Ingolstadt
Audi im Dauerlauf

Neuer Abgas-Testzyklus: Autobauer sucht Parkflächen - Wettrennen mit Daimler um E-Auto-Präsentation

27.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:35 Uhr
Audis auf dem Gelände der Logistikfirma Scherm in Probfeld: Aktuell sucht der Autobauer neue Stellflächen. −Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Die Probleme mit dem neuen Abgas-Testzyklus WLTP zeigen sich immer deutlicher: Audi sucht aktuell nach zusätzlichen Stellflächen für noch nicht offiziell freigegebene Fahrzeuge. Außerdem stellt sich nach der Absage des Audi-Summits in Brüssel die Frage, ob der Autobauer sein erstes E-Auto noch vor dem Konkurrenten Daimler präsentieren kann.

Keine Ruhepause für die deutschen Autobauer: Neben der Diesel-Affäre wird aktuell die Problematik rund um das Thema WLTP ( Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) immer drängender. Hinter den vier Buchstaben verbirgt sich das neue Messverfahren zur Bestimmung der Abgas-Emissionen. Ab 1. September ersetzt WLTP den bisherigen Testzyklus NEFZ. Unter anderem sollen mit der Umstellung die Verbräuche von Fahrzeugen realistischer als bisher gemessen werden. Doch die Zertifizierung der Fahrzeuge nach WLTP ist extrem aufwendig: Bisher musste der Verbrauchswert nur für eine Ausstattungsvariante ermittelt werden, künftig für jede, die konfigurierbar ist. Deswegen stoßen die Autobauer mit ihren Prüfständen an ihre Grenzen. Besonders schwer trifft es den Volkswagen-Konzern: Dort sind die Testanlagen bereits durch die Aufarbeitung das Diesel-Skandals stark ausgelastet.

Damit man nicht die Produktion stoppen muss und die Kunden weiterhin Autos bestellen können, werden bei Volkswagen teilweise schon Autos nach den WLTP-Vorgaben produziert, die aber noch nicht endgültig zertifiziert sind - diese dürfen natürlich nicht ausgeliefert werden. Das wiederum bedeutet, dass man die Autos bis zur Freigabe irgendwo zwischenparken muss. Der Wolfsburger Autobauer hat dafür nun Flächen auf dem Pannenflughafen BER angemietet, ebenso werden Autos vorübergehend auf dem VW-Testgelände in Ehra-Lessien (Niedersachsen) abgestellt, wie ein VW-Sprecher erklärt. Weitere Flächen seien in der Prüfung.

Bei Audi verfährt man ähnlich: Wie eine Sprecherin des Ingolstädter Autobauers auf Anfrage unserer Zeitung sagte, sei man derzeit ebenfalls auf der Suche nach geeigneten Flächen, um solche noch nicht freigegebenen WLTP-Fahrzeuge zwischenzuparken. Eine Entscheidung für einen Standort sei aber noch nicht gefallen.

Auch an anderer Stelle kämpft der Ingolstädter Autobauer derzeit mit Widrigkeiten: Nach der Verhaftung des inzwischen beurlaubten Audi-Chefs Rupert Stadler wurde die für den 30. August geplante Vorstellung des ersten E-Autos mit vier Ringen auf der Haube kurzfristig abgesagt. Am Produktionsort Brüssel wollte man mit der Präsentation des e-tron groß auftrumpfen. Nun soll das E-Fahrzeug einige Wochen später in den USA vorgestellt werden - sprich Mitte/Ende September. Über die Gründe für die Planänderung wird viel spekuliert. Eine Theorie besagt, dass Interimschef Bram Schot vorerst die Öffentlichkeit meiden will - ein Audi-Sprecher argumentiert mit möglichen Kosteneinsparungen. Denn: Laut dem Sprecher hätte der "Summit" in den USA ohnehin stattgefunden - eben speziell für US-Gäste. Nun müsste man quasi nur die Anreise der übrigen Besucher umbuchen.

Ein weiteres Argument für den Ortswechsel ist laut Audi Tesla: Dem amerikanischen E-Autobauer will man quasi im Heimatland ein wenig Angst einjagen. Dafür spricht auch, dass der Audi-Summit nach Informationen unserer Zeitung in Kalifornien stattfinden wird - dort wo auch die Teslas vom Band laufen. Eine offizielle Bestätigung über den Ort gibt es nicht.

Problematisch ist die Verschiebung aber vor allem aus einem Grund: Konkurrent Daimler wird sein erstes Elektro-SUV EQC bereits am 4. September in Stockholm vorstellen. Damit hätten die Stuttgarter PR-mäßig die Nase vorn - auch wenn ihr Auto erst 2019 auf den Markt kommen soll, der Audi dagegen schon Ende dieses Jahres.
 

Sebastian Oppenheimer