit ihrer Unterschrift besiegelten, wird OB Christian Lösel schon nächste Woche nach Sofia fliegen, um dort die Bewerbung Ingolstadts zu präsentieren; Bulgarien hat aktuell die EU-Ratspräsidentschaft inne. Dort wollen fünf weitere Städte ihren Hut in den Ring werfen, darunter Hamburg, Helsinki und Genf. Lösel geht davon aus, dass die Entscheidung, wer den Zuschlag erhält, "zeitnah" getroffen wird.

Für den OB ist es wichtig, Ingolstadt als Zentrum für autonome und digitale Mobilität weiterzuentwickeln - und zwar "technologieoffen und gegenüber jedermann kooperativ". Lösel: "Wir wollen die Mobilität für Europa von Ingolstadt aus gestalten." Die Stadt geht mit guten Voraussetzungen ins Rennen: Als starker Industrie- und Wirtschaftsstandort sei die Stadt prädestiniert, heißt es in der Bewerbung. Vor allem liegt sie günstig im Herzen Bayerns: In einem Umkreis von rund 85 Kilometern - was in etwa einer halben Flugstunde entspricht - wird etwa die Hälfte der bayerischen Bevölkerung und mehr als die Hälfte der Wirtschaftskraft des Freistaats abgedeckt.

Dass über Ingolstadt und der Region Kontrollzonen existieren, gilt als weiterer Vorteil: In dem von der WtD verwalteten Erprobungsluftraum testen die Bundeswehr und Airbus bereits Drohnen - künftig kommen vielleicht noch Flugtaxis hinzu.