Bayerns Mittelstand ist erzürnt

Initiative "Wir stehen zusammen" fordert Öffnung der Betriebe und Rückgabe unternehmerischer Freiheiten

26.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:40 Uhr
Weite Teile des Handels und der Gastronomie sind nach wie vor dicht. Unternehmern macht das zunehmend Sorge. −Foto: dpa

Ingolstadt/Irschenberg - Die Corona-Krise verlangt gerade auch Unternehmern vieles ab - und die Stimmung ist zunehmend schlecht.

 

Im südlichen Oberbayern hat sich eine Initiative gegründet, die auf die Sorgen vieler Firmen aufmerksam machen will. Unter dem Namen "Wir stehen zusammen" fordern Unternehmer von der Politik eine Öffnung der Betriebe und eine Kurskorrektur.

Eines der Gesichter hinter dem Projekt ist Florian Unterleitner. Er hat die Initiative ins Leben gerufen und arbeitet für die Kaffeerösterei Dinzler in Irschenberg (Kreis Miesbach) mit gut 200 Angestellten. "Wir haben mehrfach an Politik und Presse geschrieben. Immer mehr Firmen müssen um ihre Existenz bangen. Mitte Februar war der Moment gekommen, wo wir gesagt haben, der Punkt, an dem es nicht mehr geht, ist erreicht", sagt er gegenüber unserer Reaktion.

Unterleitner kontaktierte also Kunden und Partner in seiner Region. Gemeinsam überlegte man, was machbar ist. "Uns allen war klar: Die Unternehmen mit Strahlkraft müssen vorausgehen, um Verständnis für die Probleme und Sorgen zu schaffen, die vielerorts bestehen. " Am Ende stand die Initiative - und ein Offener Brief an die Politik. Darin werden die Rückgabe der persönlichen und unternehmerischen Freiheit, die umgehende Wiedereröffnung aller Betriebe und die Reduzierung staatlicher Regulierung sowie eine Rückkehr zur freien sozialen Marktwirtschaft gefordert. Und weiter heißt es in dem Text: "Wirtschaft und Gesellschaft florieren nur dann, wenn die Gesellschaft frei in ihren Gedanken und Handlungen ist, sie gehen zugrunde, wenn Vorschriften und Bürokratie die Überhand gewinnen. "

Zu Beginn, so schildert Unterleitner weiter, standen rund 170 Unterstützer aus den Kreisen Miesbach und Rosenheim. "Wir wollten vor allem in unserem Einzugsgebiet etwas bewirken. Aber wir haben schnell überregional Zuspruch gefunden. " Mittlerweile haben fast 2700 Unternehmen und Betriebe den Brief unterzeichnet und sich mit der Initiative solidarisiert. "Und man kann sehen, dass es nicht nur verzweifelte Einzelhändler und Gastronomen sind", so der Initiator.

 

In der Tat finden sich in der Liste Unternehmen wie der Autohändler Eder. Die Gruppe hat knapp 2000 Beschäftigte. Es sind viele Brauereien im Boot, so auch das Herzögliche Brauhaus Tegernsee. Und der Kochfeldspezialist Bora mit gut 400 Mitarbeitern. Aber auch Musiker, Hotels, Fensterbauer und weitere Betriebe. Und aus der Region rund um Ingolstadt sind inzwischen gut 50 Unternehmen dabei. Einer der prominentesten Namen unter ihnen ist die Wack-Gruppe. Der Geschäftsführer Harald Wack wird im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich: "Mir geht es nicht nur um uns, sondern um die gesamte deutsche Wirtschaft. Man muss sich mal die vielen Einzelschicksale derer anschauen, die praktisch insolvent sind. " Er sehe inzwischen mit großer Sorge, dass es immer mehr Betrieben, egal in welcher Branche, schlecht gehe. "Und daran ist auch die derzeitige Corona-Politik schuld. "

Auch die Wack-Gruppe leide unter den Regelungen. Da der Handel vielerorts geschlossen ist, würden die gelieferten Produkte - unter anderem Pflege-Präparate für Autos, Motorräder oder Fahrräder - in den Regalen bleiben. "Wenn in einigen Wochen die Kunden kommen, gibt es zwar Abverkäufe. Aber eigentlich würden wir da schon die nächsten Produkte ausliefern. Das wird langsam wirklich unangenehm", meint Harald Wack. Die Monate im Frühjahr und Sommer sind eigentlich die wichtigsten des Jahres für das Ingolstädter Chemie-Unternehmen.

Laut Wack sollen unter den Mitgliedern und Unterstützern der Initiative "Wir stehen zusammen" Gelder gesammelt werden, um damit Untersuchungen etwa über Ansteckungen und Risiken zu finanzieren. Mit diesen Daten wolle man gemeinsam mit Anwälten überprüfen, welche Maßnahmen juristisch machbar seien.

Florian Unterleitner betont unterdessen, dass niemand irgendetwas leugnen wolle. "Keiner von uns redet die gesundheitlichen Risiken klein. Aber immer mehr Menschen kämpfen um ihre Existenz. Wir brauchen schnelle Öffnungen. " Die Betriebe wollten nun Verantwortung übernehmen. "Genau das machen wir ja schon seit Monaten, indem wir in dieser Phase Verantwortung für unsere Angestellten tragen. "

DK

Christian Tamm